Hoffnungsgeschichten

Hoffnung hat viele Gesichter. Passend zum Motto des Heiligen Jahres, „Pilger der Hoffnung“, hat das Bistum Speyer anlässlich der Romwallfahrt Gläubige gebeten, zu erzählen, welches Erlebnis ihnen Hoffnung gegeben hat. Das Ergebnis: neun ganz besondere Geschichten, mal bewegend, mal lustig, mal zum Nachdenken anregend. Persönliche Hoffnungsgeschichten, die wirklich passiert sind, sind mehr als nur Berichte auf Papier. Sie sind lebendige Zeugen von Mut, Stärke und positiven Veränderungen.

Die Hoffnungsgeschichten werden während der Wallfahrt im Rahmen der täglichen Abendandachten vorgelesen.
Außerdem finden Sie die Geschichten weiter unten auf dieser Seite.

Sie möchten auch von einem Erlebnis erzählen, das Ihnen Hoffnung geschenkt hat? Die Geschichtensammlung geht weiter!
Wir laden alle Gläubigen dazu ein, ihre persönliche Geschichte zu erzählen und damit ihre Hoffnung zu teilen. Schicken Sie uns gerne Ihre Geschichte an pressestelle@bistum-speyer.de!
Alle eingesandten Geschichten werden dann auf dieser Seite veröffentlicht – je nach Wunsch mit vollem Namen, Abkürzung oder anonym (bitte mit angeben).


Ich liebe Schmetterlinge...

Ich liebe Schmetterlinge. So bunt und leicht, nur kurz sind sie da und flattern weiter. Ich habe sogar mit einem Schmetterling einen Heiratsantrag von meinem Mann bekommen und zu unserer Hochzeit wurden statt Luftballons Schmetterlinge fliegen gelassen.

In einem Sommer vor einigen Jahren durfte ich einen Menschen beerdigen, der sich schon als Kind mit Schmetterlingen beschäftigt und diese sogar gesammelt hat. Später hat er seine große Leidenschaft zum Hobby gemacht und wurde Professor für Biologie. Was lag da näher für mich, als über den
Schmetterling in der Traueransprache zu erzählen. Er ist ein schönes Zeichen der Verwandlung. Aus einer dicken fetten, nicht sehr hübschen Raupe wird nach der Verpuppung ein wunderschöner Schmetterling. Wer kennt nicht das Kinderbuch „Die Raupe Nimmersatt“. Die Verpuppung könnte sinnbildlich für den Tod und das Grab stehen, der leichte, bunte Schmetterling für die Auferstehung. Und was passierte, als wir am offenen Grab standen, um uns zu verabschieden…Ein Schmetterling flog darüber. Ich habe schon viele Menschen beerdigt, aber noch nie ist ein Schmetterling dabei zu sehen gewesen. Für mich war und ist das eine „Bestätigung oder Bekräftigung“ von oben aus dem Himmel: Ja, so ist es! Es gibt eine Hoffnung, es gibt ein Leben nach
dem Tod, Auferstehung findet statt! Wenn ich einen Schmetterling fliegen sehe, dann erinnere ich mich gerne an die besonderen Momente in meinem Leben und ich kann ein Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit spüren.

Was ist dein Hoffnungszeichen?


Ich würde mich als einen zuversichtlichen oder auch hoffnungsvollen Menschen beschreiben...

Ich würde mich als einen zuversichtlichen oder auch hoffnungsvollen Menschen beschreiben. Das heißt nicht, dass ich die Realitäten und die schlechten Nachrichten ignoriere. Sei es in der Welt, in unserer Gesellschaft oder in unserer Kirche. Ich will mich von diesen nicht runterziehen lassen. Sie sind da und ich muss sie größtenteils auch akzeptieren, da dessen Veränderung nicht in meiner Macht liegt. Ich möchte aber versuchen, in meinem möglichen Aktionsrahmen an der Verbesserung meines Umfelds mitzuwirken. Bezogen auf das Leben in meiner Gemeinde bin ich da schon recht hoffnungsvoll, auch wenn die Realitäten in der Kirche auch dort großen Einfluss haben. Dennoch erlebe ich diese als lebendig. Wir schaffen es immer wieder, Menschen zu erreichen und auch zur Mitwirkung zu gewinnen.

