Mittwoch, 16. November 2016
Modellprojekt für wohnungslose Frauen geht an den Start
Caritas begleitet und unterstützt fünf Frauen in drei Wohnungen
Ludwigshafen. Ab Mitte November ist es soweit, dann zieht die erste wohnungslose Ludwigshafener Frau in eine Wohnung. Insgesamt fünf Plätze für wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen gibt es in dem Modellprojekt unter der Verantwortung des Caritas-Förderzentrums St. Martin Ludwigshafen. Bis zum Jahresende sollen alle fünf Plätze belegt sein.
„Es gab bisher in Ludwigshafen kein stationäres Wohnangebot für Frauen, die ihr Zuhause verloren hatten“, erklärt der Referent für Soziale Sicherung des Caritasverbandes für die Diözese Speyer, Wolfgang Grill. Frauen, die im Caritas-Förderzentrum um einen Übernachtungsplatz baten, konnten nur in preiswerten Pensionen für wenige Tage untergebracht werden. Eine weitergehende Unterstützung bekamen sie jedoch nicht. Das wird sich nun ändern. „Das Land setzt mit uns ein Modellprojekt über 30 Monate um. Es geht um ein dezentrales stationäres Wohnen für Frauen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten“, erläutert Grill.
Das Land Rheinland-Pfalz hat das Ziel, das Angebot in der Wohnungslosenhilfe zeitgemäß auszudifferenzieren. Deshalb hat das Ministerium für Soziales zum 1. November an drei Standorten 12 zusätzliche Plätze eingerichtet.“ Dies sind neben den fünf in Ludwigshafen noch sieben weitere Plätze in Lahnstein und Kottenheim. „Alle Plätze sind organisatorisch an einer stationären Einrichtung angebunden, die Wohnungen sind verstreut im Stadtgebiet angemietet. Zusätzliche Mitarbeiter sind für die Beratung und Betreuung der Frauen verantwortlich.“
In Ludwigshafen haben der Einrichtungsleiter des Caritas-Förderzentrums St. Martin, Stefan Syren, und die Mitarbeiterin Petra Grünfelder drei Wohnungen gefunden, in denen die fünf Plätze angeboten werden. Katja Nieske wird die Unterstützung und Begleitung der Frauen übernehmen. Die Wohnungen werden möbliert durch den Caritasverband und mit Hilfe einer 10 000 Euro Spende der BASF-Sozialstiftung.
Die Maßnahme selbst finanziert das Land. Die Frauen werden nach dem Bezug der Wohnung beim Job-Center angemeldet, welches dann die Kosten der Unterkunft bezahlt und 404 Euro Regelsatz. „Davon bezahlen die Frauen dann ihren Eigenanteil an uns“, erklärt der Caritas-Referent.
Die Frauen erarbeiten gemeinsam mit einer Sozialpädagogin einen Teilhabe- und Hilfeplan und definieren ihr Ziel. „Unsere Mitarbeiterin begleitet die Frauen bei Behördengängen. Jede Frau erhält sozialpädagogische Beratung plus ein hauswirtschaftliches Training, denn die Frauen sollen möglichst rasch lernen, wieder selbst einzukaufen, sich ihre Mahlzeiten zuzubereiten, ihre Wäsche zu waschen und die Wohnung in Ordnung zu halten“, beschreibt Wolfgang Grill das Konzept. Ziel sei, dass die Frauen nach 12 bis 15 Monaten in die Verselbstständigung gehen können. Wenn das Projekt optimal verlaufe, würde das am Ende bedeuten, die Frauen könnten in dieser Wohnung bleiben und das Caritas-Förderzentrum würde für die nächste Frau eine neue Wohnung finden. „Das ist ein amerikanisches Konzept und nennt sich ,Housing First‘“, sagt Grill. „Es soll den Frauen einen großen Motivationsschub geben, von Anfang an zu wissen, dass das jetzt tatsächlich ihre Wohnung ist und sie hier mit einem neuen Start beginnen können“, sagt Grill.
Für das Konzept des dezentralen stationären Wohnens haben die Caritas-Mitarbeiter Frauen im Blick, die noch nicht allzu lange auf der Straße gelebt haben und bei denen sich noch keine hochkomplexen Multiproblemlagen entwickelt haben. „Es ist ein gutes Konzept für Frauen, die man in der Entwicklung ihrer Ressourcen unterstützen kann und die motiviert sind. Die Kooperation mit Frauenhäusern, psychiatrischen Kliniken, unserem Caritas-Zentrum in Ludwigshafen und der Wohnraumsicherungsbehörde der Stadt ist selbstverständlich gegeben“, berichtet Grill.
Das Projekt wird – ebenso, wie die beiden anderen neuen Projektstandorte des Landes – wissenschaftlich begleitet von der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung GISS. In der Evaluation werden die Fortschritte der Frauen verglichen mit einer Kontrollgruppe wohnungsloser Frauen in einer stationären Einrichtung der Wohnungslosenhilfe ohne dezentralen Ansatz.
Text: Caritasverband für die Diözese Speyer