Montag, 31. Januar 2022

„Wir sind betroffen“

Die katholische Pfarrkirche St. Martin in Bexbach. 

Stellungnahme ehrenamtlich engagierter Christ*innen in der Pfarrei Heiliger Nikolaus Bexbach

Bexbach. In einer Erklärung haben Vertreterinnen und Vertreter aus der Pfarrei Heiliger Nikolaus Bexbach Stellung zur Veröffentlichung des Gutachtens zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Bistum München/Freising genommen.

In dem Schreiben, das auch auf der Webseite der Pfarrei veröffentlicht wurde, heißt es:

„Mit diesem Schreiben möchten wir zum Ausdruck bringen, dass wir sehr betroffen und entsetzt sind über die Enthüllungen der Veröffentlichung des Gutachtens der Kanzlei WSW München zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Bistum München/Freising.

Wir stellen uns ausdrücklich auf die Seite all der Menschen, die bis heute unter dem Missbrauch seitens der Kleriker und kirchlichen Bediensteten leiden. Die Aufarbeitung dieser unsäglichen Taten und die daraus resultierenden Konsequenzen, die bis in die Spitze der klerikalen Hierarchie reichen, sind für uns unabdingbar und von oberster Priorität.

Für uns, in den Gemeinden engagierte Laien ist es belastend, mitanzusehen, wie immer wieder Schuldzuweisungen, Vertuschungen und Lügen über alle Kirchenebenen hinweg, von denen selbst unser emeritierter Papst Benedikt nicht ausgenommen werden kann, aufgedeckt werden. Wir nehmen schmerzlich wahr, dass unserer Kirche durch ihre hierarchischen Strukturen, den Missbrauch von Macht, durch Vertuschung und Ignoranz gegenüber Betroffenen über viele Jahre hinweg ein beträchtlicher Schaden zugefügt wurde. Deshalb fordern wir die deutschen Bischöfe auf, endlich längst überfällige und notwendige Änderungen in der fehlerhaften Institution Kirche voranzubringen.

Mit Bedauern müssen wir feststellen, dass unsere christlichen Werte, die wir in unseren Gemeinden, Städten und im Berufsalltag zu leben versuchen, angesichts der schweren Missstände der Kirche in den Hintergrund gedrängt werden. Diese Missstände untergraben nicht nur die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft, sondern lassen auch die Frustration unter uns Christ*innen wachsen, sodass wir immer stärker an unserem Einsatz für diese -unsere- Kirche zweifeln.

Wir begrüßen den Synodalen Weg, der auch in unserer Diözese Speyer mit unserem Bischof Karl-Heinz Wiesemann und Generalvikar Andreas Sturm vorangetrieben wird. Es ist eine Möglichkeit, zu zeigen, dass uns in erster Linie unser Glaube an Gott, seine bedingungslose Liebe zu allen Menschen wichtig sind und nicht die Kirche als Institution. Jedoch dürfen die Ergebnisse dieses Synodalen Weges nicht nur leere Worte auf Papier bleiben, sondern müssen auch in Taten umgesetzt werden. Er sollte zu tiefgreifenden Veränderungen in der Kirche führen, u.a. im Hinblick auf ihre Machtstrukturen, ihre Sexualmoral und die Annahme von Menschen, unabhängig von ihrer geschlechtlichen Orientierung, sowie in Fragen des Frauenordinariats.

An dieser Stelle ist es uns wichtig, zu betonen, dass unsere Gemeinden immer allen Menschen offenstehen und jeder bei uns herzlich willkommen ist.

Die vielen Enthüllungen haben unserer Kirche großen Schaden zugefügt. Die katholische Kirche, wie wir sie bisher kannten, hat keine Zukunft, es braucht dringend Veränderungen in dieser Institution Kirche. Unser Glaube und die Hoffnung, dass Kirche sich mit uns und durch uns wandeln kann, und im Vertrauen, dass Jesus uns in dieser schweren Zeit nicht verlässt, bestärkt uns weiterhin in unserer Kirche aktiv zu sein. Unsere Geduld mit den Verantwortlichen ist jedoch nicht grenzenlos.

Wir wünschen unserem Bischof Karl-Heinz Wiesemann und allen verantwortlichen Bischöfen Mut und Kraft, die notwendigen Schritte zu gehen und sich gegen alle Stimmen durchzusetzen, die noch immer an den alten - mit den christlichen Werten unvereinbaren - Strukturen festhalten.“

Judith Schwinn, Anna Schwinn, Bernhard Wittling stellvertretend für die Pfarrei Heiliger Nikolaus in Bexbach

Foto: atreyu CC BY SA 3:0