Dies wurde mir gerade wieder in den letzten Monaten bewusst. Trotz unserer bereits vielfältigen Angebote und der hohen Belastung der Ehrenamtlichen,
haben wir uns an das Projekt „Kirche Kunterbunt“ herangewagt. Der ersten Veranstaltung im Februar ging ein langer Prozess voraus. Menschen, die Gemeinde und unsere Kita mussten für das Projekt begeistert werden und für das Team, für die Vorbereitung und Durchführung, gewonnen werden.
Dies stimmte mich bereits sehr hoffnungsvoll. Wir stießen auf offene Ohren und Begeisterung. Vor allem auch von Menschen, die wir so noch nicht auf
dem Radar hatten.

Am Samstag, den 22. Februar, war es dann soweit. Die Spannung im Team war deutlich zu spüren. Die erste Kirche Kunterbunt unter dem Motto „Willkommen“ durften wir in unserer Gemeinde St. Albert feiern – und was für ein wunderbarer Nachmittag es war! Mehr als 100 Besucherinnen und
Besucher fanden den Weg zu uns. Das Angebot wurde begeistert angenommen.

Schon beim Ankommen wurden alle Familien herzlich mit Popcorn und fröhlicher Musik empfangen, was sofort für eine lockere und fröhliche Atmosphäre sorgte. Danach gab es unzählige Möglichkeiten, sich kreativ und aktiv auszutoben. Auch der katholische Kindergarten St. Albert hat uns tatkräftig unterstützt und seine Sporthalle geöffnet.

In der Feierzeit saßen die Familien besinnlich zusammen, sangen und lachten miteinander – ein wunderschöner Moment, der gezeigt hat, wie lebendig
und gemeinschaftlich Kirche sein kann. Der gemeinsame Abschluss mit Hot Dogs sorgte für viel Freude und einen perfekten Ausklang des Nachmittags.

Auch die zweite Veranstaltung im Mai wurde von über 70 Personen besucht. Es kamen Menschen aus dem Stadtteil und darüber hinaus. Viele Familien
aus unserer Kita. Menschen, die wir in unserer Gemeinde noch nie gesehen haben und die das erste Mal bei uns waren und begeistert nach Hause gegangen sind.

Ich bin schon lange in unserer Gemeinde aktiv und habe schon viele Projekte, mit großen und weniger großen Erfolg, durchgeführt. Habe mir die Hoffnung nie wegnehmen lassen. Wenige Projekte haben mich aber bisher so begeistert und Hoffnung gemacht wie dieses, welches solche nachhaltige Wirkung haben kann.


Mein Schwiegervater, zu der Zeit 80 Jahre alt, war letzten September nach einer Fuß-OP in Reha...

Mein Schwiegervater, zu der Zeit 80 Jahre alt, war letzten September nach einer Fuß-OP in Reha. Als ich eines Abends spät von der Arbeit zurückkam,
hatte die Reha-Klinik eine Nachricht auf unserem AB hinterlassen und um Rückruf gebeten.

Mein Schwiegervater war bei der Therapie im Schwimmbecken ohnmächtig geworden und man hatte ihn in ein Krankenhaus gebracht.

Im Laufe des Abends kam von ihm selbst Entwarnung: Er rief an und meinte, dass wohl sein Kreislauf aufgrund der Wärme im Schwimmbecken weggesackt war.

Dann kam nachts der Anruf des Krankenhauses, dass seine Leber blutet und sie jetzt sofort operieren werden. Als mein Mann am nächsten Morgen
im Krankenhaus anrief, haben wir erfahren, dass die Blutung in der Nacht nicht gestoppt werden konnte und mein Schwiegervater in sehr kritischem
Zustand mit Multi-Organversagen sei.

Wir sind dann zu dritt gleich in die Klinik gefahren. Die Tür zur Intensivstation öffnete ein ganz junger Pfleger, der uns ganz behutsam auf den Anblick meines Schwiegervaters vorbereitete. Wie dankbar waren wir, welch klare und trotzdem behutsame Worte er fand!

Der diensthabende Arzt nahm sich extrem viel Zeit, er begegnete uns auf Augenhöhe und mit ganz viel Respekt für uns und für den Patienten. Aber er
machte uns keine Hoffnung, sondern meinte, dass wir uns in Ruhe von ihm verabschieden sollen. Noch während wir in der Intensivstation waren, hat
man entschieden, doch noch eine OP zu versuchen.

