Pastoraltag 2018: Vielfältige Impulse für die Pfarreien

Ludwigshafen. Was hat die Farbe Rosa mit der Kirche zu tun? – So hat Maria Herrmann aus dem Bistum Hildesheim ihren Vortrag zum Pastoraltag für Ehrenamtliche im Heinrich Pesch Haus überschrieben. Im Lauf dieses Tages wurde klar: Sehr viel.

Ein Jahr, nachdem das Bistum Kundschafter in die Welt geschickt hat, berichteten sie jetzt interessierten Ehrenamtlichen, was sie erlebt und erfahren haben, welche wichtigen Impulse sie gesammelt haben, die sich auch in das Bistum Speyer übertragen lassen. Die Kundschafter – immer in Tandems aus Haupt- und Ehrenamtlichen aus Pfarreien, Verbänden und Einrichtungen – waren in England, Nicaragua, Südafrika und auf den Philippinen. 

Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, der mit zu den Philippinen-Kundschaftern gehört hatte, nannte drei zentrale Dinge, die für ihn weiterhin Bedeutung haben: das Loslassen der Frage: „Ist das überhaupt möglich?“, die Bedeutung einer Vision im Sinne dessen, was uns im Innersten berührt sowie die einfache und konkrete Umsetzung des Glaubens in den Alltag, damit Kirche und kirchliches Handeln Profil gewinnt in der Welt.

Ein „trotziges Weiß“ mitten im Lila

Mitten in der Fastenzeit – am Samstag vor Sonntag Lätare, quasi in der Halbzeit oder beim „Gipfelfest“ – verglich die Theologin Maria Herrmann die Kirche mit dieser Zeit. Sie ist symbolisiert durch die Farbe Lila, aber an Sonntag Lätare zeigt sich die Farbe Rosa, ein Durchschimmern von Ostern.

Wieviel Lila steckt in unserer Kirche? – Da gibt es leider viel, sagt sie, und zählt alles auf, wovon es zu wenig gibt: zu wenig Hauptamtliche, Kirchenbesucher, Wallfahrt, Gebäude – aber auch zu wenig Vertrauen und Zuversicht.

Ein „trotziges Weiß“ entdeckt sie aber auch: Menschen, die den Auftrag als Botschafter(innen) vom Reich Gottes und seiner Liebe zu den Menschen ernst nehmen, hoffnungsvolle Aufbrüche und gute Ideen.

Womit die Frage bleibt, für wen die Farbe Rosa taugt. Früher war Rosa nicht die Farbe für kleine Mädchen oder Sommertypen, sondern für junge Männer. Und so, wie sich Farbzuschreibungen ändern, so ändern sich auch Rollenzuschreibungen. Deshalb appellierte Maria Herrmann an alle, das Weiß im Lila zu entdecken, Verantwortung neu zu überdenken und zu verteilen.

Erfahrungen aus den Kundschafterreisen

Im Lauf des Tages zeigte sich, dass die Farbfrage gut zu gebrauchen war, um über die Zukunft und Entwicklung des Bistums, der Pfarreien und des kirchlichen Lebens zu diskutieren. Kurz umrissen die Kundschafter, was sie in der Weltkirche erlebt haben: In Nicaragua lag ein Schwerpunkt auf dem Thema „partizipative Kirche“ und kleine christliche Gemeinschaften. Der Dreiklang von „Glaube – Leben- Handeln“ ergibt sich hier häufig aus dem gemeinsamen Bibellesen, dem Gebet und geteilten Visionen, die als Jahresmotto deutlich sichtbar in den Kirchen und Versammlungsstätten aufgehängt werden und in Gottesdiensten, Katechese und praktischem Tun vertieft werden.

Auch auf den Philippinen spielt das gemeinsame Entwickeln einer Vision eine zentrale Rolle. Dort herrscht die Überzeugung, dass diese Vision von allen geteilt werden muss; sie wird entwickelt aus drei Fragen: Was macht dich glücklich? Was macht dich traurig? Wobei kann die Kirche dir helfen?

In Südafrika waren die Kundschafter begeistert von den verschiedenen Formen von Leitung – durch Ehrenamtliche. Sie werden ausgewählt, gut ausgebildet und für drei Jahre beauftragt. Durch dieses Vorgehen sind sie sehr motiviert und engagiert, sie lernen voneinander und miteinander, und so gelingt es, dass „der Funke überspringt“. Das Gebet – als freies Gebet und mit viel Gesang – hilft, den Glauben zu nähren. 

