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Dienstag, 17. Juni 2025

„Glockenweihe“ in Germersheim

Generalvikar Markus Magin weihte die neue Germersheimer Glocke © Klaus Landry 

Klänge für Frieden, Freiheit und Gebet

Germersheim. In einem Festgottesdienst in der Germersheimer St. Jakobus-Kirche ist am 15. Juni eine zusätzliche, fünfte Kirchenglocke in Dienst gestellt worden. Die Messe mit „Glockenweihe“ leitete der Speyerer Generalvikar Markus Magin gemeinsam mit Dekan Jörg Rubeck und Kaplan Bala Jujugiri.

Während der aktuell laufenden Renovierung des Germersheimer Kirchturms wird auch der Glockenstuhl erneuert, in dem die Kirchenglocken aufgehängt sind. Dabei zeigte sich, dass für eine weitere Glocke Raum wäre, die zusätzlich das bisherige Geläute vervollständigen könnte. Fündig wurde die Germersheimer Gemeinde dazu im Saarland: In Saarbrücken stand eine passende Glocke einer aufgegebenen evangelischen Kirche zur Verfügung. Aus Spenden sollen Erwerb, Aufarbeitung und Transport der Glocke bestritten werden. Von den erforderlichen 8.000 Euro sind bereits drei Viertel zusammengekommen. Künftig erhebt das 325 Kilogramm schwere Instrument seine Stimme also nicht mehr an der Saar, sondern am Rhein. Bis sie und ihre größeren „Kolleginnen“ aber auf dem Turm erklingen, wird noch etwas Zeit vergehen – zunächst müssen alle Bauarbeiten beendet sein, wie Pfarrer Rubeck erläuterte. Für die „Glockenweihe“ – liturgisch korrekt ist es eine Segnung – wurde die neue Glocke daher im Seitenschiff der Kirche aufgehängt, wo sie auch jetzt noch zu bewundern ist. Eine Prägung nennt das Jahr des Glockengusses: 1935.

An die Zeit des Nationalsozialismus erinnerte Generalvikar Magin auch in seiner Predigt: „Mehr als 100.000 Glocken mussten nach 1940 für Kriegszwecke abgegeben werden, davon drei auch in Germersheim. Nur jeweils eine, die kleinste, durfte noch auf den Türmen bleiben.“ Weil das Material der Glocken für Waffen- und Munitionsherstellung dienen kann, gelte bis heute der Satz: „Wo Glocken schweigen, da brüllen die Kanonen. Und wo Glocken läuten, da läuten sie für den Frieden.“ Die Nazis hätten vorgehabt, letztlich alle Glocken von den Kirchtürmen zu holen, um so auch den Glauben zum Verstummen zu bringen. „Nur ganz wenige Glocken sollten erhalten bleiben und dann in Berlin für den ,Endsieg‘ und für Hitler ertönen.“ Statt zur Ehre Gottes hätten die Glocken somit für eine Unrechts-Ideologie und einen einzigen Menschen geläutet. „Auch heute erleben wir wieder, dass die freiheitlich-demokratische Gesellschaft gefährdet ist.“ Die Glocken läuteten daher stets auch für die Freiheit. Außerdem verwies Magin auf die Rolle der Glocken im religiösen Leben: „Glockenklänge laden zu Gebet und Gottesdienst ein. Wenn die Glocken klingen, sagen sie uns: ,Kommt zusammen, seid keine Einzelgänger, sondern pflegt Gemeinschaft.‘“ Mehrere Glocken, die ein Geläute bilden, erzeugen im Zusammenklang einen Akkord. Die neue Glocke übernimmt in Germersheim künftig den Leitton, führte Magin aus. Sie stelle so etwas wie einen Leitgedanken dar: „Wenn wir Gottesdienst feiern, tun wir es nicht nur für uns selbst, sondern um unseren Dienst in der Welt zu tun.“ Gottesdienste leiteten uns an, hinauszugehen und in der Welt Segen zu sein.

Am Ende des Segensritus mit Gebet, Weihwasser, Weihrauch und der Salbung mit Chrisamöl erklang die Glocke dann erstmals, angestoßen von Dekan Rubeck. Danach kamen auch Generalvikar Magin und Kaplan Bala Jujugiri zum Zug, sowie alle Messdienerinnen und Messdiener, während die Gottesdienstgemeinde ein Lied zu Ehren von Pfarrpatron Paul Josef Nardini sang. Denn ihm ist die neue Germersheimer Glocke gewidmet. Nardini kam 1821 in Germersheim zur Welt, seit 2016 trägt die katholische Pfarrei seinen Namen. Auf der Glocke hat Nardini ebenfalls eine Spur hinterlassen: Dort ist jetzt neu ein Zitat des 1862 in Pirmasens verstorbenen Priesters in den Stahl eingeprägt: „Wo ich bin, da bin ich ganz“.

Die Kirchenchor-Gemeinschaft aus Germersheim und Lingenfeld unter Leitung von Sabine Nebel gestaltete den Gottesdienst musikalisch unter anderem mit Mozarts D-Dur-Messe. Passend zur Predigt sang der Chor „Die Glocke ruft zum Frieden“ aus dem „Te Deum“ von Marc-AntoineCharpentier.Die Orgel spielte Matthias Settelmeyer. Arienza Quagliotti und Mathias Avril waren Gesangssolisten. An die Messe schloss sich ein Umtrunk im Brunnenhof des früheren Germersheimer Klosters an.

 

Info: Vorhanden waren im Germersheimer Kirchturm bislang eine „St. Maria-Glocke“ (1.504 Kilogramm, Tonlage „cis“), eine St. Petrus Canisius-Glocke (915 Kilogramm, Ton „e“) und eine St. Hildegard-Glocke (718 Kilogramm, Tonhöhe „fis“), die alle 1950 aus Gußstahl vom Bochumer Verein gegossen wurden. Die älteste in der bisherigen Runde ist die St. Jakobus-Glocke (450 Kilogramm in Tonhöhe „gis“) aus Bronze, die aus der Zweibrücker Gießerei Lindemann stammt. Diese St. Jakobus-Glocke von 1863 ist die einzige ursprüngliche Glocke des früheren Geläutes, das 1864 nach Fertigstellung des Kirchturmes in diesen einzog. Alle anderen älteren Glocken mussten 1917 bzw. 1942 für Kriegszwecke ans Militär abgegeben werden. Die zusätzliche Nardini-Glocke wurde 1935 in Stuttgart gegossen, hat einen Durchmesser von knapp 82 Zentimetern, ein Gewicht von 325 Kilogramm und klingt auf der Tonhöhe „h“.

 

Text: der pilger
Fotos: Klaus Landry