Donnerstag, 08. Februar 2024
Demokratiefeindlichen Strömungen auf der Spur
Studientag der Gruppe „Frauen wagen Frieden“
Bad Dürkheim. Gerechtigkeit, Gleichwertigkeit und Gleichwürdigkeit aller Menschen, egal, welchen Geschlechts oder welcher Hautfarbe, egal ob gesund oder behindert. Das macht in den Augen von Claudia Kettering Demokratie aus. Die Referentin in der Evangelischen Frauenarbeit eröffnete mit einer kurzen Andacht, in der der Segensauftrag, ein in der Bibel zu findender urdemokratischer Auftrag, im Mittelpunkt stand, die ökumenische Veranstaltung „Demokratie in Gefahr?!“. Dazu hatte die Gruppe „Frauen wagen Frieden“ in das Martin-Butzer-Haus in Bad Dürkheim eingeladen. Knapp 50 Frauen und Männer waren gekommen.
Uwe Albrecht, Referent beim Alfred-Bender-Zentrum, St. Wendel, erläuterte in seinem Vortrag das Demokratieprinzip: Es fußt auf der Anerkennung von Wahlen und Mehrheitsentscheidungen bei gleichzeitigem Minderheitenschutz. Die Grundlage dafür bildet der Artikel 1 des Grundgesetzes, nach dem die Würde des Menschen unantastbar ist. Demokratie funktioniert, wenn gute Kommunikation gelingt, wenn Menschen eingebunden und nach ihren Bedürfnissen befragt werden, wenn sie mitbestimmen können.
Obwohl Demokratie zu den besten Regierungsformen zählt, ist sie auch hierzulande nicht mehr sicher. Mehrheitsentscheidungen werden immer weniger anerkannt, Kompromisse lassen sich kaum noch schließen. Dafür verbreiten sich vom rechten Rand kommend demokratiefeindliche Einstellungen.
Rechtspopulisten und - in gesteigerter Form - die Rechtsextremisten arbeiten mit Feindbildern: „Wir gegen die – Muslime, Juden, Migranten“; seit der Pandemie zählen laut Albrecht auch Wissenschaftler und Journalisten dazu. Die liberale Gesellschaft ist ihnen ein Dorn im Auge. Vom Rechtsextremismus ist der Weg nicht weit zum rechtsextremen Terror. Darunter fielen Verschwörungstheorien wie die vom „Großen Austausch“ oder der „Großen Transformation“. Sie besagen, dass die Eliten schalten und walten werden, wenn das Ziel erreicht ist. Die Eliten wiederum sind vor allem die Juden. Gern würden Untergangsszenarien heraufbeschworen – schuld daran ist, so sagen sie, die aktuelle Politik.
In Gruppen erarbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mögliche Gegenmaßnahmen: Kindern demokratisches Verhalten beibringen, Mahnwachen organisieren, an Demos teilnehmen, Arbeitsgruppen oder Gremien, die sich für Demokratie und Freiheit einsetzen, unterstützen oder gründen und sich mit Gleichgesinnten vernetzen.
Rechtsextreme Parteien und Gruppierungen unterminieren nicht nur die Demokratie generell. Sie kämpfen gegen Liberalisierung und Emanzipation und für die Beibehaltung des Patriarchats. Unter dem Motto „Antifeministische Strömungen und das alltägliche Unrecht gegen Frauen“ zeigten Annette Heinemeyer, Gleichstellungsbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz, und Torsten Wilhelm, Geschäftsführer von Pro Familia, Kaiserslautern, deren Strategien auf.
„Feminismus geht alle an – alle, die gleiche Rechte, gleiche Freiheit haben wollen, unabhängig von Geschlecht, sexueller Identität, Aussehen, Herkunft und Fähigkeiten.“ Und „Feminismus ist der strukturelle Gegenentwurf zum Patriarchat.“ Anhand der Zitate von Margarete Stokowski und Kristina Lunz erklärte Heinemeyer Feminismus. Auch wenn das Streben nach Gleichberechtigung schon viele Früchte gezeitigt hat, gebe es immer noch viele Formen „alltäglichen Unrechts gegen Frauen“.
Antifeministische Bewegungen kommen massiv daher: Ihnen eigen ist Misogynie und Queerfeindlichkeit, sie sind gegen die sexuelle Selbstbestimmung, vertreten Familismus und Allmachtsvorstellungen. Konkret äußert sich der Antifeminismus in Falschinformationen, Herabwürdigungen, Forderung nach Abschaffung von Gleichstellungsstellen und Genderforschung sowie Verschwörungstheorien.
Zum Gegensteuer empfahlen Wilhelm und Heinemeyer, sich politisch zu engagieren, die Gleichstellungsarbeit stärken und Meldestellen nutzen. Wichtig sei, sich umfassend zu informieren, zu widersprechen, wo nötig und sich zu vernetzen.
Mit einem Segensgebet beendete Regina Wilhelm, Referentin im Fachbereich Arbeitswelt, den Tag. Für Begrüßung und Moderation zeichnete Bärbel Schäfer, Sprecherin der Gruppe Frauen wagen Frieden“, verantwortlich.
Text: Regina Wilhelm

