Dienstag, 28. Mai 2019
Neubau der Tagesförderstätte St. Paulus Stift Herxheim eingeweiht
Gottesdienst und Feier mit Bischof Karl-Heinz Wiesemann
Herxheim. Zahlreiche Besucher nahmen am Montag an dem Gottesdienst und der Einweihungsfeier des Neubaus der Tagesförderstätte St. Paulus Stift Herxheim mit Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann teil. Das neue Gebäude bietet 26 Plätze und blieb mit 1,9 Millionen Euro im Kostenrahmen. Es war die erste von zwei Gedenkfeiern im 100. Todesjahr des Paulusstift-Gründers Jacob Friedrich Bussereau.
Im Festzelt begrüßte Dr. Norbert Weis vom Stiftungsrat der Bussereau Stiftung die Gäste, darunter viele kirchliche Vertreter und Politiker, Architekten und Firmen sowie Sponsoren, die er teils namentlich willkommen hieß. Sein Gruß galt auch der Kongregation der Schwestern des Hl. Paulus sowie Gästen, Mitarbeitern und Besuchern der Tagesförderstätte. Zusammen mit Bettina Rieger, caritativ-pädagogischer Vorstand, moderierte er den musikalisch schön gestalteten Gottesdienst mit Bischof Wiesemann.
In seiner Predigt verwies der Bischof auf den Appell „Einer trage des anderen Last“. Dies sei das Gesetz der Liebe und Zuwendung zum Nächsten, das aus dem Glauben erwachse. Er verleihe die Kraft „dass wir aus dem Schatten springen und andere groß machen“. So ein Handeln gebe nicht nur dem anderen, sondern auch einem selbst Würde, hob der Bischof hervor. Im 100. Todesjahr des Gründers Jacob Friedrich Bussereau gedenke man mit dieser Feier diesem Pionier, der Menschen mit Behinderung aus ihren Verstecken holte und sie sichtbar machte in der Gesellschaft. Diesen Menschen Halt zu geben und Geborgenheit zu bieten sei der Kern sozialer Einrichtungen, wie auch bei dieser Einrichtung der Behindertenhilfe, verdeutlichte Wiesemann. Hier würden mit einem modernem Angebot Menschen in Würde und individuell gefördert. Dabei biete die Stiftung den Rahmen, aber die Menschen, die sich täglich dafür einsetzten, gebühre besonderer Dank, hob der Bischof hervor. Er betonte auch den Verdienst von Maria Dudenhöffer, engste Vertraute des Prälats und Erste Leiterin der Paulusschwestern. Wiesemann dankte allen Mitwirkenden und den am Neubau Beteiligten und wünschte, dass der „gute Geist des Hauses“ erhalten bleibe. Dann segnete er das neue Gebäude.
Neubau bietet mehr Platz
Der Flachbau auf 640 Quadratmetern Fläche in der Speyerer Straße bietet nun vier Gruppen Raum, darunter einer neuen Gruppe mit acht Ganztagsplätzen. Insgesamt bietet der Neubau 26 Plätze, wobei sich die Gesamtzahl in der Einrichtung von 60 auf 68 Plätze erhöht. Nötig geworden war der Umzug, weil die Kapazitäten im Haupthaus nicht mehr reichten, es insbesondere im Keller und Dachgeschoß zu eng wurde. Der lichte, ebenerdige und barrierefreie Neubau weist fünf großzügige Gruppenräume auf, einer davon ist Mehrzweck- und Rückzugsraum. Bodentiefe Fenster und Türen geben im Süden den Blick auf die Terrasse und Begrünung frei.
Der zusätzliche Neubau der seit 20 Jahren bestehenden Tagesförderstätte des St. Paulus Stifts für schwerstbehinderte Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen kostete, wie veranschlagt, 1,9 Millionen Euro. Das Land Rheinland-Pfalz steuerte 508.000 Euro bei, von der Aktion Mensch kamen 140.000 Euro, benannte Projektleiterin und interne Architektin Susanne Stockerer, die zwei größten Zuschussgeber. Lob erhielt sie dafür, dass die Kosten im geplanten Rahmen blieben.
