Dienstag, 27. September 2016
Brot und Wein und Geld und Zeit

Der Geistliche Begleiter der Caritas-Konferenzen Deutschlands, Prälat Dr. Stefan Dybowski, bei der Jahresversammlung des "Forums Caritas Ehrenamt"
Jahresversammlung des Forums Caritas Ehrenamt in Pirmasens
Pirmasens. In einem Gedicht, dass Wilhelm Busch zugeschrieben wird, heißt es: „Willst du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt dir geben.“ Für Menschen, die in ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten aufgehen, mit offenem Herzen für andere da sind, wären diese Zeilen womöglich ein Grund, den Humoristen aus dem heimischen Bücherregal zu verbannen. Das „Forum Caritas Ehrenamt“ in der Diözese Speyer hielt am Samstag, 24. September im Nardinihaus Pirmasens seine Jahresversammlung ab, der rege Austausch widerlegte des Dichters Verse, ohne das christliche Ehrenamt schön zu färben. Die Probleme in den einzelnen Gemeinden wurden klar angesprochen. Die ehrenamtlich Tätigen wurden vom geistlichen Begleiter der Caritas-Konferenzen Deutschland, Prälat Dr. Stefan Dybowski ermutigt, engagiert weiter zu machen, sich den Veränderungen in Kirche und Gesellschaft zu stellen.
Der aus Berlin angereiste Geistliche erzählte vom Besuch Papst Benedikts 2011 im Berliner Olympiastadion. Rund 80 000 Menschen hätten damals das Lied „Eingeladen zum Fest des Glaubens“ gesungen. Dybowski griff im Nardinihaus zum Akkordeon und ließ eben dieses Lied singen. Die Forums-Teilnehmer wussten aus ihrer täglichen Arbeit, was „....und dort lernten sie zu teilen, Brot und Wein und Geld und Zeit...“ bedeutet. Es ist eine Arbeit, die fordert und auch frustrierend sein kann. Diakon Jürgen Rubeck aus dem siebenköpfigen Leitungsteam der Interessenvertretung brachte das Bild der „in sich geschlossenen Blase“, in der man als kirchlich engagierter Mensch lebe. Die Kälte in der Gesellschaft habe deutlich zugenommen, für kirchliches Leben fehle oft jegliches Verständnis. Rubeck nannte als Beispiel die junge Familie, die ihre Kinder zwar wie selbstverständlich taufen lasse, Gottesdienstbesuche aber strikt ablehnt.
„Es ist oft so, als fehle einem der Zugriff auf die Welt“, machte Rubeck deutlich. Das zustimmende Nicken in der Tischrunde war vielsagend. Ein anderer Ehrenamtler berichtete vom umgekehrten Fall, von Fremden, die in eine Gemeinde kämen und zunächst mal eine eher abwehrende Haltung erlebten. „Sie sehen, dass man ihnen den Rücken zudreht.“ Der Prälat aus der Hauptstadt konnte mit diesen Beispielen viel anfangen, er kannte sie aus vielen Diözesen. Dybowski ermunterte das Forum, weiter beherzt auf die Menschen zuzugehen.
Brigitte Siring aus Böhl tut genau dies in der Pfarrei St. Clara von Assisi neben Beruf und Familie. Die jüngst 50 Jahre alt gewordene Diplom-Betriebswirtin habe nach dem Erwachsenwerden des Sohnes vor der Frage gestanden, ob sie aus ihrer Teilzeit- wieder eine Vollzeitberufstätigkeit machen solle. Das wäre aber zu Lasten ihres Ehrenamts in der Kirchengemeinde gegangen. „Man überlegt sich, was wichtiger ist“, meinte Siring. Beruflicher Erfolg müsse gegen den ideellen Gewinn der caritativen Arbeit abgewogen werden. „Mir bringt die Dankbarkeit, die mir entgegenkommt, viel mehr, als mögliche Bonis im Beruf“, machte sie klar. Siring stellte fest, dass sich die personellen Strukturen in der ehrenamtlichen Gemeindearbeit doch sehr verändert haben. Früher sei es ein typisches Bild gewesen, dass sich Hausfrauen in der Kirche engagiert hätten. Diese Frauen hätten mittlerweile ein hohes Alter erreicht, ohne dass in angemessener Zahl jüngere Semester nachgewachsen wären. Man könne durchaus von einer Überalterung sprechen, wie man es auch bei vielen Vereinen feststelle. Dabei sei eine solche Tätigkeit doch höchst erstrebenswert. Sich zu engagieren, diene der eigenen Wertebestimmung, schaffe Glücks-Momente im Alltag.
Sirings Einschätzung wurde von Christian Paulus aus der Großpfarrei Hl. Maria Magdalena in Klingenmünster voll geteilt. Der 65-jährige Lehrer ist kürzlich in den Ruhestand getreten, für seine Besuchsdienste in der Pfarrei dürfte er jetzt folglich noch mehr Zeit haben. Paulus gehörte 2002 zu den Gründungsmitgliedern des Forums, er bewertete die Entwicklung der Interessenvertretung als ausgesprochen positiv. „Ich bin schon stolz, dass wir dieses Forum geschaffen haben“, sagt er. Als kirchlicher Ehrenamtler habe man sich vorher doch als eine Art „Einzelkämpfer“ betrachten müssen. Dass mittlerweile Ansprechpartner da seien, helfe enorm. Diese Vernetzung motiviere zum Weitermachen. Trotz aller Probleme durch gesellschaftliche Veränderungen.
Text: Thomas Brunner / Foto: Martin Seebald