England mit seiner Form „Fresh Expressions of Church“ (Neue Ausdrucksformen von Kirche) ist auf Wachstum ausgerichtet. Kirche ist missionarisch, geht zu den Menschen und will „dienende Kirche“ sein. Die England-Reisenden waren fasziniert von den Menschen, „die vor Begeisterung sprühen“ und haben erlebt, wie kirchliche Angebote unabhängig von Strukturen oder Immobilien entstehen und wachsen können.

Auch die KAB hatte eine Fahrt unternommen und in Manchester erfahren, wie sich Kirche dort für die Menschen in der Arbeitswelt engagiert. „Das ist gelebte Solidarität aus dem Geist des Evangeliums“, so ihre Zusammenfassung dessen, was sie gesehen haben.

Konkrete Umsetzung der Erfahrungen und rege Diskussion

Ganz konkret erlebten die Teilnehmenden des Pastoraltags, wie Bibel-teilen den Blick schärft auf das, worauf es ankommt, oder was ein nächster Schritt im Leben und Handeln sein kann. Sie tauschten sich aber auch an Stellwänden mit den Kundschaftern aus und stellten – zum Teil – sehr kritische Fragen. Die einzelnen Gruppen befassten sich mit Themen wie Gesellschaft, Gebet, Vision, kleine christliche Gemeinschaften oder auch „mixed economy“, einem Begriff aus England, wonach traditionelle und experimentelle Formen auch nebeneinander existieren dürfen.

Dabei wurde deutlich, dass es in anderen Ländern der Welt Formen und Strukturen von Kirche gibt, die anregend sein können; die Reisen haben vielfältige Impulse gebracht. Weihbischof Otto Georgens warnte jedoch davor, die Erfahrungen als „Blaupausen“ zu verwenden und sie wie Rezepte oder Modelle kopieren zu wollen. „Sie bringen zum Nachdenken, und unsere Bewusstsein hat sich verändert“, stellt er stellvertretend für alle Kundschafter fest.

Pfarreien oder Verbände können nach wie vor Kundschafter zu Vorträgen einladen und über die Erfahrungen berichten lassen. Koordiniert wird dies durch Domkapitular Franz Vogelgesang.

Text: Brigitte Deiters

Pastoraltag 2017: Engagierte Plädoyers für neue Haltungen

Mit dem Lernen von der Weltkirche befasste sich der Pastoraltag am 16. November 2017 in der Bildungsstätte Heilsbach in Schönau. Im Mittelpunkt standen die Erfahrungen aus den vier „Kundschafterreisen“ des Bistums. Rund 350 pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diözese hatten sich auf den Weg gemacht und erlebten einen kurzweiligen und zugleich inspirierenden Tag.

Vieles hat das neue Seelsorgekonzept „Der Geist ist es, der lebendig macht“ in der Diözese verändert. Alle sind von den neu strukturierten pastoralen Räumen betroffen und herausgefordert, sich neu zu orientieren. Da gibt es manche Zustimmung, weil die Vorteile durch die Bündelungen mehr und mehr spürbar werden, da gibt es aber auch Kritik, vor allem weil „die Pfarrei“ weit weg ist. Von Anfang an war klar, dass die Schaffung neuer Strukturen nur ein Teil des Erneuerungsprozesses sein würde. Gleichzeitig war bewusst, dass Kirche vor Ort gefördert und gestärkt werden soll. „Gemeinde ist dort, wo Menschen Gemeinde leben und gestalten“ heißt es im neuen Seelsorgekonzept des Bistums. Diese Aussage macht deutlich: Es ist zu wenig, nur auf die Pfarrei zu schauen, gleichzeitig muss auch das Leben der Gemeinden in den Pfarreien neu gestaltet werden.

Die Initiative „Kundschafterreisen“ stand genau unter diesem Vorzeichen: Neue und andere pastorale Ansätze in Südafrika, Nicaragua, Philippinen sowie Großbritannien sollten erkundet werden, „um in der Folge zu überlegen, was uns bereichern kann für das konkrete Leben unserer Gemeinden oder Gemeinschaften in den neuen, größeren Pfarreien“ – so wurde der Auftrag für die Kundschafterreisen zu Beginn formuliert. Der Pastoraltag der Diözese in der Bildungsstätte Heilsbach, moderiert von Thomas Sartingen, diente der Umsetzung dieser Ankündigung. Die Kundschafterinnen und Kundschafter berichteten zunächst von ihren Gesprächen und Beobachtungen und stellten dann ihre Schlussfolgerungen und Vorschläge zur Diskussion. Vorausgegangen waren viele Nachbesprechungen und Auswertungen der Kundschafter/innen-Gruppen und ein intensiver Austausch der Reiseleiter untereinander, so dass die prägenden und bleibenden Erfahrungen vorgestellt werden konnten und wichtige Vorschläge zur Verlebendigung der Gemeinden mit den Priestern, Diakonen, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten diskutiert wurden. Besonders anerkennenswert der Einsatz der 15 Ehrenamtlichen, viele haben für die „Kundschafterreise“ ihren Jahresurlaub genommen. Neben ihnen kamen auch die „Priester aus der Weltkirche“, die in der Diözese Speyer eingesetzt sind, in drei Gruppen als „Botschafter“ zu Wort.

