Montag, 02. Dezember 2024

„Ich erlebe die Abteilung wie einen großen Garten mit vielen verschiedenen Blumenbeeten“

© Bistum Speyer 

Interview mit Thomas Bauer, neuer Leiter der Abteilung „Seelsorge in Pfarrei und Lebensräumen“

Thomas Bauer ist 52 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern. Er wurde in Kirrweiler geboren und studierte später in Mainz Theologie. Nach dem Besuch des Pastoralkurses arbeitete er von 2000 bis 2005 als Pastoralreferent in Bad Dürkheim. Bis September 2024 war er Pastoralreferent in der Pfarrei Germersheim (früher Pfarreiengemeinschaft Lingenfeld). Zusätzlich war er in den letzten Jahren als Supervisor und Coach für das Bistum tätig.

Wie gefällt Ihnen Ihre neue Stelle als Leiter der Abteilung „Seelsorge in Pfarrei und Lebensräumen“ bisher?

Thomas Bauer: Was mir sehr gefällt ist, dass ich das Gefühl habe, willkommen zu sein. Ich bekomme ganz viele Signale, wir unterstützen dich beim Ankommen und Reinkommen, das tut gut zu wissen. Zur Abteilung gehören mehr als 30 Personen. Die meisten kenne ich bereits aus meiner früheren Berufslaufbahn, somit sind da Kollegen und Kolleginnen dabei, mit denen ich auf ganz anderer Ebene schon gearbeitet habe. Aber natürlich gibt es auch welche, die ich bisher nicht kannte, da ist es dann wirklich ein Kennenlernen. Wer bist du eigentlich? Und was machst du? Was für mich neu ist, dass man nun in einer neuen Rolle auf Bekannte und auch auf Unbekannte trifft. Es ist ja ein Unterschied, ob ich Kollege oder jetzt auch Dienstvorgesetzter bin. Es ist gut, wenn man auf den Schirm hat, dass man jetzt eine andere Rolle innehat.

Haben Sie Pläne und Ziele für die ersten Wochen in Ihrem neuen Amt?

Bauer: Ich habe mir fest vorgenommen, mir die ersten Wochen viel Zeit zu nehmen, um Einzelgespräche zu führen, um die berufliche Biografie und Arbeitsfelder meiner Mitarbeitenden kennenzulernen. Was macht ihnen Freude? Wo sehen sie im Moment Herausforderungen? Was fällt schwer? Was bereitet ihnen Sorge, wenn sie an die gesamtkirchliche Situation denken? Natürlich haben wir nicht die Zeit, uns nur kennenzulernen, gleichzeitig passieren ja auch bereits Dinge, die in der Abteilung laufen müssen. Zusätzlich bin ich nicht nur für Einzelpersonen im Team zuständig, sondern auch für feste Gruppen und Arbeitsgemeinschaften. Das sind Kollegen, die jetzt nicht alle hier im Haus sitzen. Die sind über das ganze Bistum verteilt. Auch dort hinzugehen und ein Gefühl zu kriegen: Wo arbeiten sie? Wie sieht es da aus? Was brauchen sie gerade?

Das zweite ist, dass ich aus der Fülle der verschiedenen Themen die Aufgaben priorisieren möchte. Wo braucht es mich stärker als Leiter der Abteilung? Wo braucht es mich am Notwendigsten mit meiner Rolle? Wo wäre es schön, wenn man dabei sein könnte?

Ich erlebe die Abteilung wie einen großen Garten mit vielen verschiedenen Blumenbeeten. Da gibt es die Rosen, die Margeriten und so manche Blumen, mit denen ich inhaltlich sehr vertraut bin, weil das Beete waren, in denen ich bisher unterwegs war. Dann sind aber auch Blumenbeete dabei, die für mich neue Entdeckungen sind, wo ich bisher noch wenig Berührungspunkte hatte. Für diese habe ich jetzt auch Verantwortung. Ich muss herausfinden, welche Blumenbeete meine Unterstützung brauchen und wer hier die Gärtner sind. Diesen Gesamtüberblick erstmal zu kriegen, da bin ich noch dabei.

Wie wollen Sie die Abteilung in Zukunft führen?

