Aktuelles über das Bistumsarchiv

Freitag, 01. Dezember 2017

Baumaßnahme am Ordinariat ermöglicht weitere Forschung zu jüdischem Leben

Der Anbau einer Fluchttreppe an das Bistumsarchiv und eine Parkplatzsanierung im Hof des Bischöflichen Ordinariats ermöglichten weitere wissenschaftliche Studien zur Geschichte des jüdischen Lebens in Speyer. 

Kulturminister Konrad Wolf dankt Bistum Speyer für „hervorragende Zusammenarbeit“ – Generalvikar: „Mauer erschließt ein Stück Speyerer Stadtgeschichte“

Speyer. Im Hof des Bischöflichen Ordinariats wurden Teile der südlichen Grenzmauer des Jugendhofs freigelegt und für archäologische Zwecke untersucht. Bei einem Pressetermin stellten der rheinland-pfälzische Kulturminister Prof. Konrad Wolf und Wissenschaftler der Generaldirektion Kulturelles Erbe die Ergebnisse der viermonatigen Grabungsarbeiten vor. Den Anlass zu der Grabung bot der aus Brandschutzgründen notwendige Anbau eines Fluchttreppenhauses an das Bistumsarchiv, verbunden mit einer Mauer- und Parkplatzsanierung.

Die untersuchte Mauer umgrenzt nach Süden den inmitten des Viertels gelegenen Judenhof, der mit den beiden Synagogen und der Mikwe das Zentrum des jüdischen Speyer bildete. Diese Monumente bilden aufgrund ihrer außergewöhnlichen Bedeutung einen zentralen Teil des derzeit vorbereiteten Welterbeantrags „SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz“. So unscheinbar die Mauer zunächst erscheint, wirft sie doch viele Fragen auf. Daher wurde die Grabung an einigen Stellen erweitert und vertieft, da sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Antworten auf grundsätzliche Fragen zum mittelalterlich-jüdischen Speyer erhoffen: Wie tief lag das mittelalterliche Gelände zur Zeit der Erbauung der Mikwe? Reichte das Gelände der Synagoge und der Mikwe weiter nach Süden? Stellt dann diese Mauer eine spätere Verkleinerung des Judenhofs dar?

Tief in der Erde verborgen besitzt die Mauer sechs kleine spitzgeschlossene Nischen. Darunter befindet sich die Spolie eines Wandputzes mit wertvoller Fugenmalerei in Gestalt einer Sockelquaderung, auch zeigen sich aus Backstein gemauerte Bögen. Bis zum pfälzischen Erbfolgekrieg stand hier offenbar ein Wohngebäude, dessen Kellerräume jetzt bei den Grabungen im Bereich des geplanten Fluchttreppenhauses für das Bistumsarchiv entdeckt wurden. Historische Stadtpläne zeigen an dieser Stelle später barocke Gärten – eine Situation, die vermutlich auf die Stadtzerstörung von 1689 und eine anschließende Planierung zurückgeht. Seit der Römerzeit haben sich an dieser Stelle archäologische Schichten von circa vier Metern Mächtigkeit angehäuft.

Auswertung der Befunde mit photogrammetrischer Methode

Durch den interdisziplinären Ansatz werden die Befunde von verschiedenen Seiten beleuchtet und mit unterschiedlichen Methoden erfasst. So wurde die Mauer photogrammetrisch vermessen, die Befunde gemeinsam bauhistorisch dokumentiert und in Beziehung zu archivalischen Quellen gesetzt. Die aktuell laufenden Forschungen werden sicher nicht alle Fragen beantworten können, zumal die Mauer aus verschiedenen alten Abschnitten besteht. Es wird aber mit weiteren Untersuchungen versucht, möglichst viele Aspekte der Datierung und Baugeschichte zu klären.

Die Arbeiten finden in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg und anderen Forschungseinrichtungen statt und werden vom Bauherren, dem Bistum Speyer, in vorbildlicher Weise unterstützt.

SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz sollen zu UNESCO-Weltkulturerbe erklärt werden

Kulturminister Prof. Dr. Konrad Wolf stellte bei seinem Besuch fest: „Für die Landesregierung ist der Antrag, die SchUM-Städte zum Welterbe zu erklären, ein kulturpolitisch wichtiges Anliegen. Wir würdigen damit die herausragende Bedeutung, die die mittelalterliche, jüdische Kultur am Rhein weit über Europa hinaus hatte. Für die Erarbeitung des Welterbeantrages ‚SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz‘ mit seinen außergewöhnlichen Ritualbauten liefern die laufenden interdisziplinären Untersuchungen an der Mauer des Judenhofs einen weiteren Baustein zur Erforschung des jüdischen Lebens im mittelalterlichen Speyer und tragen damit zur Präzisierung des Welterbeantrages bei.“ Dem Bistum Speyer dankte er für die hervorragende Zusammenarbeit bei den Grabungen.

„Mit der Mauer erschließt sich wieder ein Stück Speyerer Stadtgeschichte“, unterstrich Generalvikar Dr. Franz Jung. Das Bistum Speyer sehe sich gemeinsam mit der Stadt und der Landesdenkmalpflege in der Mitverantwortung, das historische Erbe der Stadt wissenschaftlich zu erforschen und zu erhalten. Nachdem die archäologischen Grabungen jetzt abgeschlossen und wissenschaftlich dokumentiert sind, wird der Boden südlich des Bistumsarchivs wieder verfüllt und künftig als Parkplatz für die Mitarbeiter und Besucher des Bischöflichen Ordinariats genutzt. Die Mauer zum Judenhof wird steinsichtig belassen. 

Weitere Informationen:

http://www.gdke-rlp.de/

 

 

Text und Fotos: Generaldirektion Kulturelles Erbe/is