Dienstag, 05. Juli 2016
Aus guten Gründen auf der Flucht

Domkapitular Karl-Ludwig Hundemer (Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Speyer) und Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer
Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer besucht misso-Truck
Blieskastel. “Sehr beeindruckend”, urteilte die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer über den missio-Truck, der eine multimediale Mitmach-Ausstellung beherbergt, die sich mit dem Thema „Menschen auf der Flucht“ beschäftigt. Der Truck, der vom Internationalen Katholischen Missionswerk „missio“ entwickelt wurde, ist aktuell im Gebiet der Diözese Speyer unterwegs. Die Ministerpräsidentin nutzte den Stopp des missio-Trucks in Blieskastel, um sich die Ausstellung anzuschauen und auf die zu leistenden Aufgaben der Integration hinzuweisen.
Die Lebensumstände, die persönliche Situation von Flüchtlingen, werden in dem 20 Meter langen Truck an verschiedenen Stationen genau nachgezeichnet. Die Ausstellung soll dazu beitragen, dass die Menschen in Deutschland besser verstehen, warum sich Menschen entschließen, ihre Heimat zu verlassen und sich auf teils sehr gefährliche Fluchtrouten begeben. Sie alle treibt der Traum von einem besseren Leben, einem Leben in Frieden und Freiheit.
Kramp-Karrenbauer, die das Projekt unterstützt, machte sich auf den Spuren der 28-jährigen Studentin Christelle aus dem Kongo auf den virtuellen Weg durch die Ausstellung. „Wahrscheinlich weil sie die Älteste war“, erklärte Kramp-Karrenbauer, warum sie sich entscheiden hatte, im missio-Truck den Weg der 28-jährigen Medizinstudentin, die bereits eine Ausbildung als Krankenschwester hat, nachzugehen. Teilweise habe sie Gänsehaut bekommen, gestand die Ministerpräsidentin nach dem Rundgang. Gemeinsam mit Blieskastels Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener hatte sie den Truck begangen und sich an den sechs Stationen, die der Truck beherbergt, die Welt mit den Augen Christelles angesehen. Es sei sehr beeindruckend, dass in einem Fahrzeug solche Lebensrealitäten erzeugt werden können, sagte die Ministerpräsidentin zur Ausstellung.
„Wir alle sind oft leichtfertig mit unserem Urteil und haben keine Vorstellung von den Lebensumständen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge“, befand Kramp-Karrenbauer. Das möchte der missio-Truck mit seiner Ausstellung verändern.
Im Rahmen der bistumsweiten Aktion „Teile und helfe“, die das Bistum Speyer und sein Caritasverband im Jahr 2015 ins Leben gerufen haben, um Flüchtlinge zu unterstützen, ist der missio-Truck derzeit unterwegs. Er soll auf die Gründe für Flucht aufmerksam machen und in den Kommunen, in denen er Station macht, darauf hinweisen, welche gute Arbeit geleistet wird, um Flüchtlingen zu empfangen.
„Viele Ehrenamtliche begleiten geflüchtete Menschen auf ihrem Weg in Deutschland“, verdeutlichte Domkapitular Karl-Ludwig Hundemer, der Vorsitzende des Caritasverbandes für die Diözese Speyer. „Eine große Bürgerbewegung zum Wohle der Menschen, die in schwerer Not sind, ist entstanden“, würdigte Hundemer das Engagement von Bürgern und Wohlfahrtsverbänden. Das gelte auch im Saarland, wo das Thema „unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge“ die Helfer vor große Herausforderungen stelle. Auch wenn das Thema Flüchtlinge in den vergangenen Wochen etwas aus den Schlagzeilen geraten sei, „die Aufgabe läuft weiter“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin. Die Menschen, die gekommen seien, seien gut aufgenommen worden. Jetzt gelte es, sie gut zu integrieren. Das sei ein großer Kraftakt.
Kramp-Karrenbauer und Hundemer gingen auch darauf ein, dass es neben der Vielzahl von Helfern auch eine andere Realität in Deutschland gebe, die nicht verschwiegen werden dürfe. „Es gibt nicht nur die Willkommenskultur“, sagte Kramp-Karrenbauer mit Blick auf die Menschen, die Ressentiments gegenüber Flüchtlingen hegen und Ängste haben. „Auch da löst der Truck Diskussionen aus und es ist wichtig, dass wir diese Diskussionen führen“, verwies Kramp-Karrenbauer auf eine weitere wichtige Aufgabe, die mit dem missio-Truck erfüllt wird. Dass es nicht nur Menschen gibt, die die Willkommenskultur pflegen, diese Erfahrungen können die pädagogischen Begleiter von „missio“, Tété Agbodar aus Togo und Pia Strunck aus Münster, die Besucher durch die Ausstellung begleiten, bestätigen: „Diese Diskussionen führen wir auch täglich“. Die überwiegende Mehrheit der Besucher sei aber offen für die Erfahrungen, die die Ausstellung biete und für das, was Kramp-Karrenbauer mit Nachdruck forderte: „Es ist wichtig, sich ein eigenes Bild zu machen“.
Text / Foto: Andrea Daum