Bauer: Es wäre anmaßend zu sagen, ich wüsste jetzt schon wirklich im Detail Bescheid und kann sagen, wie es im Garten ganz konkret weitergehen soll. Das kann ich erst, wenn ich vertrauter bin, dann kann ich sagen, ich hätte eine Idee, wie man es vielleicht anders machen kann oder wie man vielleicht auch neue „Züchtungen“ unterstützen kann. Blumen, die vielleicht noch gar nicht im Garten sind, irgendwie versuchen zu pflanzen. Das ist mir ein wichtiges Anliegen gewesen, auch für die Bewerbung auf die Stelle, weil ich glaube, wenn wir nur weiter die Felder bedienen, die wir bisher bedient haben, haben wir keine gute Zukunft. Wir müssen auch Neues wagen. Es ist ja kein Geheimnis, dass vieles von dem, was in der Vergangenheit war, so nicht weiterbestehen wird. Ich würde gerne diese Zeit des Umbruchs mitgestalten. Ich bin nicht angetreten, um das Ende zu verwalten und irgendwann abzuschließen. Sondern ich würde gerne den Garten umbauen, schauen, welche Früchte in dem Garten sind, diese weiter pflegen. Pflänzchen, die schon fast vertrocknet sind, versuchen wir nicht weiter mit hohem Druck am Leben zu erhalten. Sinnvoller ist es unsere Kraft und Power in Pflanzen zu investieren, die eine Zukunft haben. Ich habe Lust am kreativen Denken und daran, Neues auszuprobieren. Und das möchte ich in Zukunft tun: Mitdenken und Mitgestalten.

Was sind Ihre neuen Aufgaben hier als Leitung im Bereich Seelsorge in Pfarrei und Lebensräume?

Bauer: Die Hauptaufgabe sehe ich darin, die Verantwortung mitzutragen und mitzuhelfen, dass wir uns so aufstellen, dass wir eine Zukunft haben. Es braucht viel Vernetzung und es muss ein gemeinsamer Weg gestaltet werden. Ich verstehe meine Rolle als Netzwerker. Sicherzustellen, dass die einzelnen Dinge, die wichtig sind, in einem gemeinsamen Konzept zusammenkommen. Ich versuche, transparent zu kommunizieren. Dass möglichst alle mitgenommen werden und auch nachvollziehen können, warum Entscheidungen getroffen werden. Aber: Um gute Entscheidungen zu treffen, brauche ich auch die Hilfe meiner Kollegen und Kolleginnen. In dem Sinne würde ich gerne Leitung wahrnehmen, als Partizipation, dass möglichst alle mitgenommen sind und sich möglichst viele beteiligen können an den wichtigen Fragen.

Auf welche Herausforderungen sind Sie bis jetzt gestoßen?

Bauer: In den vielen Gesprächen, die ich bis jetzt geführt habe, taucht immer wieder das Thema auf „Wie geht es weiter mit den geringer werdenden Ressourcen, finanziell aber auch personell?“. Wie wollen wir damit umgehen? Schrumpfen alle Beete immer weiter weg? Oder ist jetzt tatsächlich der Zeitpunkt zu sagen, wir können nicht mehr alle Beete bedienen? Wir müssen uns spezialisieren.

Wie stellen Sie sich Kirche in der Zukunft vor?

Bauer: Das ist eine super Frage, auf die es aber keine so klare Antwort gibt. Ich glaube, dass wir erst mal weiter schrumpfen werden. Es wäre Utopie zu denken, dass wir in naher Zukunft das Ruder rumreißen. Ich glaube, dass wir uns hin zu einer Kirche entwickeln werden mit Menschen, denen es so wichtig ist, ihr Christsein in Gemeinschaft mit einander zu leben, dass sie sich weiter engagieren. Ich glaube, dass die Kirche der Zukunft eine Kirche der Ehrenamtlichen sein wird, mit wenigen Hauptamtlichen zur Unterstützung. Und das ist ein Bereich, den wir jetzt ernst nehmen müssen und wo wir uns auch engagieren sollten. Dass Ehrenamtliche alle Unterstützung kriegen, dass sie auch diese Verantwortung übernehmen können. Früher waren die Ehrenamtlichen die Unterstützer für die Hauptamtlichen, das müssen wir umkehren: Hauptamtliche werden immer mehr zu den Unterstützern für die Ehrenamtlichen.

 

Zum Hintergrund:

In der Abteilung Seelsorge in Pfarrei und Lebensräumen laufen viele Thematiken zusammen. Unter anderem werden Angebote gestaltet für Ehrenamtliche, in den Gemeinden vor Ort. Außerdem gehören zudem die Referate für Seelsorge in Kindertageseinrichtungen sowie die Familienbildungsstätte in Pirmasens.

 

Text: Fabienne Witte