Weil alle Kundschafter und Botschafter übereinstimmend den großen Wert eines intensiven Bibelgesprächs bezeugten, war im Vorbereitungsteam schnell klar: Wir werden nicht nur über etwas berichten – wir wollen auch erste Schritte zur Umsetzung gehen und deshalb mit einem Bibel-Teilen beginnen. Ein Bibel-Teilen mit 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in einer Halle war für die Diözese wahrscheinlich nicht nur ein Novum, sondern auch eine Herausforderung. Wohltuend und ermutigend war es jedoch zu erleben, dass das sehr wohl geht und eine Stimmung erzeugt, die den ganzen Tag prägte.

Maria Herrmann: Auf neue Impulse, aber auch auf eigene Prägungen achten

Bestätigt und vertieft wurde diese Stimmung durch das Statement von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, der selbst als Mitglied einer Kundschaftergruppe auf den Philippinen unterwegs war und so aus eigenem Erleben das Anliegen der ganzen Initiative nochmals bestätigen und verdeutlichen konnte. Seine ersten und vorläufigen Anregungen weckten erste Erwartungen an den Tag und ließen ahnen, dass es sehr konkret werden würde. Zum Gelingen des Tages trug auch Maria Herrmann, Mitarbeiterin der Diözese Hildesheim im Projekt Kirche-hoch-zwei, mit ihrem Impulsreferat bei. Ausgehend von der Schriftstelle, die gerade alle pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bibel-teilen ausgelotet hatten, lud sie diese dazu ein, nicht nur die Berichte und Zeugnisse der Kundschafter und Botschafter zu hören, sondern immer auch auf die je eigene Prägung und Rolle zu achten. Nur dann sei eine wirkliche Öffnung auf Neues hin und eine Veränderung möglich.

Nachdem der Boden so bereitet war, konnten die Kundschafter und Botschafter in pointierten Beiträgen sehr zielgerichtet ihre Anregungen und Vorschläge zunächst präsentieren und dann in kleineren und intensiven Gesprächsgruppen mit entsprechendem Material für eine rasche Umsetzung werben. Sehr lebendig und engagiert wurde über „ehrenamtliche Leader (Leiter)“ und ihre „Formation (Ausbildung und Begleitung durch die hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiter)“ gesprochen oder über den Wert von „kleinen christlichen Gemeinden/Gemeinschaften“, über „Visionsarbeit“ oder „Delegados de la palabra de dios“ und die Bedeutung einer „Mixed Economy“.

Nochmals ein neuer Farbtupfer in das bunte Programm und eine Ausweitung kam durch ein Podiumsgespräch mit Weihbischof Otto Georgens als dem Bischofsvikar für Weltkirche, der Referentin Maria Herrmann, Pfarrer Florian Gärtner, der in der protestantischen Landeskirche der Pfalz das Pfarramt für Weltmission und Ökumene leitet, und dem Journalisten Andreas Ganter, der selbst Mitglied einer Speyerer Reisegruppe war. Mit flotten und aufmunternden Anfragen und Zwischentönen brachte Moderator Uwe Burkert seine Gesprächspartner in einen Austausch, der zugleich Themen des Pastoraltags bündelte und neue Ausblicke aufzeigte.

In seinem Schlusswort konnte sich Bischof Dr. Wiesemann vielfältig bedanken, auch bei allen pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die letztlich diesen Tag durch ihr Interesse und Offenheit für neue Haltungen zusammen gestaltet haben. Der Pastoraltag war ein wichtiges Innehalten, der Austausch mit den Kundschaftern war notwendig, damit das Projekt nicht nur das Anliegen von Einzelnen bleibt, sondern wirklich sein Ziel erreicht. Dieses ist noch nicht erreicht – aber ein Austausch wie an diesem Tag ermutigt und stärkt in der Hoffnung, dass noch vieles erreicht werden kann.

Weitere Informationen zu den Kundschafterreisen des Bistums:

Präsentationen, die beim Pastoraltag in der Heilsbach gezeigt wurden:

Bildergalerie zum Pastoraltag 2017 (Fotos: Felix Scherer):

Text: Alois Moos