Was folgte war ein langer Tag im Krankenhaus.

Und dann kam die Nachricht, dass die OP erfolgreich war, die Blutung konnte gestoppt werden, aber sein Zustand war extrem kritisch. Die nächsten Nächte haben wir ständig mit einem Anruf der Klinik gerechnet. Aber der kam nicht und gegen Ende der Woche entschieden die Ärzte, meinen Schwiegervater aus dem künstlichen Koma zurückzuholen. Das Wunder geschah: Er atmete selbständig, aber noch immer wussten wir nicht, ob er dauerhafte Schäden davongetragen hatte.

Montags war ich alleine bei ihm auf der Intensivstation. Mein Schwiegervater war wach und extrem unruhig. Er brabbelte kontinuierlich etwas vor sich
hin. Und irgendwann habe ich kapiert, dass er versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich hörte ganz intensiv hin und irgendwann verstand ich ihn: Er
sagte „Durst“ und „Wasser“.

Ich durfte ihm dann mit einem Wattestäbchen die Lippen benetzen und den Mund etwas ausfahren. Das hat er sehr genossen. Und ich war absolut
sicher, dass er wieder gesund wird.

So war es auch, innerhalb ganz kurzer Zeit durfte er dann die Klinik verlassen. Er hat im Januar seinen 81. Geburtstag gefeiert und ist wieder richtig
fit geworden. Er freut sich, dass ihm nochmal Lebenszeit geschenkt wurde und wir freuen uns, dass er noch bei uns sein darf.

Was wir in der Klinik erlebt haben, hat uns nachhaltig beeindruckt. Wir haben dort wunderbare Menschen erlebt, die sich hingebungsvoll nicht nur um die Patienten, sondern auch
um die Angehörigen gekümmert haben und den Mensch im Blick hatten. Wir sind sehr dankbar, dass es diese Menschen gibt.


Ich bin in einem Land aufgewachsen, in dem vieles vorgegeben war...

Ich bin in einem Land aufgewachsen, in dem vieles vorgegeben war – auch, was eine Frau tun oder nicht tun sollte. Wie so viele andere entschied ich
mich nach dem Abitur zunächst für ein Medizin-Studium. Es klang vernünftig, sicher, anerkannt. Und doch spürte ich schon bald: Das bin nicht ich.

Nach einem Jahr traf ich eine Entscheidung, die mir niemand leicht gemacht hätte – also sprach ich auch mit niemandem darüber. Nicht einmal mit meinen Eltern. Ich brach das Studium ab und wechselte zur Theologie. Warum? Ich konnte es kaum erklären. Ich wusste nur: Hier schlägt mein
Herz schneller.

In meinem Land verstand das kaum jemand. Was wollte ich als Frau mit einem Theologiestudium? Die meisten Kommilitonen waren Männer, die
Priester werden wollten. Gemeindereferentinnen oder kirchliche Berufe für Frauen – das war bei uns kein Thema. Ich wusste selbst nicht, was
aus mir werden würde. Aber mein Bauchgefühl sagte mir: Geh weiter. Du bist richtig hier.

Noch während des Studiums lernte ich meinen Mann kennen, und das Leben führte mich nach Deutschland. Ein neues Land, eine neue Sprache, ein neues Leben. Ich war zunächst sieben Jahre lang Hausfrau und Mutter – eine schöne und intensive Zeit, aber auch eine, in der ich oft dachte: Und was ist mit meinem Weg? Mit meiner Berufung?

Irgendwann fasste ich Mut. Ich erinnerte mich an das alte Gefühl – an die Sehnsucht, mit Menschen zu arbeiten, Glauben zu teilen, Hoffnung weiterzugeben. Und ich bewarb mich in der Kirche. Ohne große Erwartungen. Aber mit einem offenen Herzen. Und die Türen öffneten sich. Ich wurde aufgenommen – mit offenen Armen. Und ich wusste: Jetzt bin ich angekommen. Heute darf ich in meinem Beruf genau das tun, was mich erfüllt. Ich bin dankbar für jeden Umweg, für jedes Zögern, für jedes innere Ringen – denn es hat mich reifen lassen. Ich bin froh, dass ich damals den Mut hatte, einem
Herzen zu folgen. Auch wenn ich den Weg noch nicht kannte.


