Vorschläge für Geistliche Unterbrechungen
Hinführung
Es ist gut, wenn uns Gott in unserer Routine unterbricht. Dies können wir nicht machen, aber wir können uns für eine solche Unterbrechung öffnen, wir können uns Zeit dafür nehmen. Dies können wir als Einzelne für uns selbst oder in der Gruppe tun. Solche Geistlichen Unterbrechungen sind fester Bestandteil der Treffen von ökumenisch erd-verbunden, wenn irgend möglich ist für eine Geistliche Unterbrechung eine Stunde vorgesehen. Im Mittelpunkt einer Geistlichen Unterbrechung steht das angeleitete stille Bedenken eines Textes, dies wird in der Regel ein Abschnitt aus der Bibel sein, denkbar ist aber auch ein anderer Text.
Zu Beginn einer Geistlichen Unterbrechung in der Gruppe erhalten die Teilnehmer:innen ein Gebetsblatt mit dem Bibeltext und mit Anregungen zum stillen Bedenken des Textes.
Die Geistliche Unterbrechung wird von einer Liturgin, einem Liturgen behutsam und ohne viele Worte geleitet.
Form und Ablauf einer Geistlichen Unterbrechung
Für eine Geistliche Unterbrechung empfiehlt sich eine Grundstruktur, die aber variiert werden kann. Folgende Elemente sind denkbar:
I. kurze Begrüßung, Austeilung des Gebetsblattes und Einführung in den Ablauf mit einer Erläuterung der einzelnen Schritte
II. (fakultativ) Gebet zur Sammlung und/oder ein liturgischer Gesang
III. Lesung des biblischen Textes der Geistlichen Unterbrechung
IV. kurze Stille
V. Einladung, in eigener Zeiteinteilung die folgenden Schritte zu gehen:
- Vergegenwärtigung des Textes, zum Beispiel durch das Aufrufen eines inneren Bildes
- Gebet
- Kolloquium, Aussprache mit Gott
Für diese Schritte können auf dem Gebetsblatt Gesichtspunkte und Fragestellungen für die Betrachtung benannt werden, die ganz oder teilweise in der Stille aufgegriffen werden können.
V. Stille, wenn möglich, mindestens 30 Minuten
VII. Austausch in der Gruppe, der durch Leitfragen eingeleitet werden kann, aber nicht muß. Solche Leitfragen können zum Beispiel sein: „Was ist mir wichtig geworden?“, „Hatte ich das Gefühl, Kontakt zu Gott bekommen zu haben?“, „Welche Fragen sind für mich offengeblieben?“.
VIII. (fakultativ) liturgischer Gesang
Beispiele
Das erste Beispiel, das von Dr. Peter Hundertmark stammt, wurde bei einem Treffen von ökumenisch erd-verbunden erprobt, das zweite Beispiel von Klaus Heidel greift eine Morgenandacht in leicht veränderter Form auf.
Vorgestellt werden die beiden Beispiele anhand der Gebetsblätter, die nicht weiter erläutert werden, auch die einleitenden und geleitenden Worte der Liturgin, des Liturgen sind nicht aufgeführt, da sie sich nach der jeweiligen konkreten Situation richten können.
Beispiel 1:
Gebetsblatt Geist – Ökologie
Biblischer Text
Joel erzählt von einer ökologische Katastrophe und einer nachfolgenden Hungersnot. Er ruft zu einer Zeit der Buße auf. Dann folgt im Kapitel 3 die Verheißung eines Geistgeschehens.
Danach aber wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben, und eure jungen Männer haben Visionen. Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen. Ich werde wunderbare Zeichen wirken am Himmel und auf der Erde: Blut und Feuer und Rauchsäulen. Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und schreckliche Tag. Und es wird geschehen: Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet. Denn auf dem Berg Zion und in Jerusalem gibt es Rettung, wie der Herr gesagt hat, und wen der Herr ruft, der wird entrinnen. (Joel 3)
Bild
Ich rufe mir eine oder mehrere Personen in Erinnerung, bei denen ich davon ausgehe, dass der Gottesgeist durch sie wirkte.
Bitte
Um Ausrichtung auf Gott, der auch jetzt durch seinen Geist handelt.
Punkte
- Der menschliche Beitrag ist Buße und Umkehr. Alles was dann kommt, ist ausschließlich Gott Werk. Ich versuche mich auch für unsere heutige Situation mit ihren ökologischen Herausforderungen auf diese radikale Perspektive einzulassen. Ich nehme Widerstände, Hoffnungen und all die Gefühle in mir war, die dadurch in mir wachgerufen werden.
