Donnerstag, 19. Dezember 2024

„Jedes Gespräch ein kleiner Schutzschirm“

Astrid Martin 

Telefonseelsorge: Für die Menschen da – auch an Weihnachten

Kaiserslautern. Konstant unterstützen in ganz Deutschland mehr als 7.700 ehrenamtlich bei der TelefonSeelsorge Engagierte ratsuchende Menschen. 85 davon beraten Menschen von Kaiserslautern aus. Sie tun das am Telefon und in der Mail- und Chatseelsorge. Eines der häufigsten Sorgenthemen der Menschen ist Einsamkeit.

„Seit Jahren ist Einsamkeit das am häufigsten genannte Thema in der telefonischen Beratung“, sagt Astrid Martin, katholische Leiterin der TelefonSeelsorge Pfalz. „Im Jahr 2023 nahmen 22,5 Prozent der Telefonate dieses Thema auf. Bei Mail und Chat war Einsamkeit nicht Spitzenreiter, aber auch hier klagten 8,9 (Mail) bzw. 10,3 Prozent darüber.“

Das Thema erfährt zurecht inzwischen gesellschaftspolitische und mediale Aufmerksamkeit. Während der Pandemie schien es naheliegend, dass sich Menschen isoliert und einsam fühlten. Seither klagen jedoch deutlich mehr Menschen als vor der Pandemie über Einsamkeit. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) stellt in einer Studie aus dem Sommer 2024 fest, dass Einsamkeit auch in Erhebungen aus dem Winter 2023 in Umfragen deutlich häufiger genannt wurde. Fast ein Drittel der 18- bis 53-jährigen fühlt sich phasenweise einsam.

„Einsamkeit kann gravierende gesundheitliche und psychischen Folgen haben. Von daher ist jedes Gespräch, das unsere Engagierten mit einsamen Menschen führen, wie ein kleiner Schutzschirm. Und wenn es stimmt, dass einsame Menschen krankheits- und suchtanfälliger sind, häufiger zu Misstrauen neigen und offener für Verschwörungserzählungen sind, dann ist der gesellschaftspolitisch relevante Nutzen unserer Arbeit nicht zu vernachlässigen“, erklärt Pfr. Peter Annweiler evangelischer Leiter der TelefonSeelsorge Pfalz.

Es sei aber auch klar, dass die TelefonSeelsorge das Grundproblem nicht lösen kann. „Unser Konzept ist die Beratung von Menschen in akuten Krisen. Parallel begleiten unsere Beraterinnen und Berater längst auch insbesondere einsame Menschen, die sich immer wieder an uns wenden, und lindern deren Not. Um der Einsamkeit abzuhelfen, ist das gemeinsame zugewandte Handeln von viel mehr Menschen nötig, seien diese in sozialen Organisationen tätig oder ganz einfach achtsame Nachbarn, Freundinnen oder Familienmitglieder“, so Peter Annweiler weiter.

Neben dem Thema Einsamkeit, sind aktuell Fragen bezüglich der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage ein großes Thema bei der TelefonSeelsorge, berichtet Astrid Martin. So ist es beispielsweise für Patchwork-Familien eine Riesenherausforderung all den unterschiedlichen Bedürfnissen in Ihrem erweiterten Familiensystem gerecht zu werden. Das kann nur gut gelingen, wenn diese Bedürfnisse im Vorfeld kommuniziert worden sind. Oft werden Ängste und Bedenken diesbezüglich mit den Mitarbeitenden der TelefonSeelsogre geteilt und besprochen.

Ein weiteres schweres Thema ist, wenn Anrufende im Laufe des letzten Jahres einen lieben Menschen verloren haben. Das bevorstehende Weihnachtsfest setzt wohlmöglich schmerzende Erinnerungen frei. Diese brauchen Raum und dürfen ausgesprochen werden. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein zu fragen: Was möchten Sie denn beibehalten, was wird Ihnen gut tun an Weihnachten und auch was möchten Sie aufgrund dieser Situation dieses Jahr unbedingt vermeiden oder anders gestalten und wie kann dies gelingen? Was brauchen Sie dazu?

Auch dieses Jahr ist die TelefonSeelsorge an Weihnachten erreichbar. Die Leitungen sind wie immer 24h 7 Tage die Woche besetzt: „Ich übernehme am 26.Dezember einen Dienst“ berichtet Erich Hach, ehrenamtlicher Mitarbeiter der TelefonSeelsorge Pfalz und 1.Vorsitzender des Freundes- und Fördervereins. Das ist nicht ganz einfach zu organisieren, denn auch ich bin an Weihnachten gerne mit meiner Familie zusammen. Gleichzeitig sehe ich wie wichtig es ist, dass Menschen gerade an diesen sensiblen Tagen die Möglichkeit haben, mit der TelefonSeelsorge zu sprechen. Deshalb mache ich seit Jahren an einem der Weihnachtsfeiertage Dienst. Ich fühle mit den Menschen, die mich erreichen und versuche Ihnen eine Stütze zu sein.

Hintergrundinformation:
Die TelefonSeelsorge ist in über 100 Städten oder Regionen deutschlandweit tätig. Ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende stehen ganzjährig rund um die Uhr am Telefon zur Verfügung. Alle Beratungsangebote, also Telefon, Chat- und Mail sowie die Vorort-Beratung, sind anonym und kostenfrei.

Mit der kostenlosen App „KrisenKompass“ bietet die Telefonseelsorge auch Hilfe zur Selbsthilfe bei depressiven Gefühlen und Suizidgedanken für Betroffene und Angehörige.

Dank der Unterstützung der Deutschen Telekom sind die Telefonnummern 0800/1110111 und 0800/1110222 seit 1997 gebührenfrei. Die TelefonSeelsorge Pfalz ist in gemeinsamer Trägerschaft des Bistums Speyer und der Evangelischen Kirche der Pfalz.

Der Förderverein der TelefonSeelsorge Pfalz ermöglicht den Mitarbeitenden weitere intensive Schulungen zu unterschiedlichen psychologischen Themen und in der Suizidprävention. Spenden sind jederzeit sehr willkommen:

Freundes- und Förderkreis der TelefonSeelsorge Pfalz e.V.

IBAN: DE29 5405 0220 0000 5968 33

BIC: MALADES1KLK