Im April vor zwölf Jahren erfuhr ich, dass ich schwanger bin...

Im April vor zwölf Jahren erfuhr ich, dass ich schwanger bin. Da es mir zu dieser Zeit gesundheitlich nicht gut ging, hoffte ich, dass mit dem kleinen
Lebewesen alles gut gehen würde. Die nächsten neun Monate stellten uns vor eine große Herausforderung. Bereits in der 8.Woche wurde mir gesagt,
dass kein Herzschlag zu sehen sei, ich zuversichtlich sein und noch eine Woche warten soll. Leider setzten Blutungen ein und man schickte mich
ins Krankenhaus, um weitere Schritte zu veranlassen. Im Krankenhaus erteilte man mir strenge Bettruhe und so durfte ich mit einem kleinen Lebewesen
im Bauch, dessen Herz ordentlich pochte, nach 4 Wochen nachhause. Die Freude hielt nur einige Tage, da ich plötzlich starke Bauchkrämpfe bekam,
wieder ins Krankenhaus kam und man mir aber nicht helfen konnte, da keiner eine Diagnose feststellen konnte. Es war eine Blinddarmentzündung
und ich sollte noch am gleichen Abend operiert werden. Der Chirurg damals klärte mich über die Folgen mit den Worten, „bei der Narkose müssen Sie
damit rechnen, dass Sie Ihr Kind verlieren werden“, auf.

Voller Angst lehnte ich zunächst eine Operation ab, was für uns Beide gefährlich geworden wäre. Hoffnungsvoll redeten mein Mann und meine Eltern mir zu, dass die OP stattfinden muss und alles gut werden würde. Auch die Anästhesistin machte mir Hoffnung. So wurde ich am späten Abend operiert und als ich wieder auf dem Zimmer war, kam der Chirurg mit einem Ultraschallgerät und machte die Untersuchung meines Unterleibes selbst. Darauf sah ich, dass das kleine Lebewesen munter in meinem Bauch umherpurzelte. Alle Angst wich, die Erleichterung war riesig und ich freute mich, voller Hoffnung, dass ab dann alles gut werden würde, auf diesen kleinen Mensch. Heute genieße ich die Zeit mit meiner gesunden, fröhlichen elfjährigen Tochter.


In meinem Maileingang fand ich am 3. Juni 2020 folgende Nachricht eines Bekannten aus meiner Pfarrei...

In meinem Maileingang fand ich am 3. Juni 2020 folgende Nachricht eines Bekannten aus meiner Pfarrei:

„Wie Sie vielleicht wissen, bin ich in der Flüchtlingshilfe engagiert (u.a. Sprachhelfer im HPH) und betreue einige Flüchtlinge. Unter anderem habe ich über den Deutschkurs Kontakt zu einem minderjährigen Pakistani (wird demnächst 18 J.), der mir schon seit ein paar Wochen sagt, er möchte Christ werden. Saqib lebt in einer Wohngruppe in Limburgerhof, ist Moslem und seit Anfang des Jahres in Deutschland.
Er spricht daher nicht gut Deutsch, obwohl er sehr engagiert in der Schule ist und gute Fortschritte macht. Seine Muttersprache ist Urdu, dazu noch Englisch. In Englisch ist mit ihm eine gute Konversation möglich. Da in Pakistan Christen unterdrückt werden, befürchtet er auch hier Probleme
durch Pakistani bzw. Moslems zu bekommen. Bis der Schritt zum Christentum für ihn klar ist, möchte er daher erstmal, dass es nicht publik wird (im
Deutschkurs sollte vorerst niemand davon erfahren). Mein Problem: Wer könnte mit ihm über das Christentum sprechen und ihm ggfs. den Weg aufzeigen? (…)
Sie können das auch gerne selbst übernehmen, falls Sie dazu überhaupt Zeit haben.“

Die Anfrage überraschte mich und löste Nachdenken in mir aus. Warum hatte der Bekannte ausgerechnet mich angeschrieben? Könnte ich das selbst übernehmen? Ich habe in unserer Pfarrei in der Firmkatechese mitgearbeitet und studierte nebenher „Theologie im Fernkurs“. Aber das war schon eine andere Herausforderung – sprachlich und inhaltlich. Irgendwie ließ mich der Gedanke aber nicht los und ich fragte Bekannte um Rat, die mich ermutigten, mich mit Saqib zu treffen.