Die Bauzeit gab der externe Architekt Michael Humbert, Germersheim, mit rund 14 Monaten an, Richtfest war Ende August letzten Jahres. Dr. Weis dankte allen Sponsoren und Beteiligten, von Behörden über Planung- und Bautechnik bis hin zu den ausführenden Firmen und den Verantwortlichen im Haus, besonders Bettina Rieger, Natascha Lettner, Geschäftsbereichsleiterin der Tagesförderstätte, und Manfred Krüger, Bereichsleiter der Einrichtung.
Rückblich auf die Anfänge
Schwester Gabriele, eine von 15 Schwestern im St. Paulus Stift und Mitglied im Stiftungsrat, blickte in ihrer Rede „Was wäre wenn“ zu den Anfängen der Stiftung zurück , wo die Mitstreiterinnen Bussereaus ihr ganzes Vermögen in eine ungewisse Zukunft einbrachten - allen voran seine Seelenverwandte und größte Stütze, Maria Dudenhöffer.
„Was wäre das Paulus Stift ohne die Frauen?“, fragte Schwester Gabriele und hob auf das beherzte Engagement, den Mut und großen Einsatz ab, in und für die Einrichtung wie sie der Prälat wollte – die ein Leben in Würde ermöglichte und keine „Fütterungsanstalt“ im Sinne von satt und sauber war. Auch auf die stete Entwicklung und Erweiterung der Tagesförderstätte seit ihrer Gründung 1998, ging die Schwester ein. Aus der einst kleinen Pflanze sei ein prächtiger Baum geworden, sagte sie und übergab zur Einweihung einen Maulbeerbaum als Platane, die später auf der Grünfläche des Neubaus eingepflanzt wurde. Weiter überreichte sie Bettina Rieger ein handgetöpfertes Kreuz „als Symbol der Verbundenheit mit den Paulusschwestern“.
Nach einfühlsamen Lied- und Musikbeiträgen und manch gewitzten Kurzkommentaren des jungen Besuchers Marcel Brandt, der von Rieger zur Mitmoderation ermuntert wurde, gab MdB Dr. Thomas Gebhart in seinem Grußwort zu verstehen, dass es „eine Selbstverständlichkeit werden muss, dass wir Menschen mit Behinderung weitestgehend in unser Leben einbeziehen“. Hier spüre man diesen besonderen Geist, pflichtete er dem Bischof bei und dankte den Beteiligten. Hedi Braun, Herxheims VG-Bürgermeisterin, erinnerte an das Richtfest Ende August 2018 und gratulierte „zu dem gelungenen Neubau“, der wie bisher eine „Herzensangelegenheit“ für Leitung und Mitarbeiter sein möge. Sie wünschte gutes Gelingen in einem Zuhause der Fürsorge und des Vertrauens.
Ortsbürgermeister Franz-Ludwig Trauth war sicher, dass sich Bussereau freuen würde, könnte er erleben, wie seine Idee fortwirke, Menschen mit Behinderung aus ihrer Isolation zu holen und zu fördern. „Diese Investition lohnt sich“, die Mitarbeiter hätten eine hohe Kompetenz, sie würden außerdem nicht nur geben, sondern nähmen auch etwas mit durch ihre tätige Nächstenliebe. Rolf Bernhart, ein betroffener Vater und Externer, freute sich über das Ende des Provisoriums und machte weitere Vorschläge „zur besseren Verzahnung“.
Unter den weitgereisten Gästen war auch Schwester Basil, die Leiterin der Paulusschwestern in Südafrika, die derzeit hier zu Gast ist. Rieger, die Glückwünsche per Mail aus Neuötting verlas und noch viele Geschenke entgegennahm, lud nach dem beschwingten Abschlusslied „Gut, dass wir einander haben“ zur Besichtigung des Neubaus, zu Musik, Party und Imbiss im Freien ein. Und machte neugierig auf das traditionelle Sommerfest am Sonntag, 30. Juni, wo es auch eine „Zeitreise“ in die 1920er Jahre geben soll, samt historischem Markt, einer Modenschau, Aktionsständen, Tänzen und Bands.
Text und Foto: Maria Hirsch