- Der Geist ignoriert alle Zuständigkeiten und jede Ordnung. Mägde und Kinder reden prophetisch. Wo höre ich heute prophetische Rede, wenn es um ökologische Fragen geht? Was kann ich/können wir dazu beitragen, dass die „unerwarteten“ Stimmen unseres überraschenden Gottes gehört werden?
- Joel postuliert kosmische Folgen des Geistgeschehens – zwischen Dystopie und Utopie. Was müsste geschehen, wie könnte es gehen, dass die Geistträgerinnen und Geistträger reale – lokale, regionale, globale… - Transformationen mit anstoßen?
Kolloquium
Ich bespreche mich mit meinem Gott, der zugleich der Herr und Letztverantwortliche dieser Welt ist. Was will ich ihm sagen? Was könnte er mir/uns jetzt sagen wollen?
Beispiel 2:
Gebetsblatt Angst – Trost
Die Geistliche Unterbrechung wurde am Morgen gehalten.
Gebet
Ich danke dir Gott für die Bewahrung in der Nacht.
Ich danke dir für den neuen Tag.
Ich danke dir für das Leben.
Ich danke dir für unsere Gemeinschaft.
Ich bitte dich: lass mich jetzt stille werden,
öffne mein Herz für dein Wort,
berühre meine Seele mit deiner Gegenwart.
Biblischer Text
Was für eine bewegende Szene, die das Johannesevangelium malt: Zum letzten Mal vor seiner Verhaftung versammelt Jesus seine Jünger um sich und nimmt in bewegenden, gewaltigen und nie ganz zu ergründenden Worten Abschied. Wir kennen die Szene, die Erzählung von der Fußwaschung, die Ankündigung des Verrates durch Judas, die Selbstüberschätzung des Petrus – und in immer neuen Worten der Verweis auf die Einheit von Vater und Sohn. Mehrfach dann Ankündigungen der Verfolgung der Jünger, mehrfach die Verheißung des Heiligen Geistes, mehrfach der Aufruf zur Liebe.
Und jetzt, zum Schluß, gewissermaßen als Zusammenfassung und vor dem Bericht des großen Gebetes Jesu unser Vers, der kleine Text für unsere Geistliche Unterbrechung (Joh. 16, 33).
Ich lese den zweiten Teil in drei oft gebrauchten Übersetzungen:
Luther übersetzte: „Solches habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
In der Einheitsübersetzung heißt es: „Dies habe ich zu euch gesagt, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt.“
Die BasisBibel akzentuiert: „Das habe ich zu euch gesagt, damit ihr bei mir Frieden findet. In dieser Welt müsst ihr Leid und Schmerz aushalten. Aber verliert nicht den Mut: Ich habe diese Welt besiegt!“
Vergegenwärtigung
Ich lade Euch ein, die Augen zu schließen und sich virtuell in den Kreis der Jünger zu begeben. Was wäre in mir vorgegangen, wenn ich dabeigewesen wäre? Geht dann zurück in die Gegenwart: wo und wie berührt mich der Text in meiner ganz konkreten Situation, was löst er in mir aus?
Bitte
um Trost und Mut und Gottes Beistand
Punkte
- Es geht um das Befinden der Jünger, um ihre Angst, es geht um die objektive Situation, um die Bedrängnis, und es geht um die Unvermeidbarkeit von Leid und Schmerz. Befinden, objektive Situation, Unvermeidbarkeit. Aber geht es auch um uns, die wir kein Martyrium zu befürchten haben?
- Jesus versprach seinen Jüngern Trost, und er sprach ihnen Mut zu, denn er habe die Welt besiegt. Stimmt das, können wir das glauben?
- Wo habe ich Angst, wo bin ich in Bedrängnis, wo muss ich Schmerzen und Leiden aushalten?
- Habe ich und wenn ja, wo Trost erfahren? Kann ich etwas mit der Behauptung Jesu, er habe die Welt besiegt, anfangen?
Kolloquium
Ich erzähle Gott von meinen Ängsten und Sorgen und dass ich alleine nicht mutig sein kann. (Wer möchte, kann auch einen Brief an Gott schreiben.) Ich bitte Gott dringend um Antwort.
Austausch in der Gruppe