Und so trafen wir uns mitten in der Corona-Zeit der Sprachhelfer, Saqib und ich mit Masken und lernten uns kennen. Ich lud Saqib nach Hause ein, wir kochten gemeinsam und erzählten uns gegenseitig aus unserem Leben und von unseren Familien. Dann schauten wir einen Jesus-Film an, den er bereits in Urdu gesehen hatte und wir unterhielten uns darüber. Es folgten weitere Treffen, wir unternahmen etwas gemeinsam, wir schauten uns Kirchen an und saßen dort eine längere Zeit. Er erzählte mir, dass er auf seiner Flucht von Pakistan bis nach Deutschland immer wieder in Kirchen Zuflucht, Schutz und Ruhe gefunden hat, das tat ihm gut und er spürte, dass es besondere Orte für ihn waren. Ich nahm ihn mit in den Gottesdienst, besorgte ihm eine Bibel auf Urdu und wir lasen jeder in seiner Sprache verschiedene Bibelgeschichten.

In der Osternacht wurde er getauft und gefirmt und empfing zum ersten Mal die heilige Kommunion. Ein bewegender Moment für ihn und auch für mich
– in der Zeit der Vorbereitung konnte ich selbst viel über meinen eigenen Glauben lernen, Dinge, die mir dabei wichtig sind, so ins Wort bringen, dass
es für andere verständlich ist.

Mittlerweile ist Saqib anerkannter Flüchtling in Deutschland, hat eine Zeit lang auch in einem unserer Pfarrhäuser leben können, arbeitet und geht seinen Weg weiter als Christ und Mensch, der sich hier eine Zukunft aufbauen möchte. Ich spreche gerne von meinem „pakistanischen Pflegesohn“, der wie meine drei Kinder mir ans Herz gewachsen ist. Ich darf für ihn zusammen mit meiner Familie ein wenig die Heimat geben und Ratgeber, die ein junger Mensch manchmal von seinem Vater braucht. Das macht mich glücklich und dankbar.


In einem nahen Land wurde ein Montag zum Tag des Grüßens erklärt...

In einem nahen Land wurde ein Montag zum Tag des Grüßens erklärt. Jede Person war eingeladen, jede Person, die sie an diesem Montag trifft, zu grüßen. So kam es, dass die Menschen auf dem Weg zum Büro alle grüßten, die ihnen entgegenkamen. Auch die, die zur Kirche gingen, grüßten alle auf
dem Weg, Kinder, Erwachsene, Frauen, Männer, Weiße, Schwarze. Auch im Bus gab es ein großes Hallo: Hallo, Guten Morgen, Grüß Gott, Servus,
Guten Tag. Der Gottesdienst konnte nicht pünktlich beginnen und auch ins Büro kamen alle etwas zu spät, aber alle hatten ein Lächeln im Gesicht und
begannen die Woche beschwingt. Am Abend trafen sich die Gemeinderäte und Stadträte und überlegten, ob man das auch nächsten Montag machen
will. Und der Freitag könnte ein Tag des Wunsches werden. Und dann gab es ja noch drei andere Tage… Die Ideen in den Räten sprudelten.


Die acht Jungs meiner Klasse 9 begleite ich schon seit Klasse 7 durch Höhen und Tiefen...

Die acht Jungs meiner Klasse 9 begleite ich schon seit Klasse 7 durch Höhen und Tiefen. Nun soll ein neuer Schüler dazu kommen. Nennen wir
ihn Oliver. Oliver ist ein großer, kräftiger, sagen wir, beleibter Jugendlicher mit dunklen Haaren und durchaus unfreundlichem Auftreten. Oliver lebt
mit seiner Mutter und seinem Bruder in einem kleinen Ort ca 30km entfernt von unserer Schule.

Um in die Schule zu kommen, muss Oliver täglich fast zwei Stunden im Bus sitzen, zweimal umsteigen. Und abends natürlich auch. Wir haben eine
Ganztagesschule, die gewährleistet, dass die Kinder und Jugendlichen gut aufgehoben sind.

