Donnerstag, 16. Juni 2016
„Pilotprojekt mit Modellcharakter“
Ehrenamtskoordinatiorin im Caritas-Zentrum Landau begleitet und unterstützt Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit - Stelle wird zu 80 Prozent von der Deutschen Fernsehlotterie finanziert
Landau. Flüchtlingsarbeit mit Ehrenamtlichen funktioniert dann am besten, wenn man mit einer überschaubaren Gruppe arbeitet, die Ehrenamtlichen persönlich kennt, weiß was sie machen und welche Hilfe sie dabei brauchen und sie dann gezielt schult und bei ihrer Arbeit unterstützt. Das haben Bruno Kühn, Leiter des Caritas Zentrums in Landau, und sein Team schnell erkannt. Diese Unterstützung muss idealerweise von Hauptamtlichen geleistet werden. Seit 23. Mai ist Alexandra Grünstäudl-Philippi nun im Caritas-Zentrum in Landau dafür zuständig. Die halbe Stelle, die sie bekleidet, wird zu 80 Prozent von der Deutschen Fernsehlotterie finanziert.
Die Stelle ist zunächst auf zwei Jahre befristet. Alexandra Grünstäudl-Philippi betreut rund 65 Ehrenamtliche aus der Region, die sich in mehreren Gruppen in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Vor einem Jahr hat das Caritas-Zentrum Landau mit der Landauer Orientierungs- und Schulungsreihe (LOS)begonnen. Diese Fortbildung für Ehrenamtliche beinhaltete fünf Module: Interkulturelle Kompetenz, die eigenen Sorgen im Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen, gesetzliche Vorgaben, Netzwerke und schließlich Reflexion und Begleitung.
Die Nachfrage war so groß, dass die Schulungsreihe Anfang dieses Jahres noch ein zweites Mal angeboten wurde. Insgesamt 137 Menschen haben daran teilgenommen, 65 sind bis jetzt dabei geblieben. Im Rahmen dieser Schulungen haben sich fünf Projektgruppen gebildet, die sich mit den Tätigkeitsfeldern Arbeitsmarktzugang, Sprache, Freizeit, Tandem – einer Eins-zu-eins-Betreuung - und dem Aufbau einer Internetplattform beschäftigen. Ein Ergebnis der Schulungsreihe war aber auch, dass sich rund drei Viertel der Teilnehmer wünschen, auch nach der Schulung noch weiter professionell begleitet zu werden. „Daran merkt man auch, wie fordernd die Flüchtlingsarbeit für die Ehrenamtlichen ist. Bei früheren ehrenamtlichen Aufgaben wurde dieser Wunsch nicht so massiv geäußert“, sagt Kühn.
Eine wichtige Aufgabe für Alexandra Grünstäudl-Philippi ist es, die fünf Projektgruppen miteinander zu vernetzen. Ein erstes Vernetzungstreffen fand bereits im April statt. Sie war bereits dabei, obwohl sie ihre Stelle erst im Mai antreten konnte. Das nächste Vernetzungstreffen ist für Anfang Juli geplant. Außerdem soll die Caritas-Mitarbeiterin dafür sorgen, dass die Ehrenamtlichen gezielt die Weiterbildungen bekommen, die sie für die Ausübung ihrer Aufgaben brauchen. Im Herbst wird es zum Beispiel einen Workshop geben, in dem der Umgang mit anderen Kulturen geübt werden soll. Dazu gehört auch ein Improvisationstheater. Grünstäudl-Philippi kommt aus diesem Metier und weiß, wie gut diese Methode geeignet ist, um Situationen zu üben, wie sie im Alltag der Ehrenamtlichen mit den Flüchtlingen immer wieder vorkommen.
Wichtige Voraussetzung für ein Improvisationstheater, aber auch für die Flüchtlingsarbeit: die Ehrenamtlichen müssen ihre eigene Aufgabe kennen und wissen, welche Rolle sie spielen und dann die Rolle des anderen entdecken und sich darauf einstellen. „Dazu gehört viel Spontaneität“, sagt Grünstäudl-Philippi. „Und der Teilnehmer lernt zu reagieren“, ergänzt Kühn. Es wird wohl nicht bei diesem einen Workshop bleiben, sagt er.Ganz wichtig für Grünstäudl-Philippi und Kühn: „Wir sind keine Besserwisser, wir wollen unsere Ehrenamtlichen nicht belehren, sondern sie begleiten.“ Für das Engagement in der Flüchtlingsarbeit seien Strukturen ganz wichtig. Die Ehrenamtlichen sollten ihre Aufgabe genau kennen und einschätzen können, wie viel Zeit sie investieren möchten, ob sie das auch wirklich machen möchten, aber auch, wo sie Hilfestellungen bekommen. Die Arbeit für die Ehrenamtlichen soll leichter werden. Das kann ganz banal sein, zum Beispiel einen Raum für ein Treffen zu bekommen, ohne sich groß darum kümmern zu müssen. Es kann aber auch schon einmal darum gehen, bei Konflikten zwischen Ehrenamtlichen und Flüchtlingen oder auch zwischen den Ehrenamtlichen untereinander zu moderieren. „Dafür braucht man viel Feingefühl“, weiß Grünstäudl-Philippi. Dann geht es wieder um ganz praktische Dinge, zum Beispiel welche Versicherungen Ehrenamtliche, aber auch Flüchtlinge abschließen sollten.
„Das ist ein Pilotprojekt mit Modellcharakter“, erklärt Kühn. „Selbstverständlich sind wir Netzwerker. Wir wissen, welche Initiativen es in unserem Gebiet gibt und wollen da nicht reinreden, sondern ergänzen“. Das Caritasprojekt sieht er nicht als Konkurrenz zur Koordinierungsstelle des ehrenamtlichen Engagements im Flüchtlingsbereich der Stadt Landau. Kooperationen seien immer wichtig.
Alexandra Grünstäudl-Philippi ist gebürtige Holländerin, hat in ihrem Heimatland und dann in Wien Kultur-Anthropologie studiert. Es folgte eine Ausbildung zur Theaterpädagogin und Jugendleiterin. Bei der katholischen Jugend in Wien war sie für die Ehrenamtlichen in der Jugendarbeit zuständig. Seit 2008 lebt sie mit ihrer Familie in Landau und war dort im Theaterbereich selbstständig. Nach einer Coaching-Ausbildung hat sie drei Jahre lang als Coach und Trainerin gearbeitet. „Die Arbeit bei der Caritas hat mich schon immer gereizt, jetzt freue ich mich, dass es geklappt hat.“
Kontakt: Caritas-Zentrum Landau, Alexandra Grünstäudl-Philippi, Königstraße 39/41
76829 Landau, E-Mail: Alexandra.Gruenstaeudl-Philippi@caritas-speyer.de
Telefon 06341 9355-0
Text / Foto: Caritasverband / Christine Kraus