Als Oliver hört, dass er zu uns soll, verweigert er völlig. „Nicht auf diese Drecksschule“, „Könnt ihr vergessen“, „Zu den Behinderten“. Die Mutter ist
sehr verzweifelt und hilflos.

Mit seiner Eselsgeduld überzeugt mein Schulleiter Oliver zu einem Probetag. Er kommt tatsächlich und wir gehen an diesem Tag in den Wald. Bauen eine Kugelbahn. Oliver ist ruhig, beobachtet, beteiligt sich kaum. Am Ende des Tages schicke ich ihn mit einem meiner Jungs zum Bahnhof, damit der ihm zeigt, welchen Bus er nach Hause nehmen muss. Oliver geht mit ihm zum Bahnhof, aber vorher noch kurz zur Schule, aufs Sekretariat... um sich anzumelden ;)

Im Laufe des Schuljahres haben wir viele sehr herausfordernde Momente. Und sehr oft haben wir gute Gespräche. Es gibt vieles, was ihn belastet und auch aus der Bahn geworfen hat. Olivers Selbstbewusstsein ist am Boden. Unsere Einrichtung arbeitet systemisch. (Seit 2014 tragen wir stolz die DGSF-Empfehlung „Besonders systemisch-familienorientiert arbeitende Einrichtung“) Unser Grundsatz ist, die Kinder und Jugendlichen zu stärken, wir versuchen, ihnen ein Stück Selbstsicherheit zurückzugeben. Oliver ist ein besonders harter Knochen ;))

Aber schon nach einigen Wochen bekommt er erste positive Rückmeldungen von Lehrern. Das gefällt ihm. Er kommt regelmäßig zur Schule, arbeitet mit und schafft es sogar bald, andere zu unterstützen. Er ist ein schlauer Kopf. Nur außerhalb der Schule hat er so gar keine Lust zu lernen. Ein Teil unserer Ideen zur Stärkenbildung ist, in der Hauptstufe möglichst viele Praktika in verschiedenen Betrieben der Umgebung zu absolvieren, auch dort bekommt er immer positive Rückmeldungen und sogar Ausbildungsangebote. Mit Hilfe der Mutter entscheidet sich Oliver zur Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker. Heute ist er mitten in der Ausbildung. Sein Ausbilder sagt, er mache das gut. Seine Mutter ist sehr erleichtert. Oliver hat uns besucht, er scheint zufrieden. Mit sich und der Welt fast versöhnt. Er hat noch einen weiten Weg vor sich, aber ich hoffe für ihn, dass er genügend Kraft gesammelt hat, um mit den Steinen in seinem Weg was Hübsches zu bauen.


Ich erinnere mich an einen Fotokurs, den ich einmal gemacht habe...

Ich erinnere mich an einen Fotokurs, den ich einmal gemacht habe. Die Aufgabe war eigentlich ganz simpel: „Fotografiere etwas aus der Natur zum Thema Liebe.“

Aber ich stand da – leer, traurig, irgendwie abgeschnitten. Mein Vater war gerade gestorben. Und die Liebe… schien plötzlich weit weg. Zu groß der Verlust, zu roh der Schmerz. Ich ging also einfach los, ohne Plan. Ich suchte nichts – ich wollte nur ein wenig Luft.

Und dann geschah es.

Zwischen all den grauen, glatten Kieselsteinen lag plötzlich dieser eine: Ein Stein. In Herzform.

Kein Zeichen, das sich aufdrängte. Kein rotes, leuchtendes Herz. Ein stilles, kleines Herz aus Stein.

Ganz ruhig. Ganz klar. Und irgendwie: tröstlich.

Ich habe es fotografiert – und meine Kursleiterin war ganz erstaunt: „Hast du den Stein gesucht?“ Und ich antwortete: „Nein – er hat mich gefunden.“

Und da wurde mir bewusst: Das war kein Zufall. Das war ein Zeichen. Ein kleines Herz aus Stein – gerade in einem Moment, in dem mein eigenes Herz wie versteinert war. Vielleicht ist das Liebe. Nicht immer laut. Nicht immer leicht. Aber da. Auch im Schmerz. Auch im Verlust. Manchmal zeigt sie sich genau dann – in einem Stein, in einer Form, in einem Moment, der sich wie ein Gruß von oben anfühlt.