Mittwoch, 16. November 2016
Welt-Frühgeborenen-Tag am 17. November
Starker Start für kleine Helden
Ludwigshafen. Eins von zehn Babys ist ein Frühgeborenes – weltweit. In Deutschland werden jährlich rund 60.000 Kinder zu früh geboren, also zehn Prozent der Neugeborenen. Damit sind Frühgeborene die größte Kinderpatientengruppe Deutschlands. Dennoch werden Probleme und Risiken für die weitere Entwicklung dieser Kinder und die hohe Belastung ihrer Familien nicht in entsprechendem Maß wahrgenommen.
Um auf die Herausforderungen von Frühgeborenen und deren Familien aufmerksam zu machen, wurde der Welt-Frühgeborenen-Tag ins Leben gerufen, der am 17. November begangen wird. Über Landesgrenzen hinweg sollen Frühgeburt und ihre Folgen thematisiert werden. Am 17.11. werden zahlreiche Gebäude weltweit violett beleuchtet, darunter auch das Heidelberger Schloss, das Empire State Building oder die Bosporus Brücke in Istanbul. Die Idee zur Beleuchtung von exponierten Gebäuden auf der ganzen Welt „Purple for preemies!“ stammt ursprünglich von der amerikanischen Organisation March of Dimes und erfreut sich eines immer größer werdenden Zuspruchs.
„Pro Jahr werden bei uns um die 1.700 Kinder geboren, in diesem Jahr werden es wohl noch einmal deutlich mehr. Die Versorgung von Frühgeborenen ist eine der Kernkompetenzen des Hauses. Das St. Marienkrankenhaus wird zwar nicht violett leuchten, aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen den Tag dennoch unterstützen“, sagt Marcus Wiechmann, Geschäftsführer der St. Dominikus Krankenhaus und Jugendhilfe gGmbH, Träger der Klinik. Von 11 bis 16 Uhr gibt es am 17. November eine Aktion im Foyer des St. Marienkrankenhauses in der Gartenstadt. Hauptbestandteil ist neben einem Informationsstand eine Fotoausstellung. Viele Eltern von in den letzten Jahren in der Klinik betreuten Frühgeborenen haben dafür Fotos ihrer Kinder eingesandt. „Sehr persönliche Momente aus einer schwierigen Zeit, aber auch sehr lustige und positive Bilder sind dabei“, berichtet Ursula Krupp, Stationsleitung auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation „Däumling“. Die Auswahl sei deshalb nicht leicht gefallen. Besonders hat sich das Team auch über Fotos gefreut in denen zu sehen ist, wie sich „ihre Däumlinge“ weiter entwickelt haben.
„Für Eltern bedeutet es meistens einen Schock, wenn Kinder (viel) zu früh auf die Welt kommen. Die Zeit nach der Geburt auf der Däumlingsstation empfand ich als Paralleluniversum“, berichtet Carmen Bartholomä, deren Sohn in der 25. Schwangerschaftswoche auf die Welt kam. Sie verbrachte mit ihrem Baby 13 Wochen auf Station Däumling und schilderte sehr eindrücklich ihre Erlebnisse.
Im Perinatalzentrum im St. Marienkrankenhaus werden jährlich etwa 250 Frühgeborene, davon 45 unter 1500 Gramm, betreut. Ein wesentlicher Baustein ist die Versorgung der Kinder im Kontext der Familie. Dies beginnt bereits vor der Geburt und reicht über den stationären Aufenthalt der Kinder hinaus. „Es geht nicht nur darum, dass die Kinder überleben, sondern dass sie möglichst gesund überleben und dies kann nur gelingen, wenn wir die Familien unterstützen, die durch die Situation sehr belastet sind“, so die Leitende Oberärztin Dr. med. Birgit Görtz. Das Ziel des gesamten Teams ist das Überleben der Kinder ohne schwere Folgeerkrankung und die Entlassung in eine möglichst stabile Familie. Frühgeburtlichkeit, insbesondere Frühgeburtlichkeit vor der 32. Schwangerschaftswoche bedeutet für viele Eltern eine Lebenskrise. Die oft unerwartete Konfrontation mit einem extrem kleinen Kind, die Sorge um sein Leben und seine Entwicklung sowie der oft lange Krankenhausaufenthalt von Mutter und Kind stellen eine große Belastung dar, die oft lange über den Entlassungszeitpunkt hinaus weiter wirkt.
Auch wenn statistisch gesehen heute Frühgeborene ab vollendeten 24 Schwangerschaftswochen gute Überlebenschancen haben, klingt diese Information für Eltern, die ihr extrem kleines Kind im „Brutkasten“ liegen sehen, zunächst oft unglaubwürdig. Viele Gespräche mit dem Behandlungsteam helfen den ersten Schock zu überwinden und allmählich Vertrauen in die Lebenskraft des Kindes zu entwickeln. Im gesellschaftlichen Fokus steht derzeit besonders die Versorgung der Frühgeborenen unter 1500 Gramm Geburtsgewicht. Diese kleine Patientengruppe hat sicherlich einen besonders hohen Betreuungsbedarf und ihre erfolgreiche Behandlung erfordert eine hohe Expertise des Behandlungsteams. Im Ranking der sieben Perinatalzentren Level 1 im Rhein-Neckar-Raum, welches im Internet verfügbar ist, findet sich die Neonatologie des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhauses derzeit auf Platz Zwei.
„Wichtig ist eine professionelle interdisziplinäre Versorgung der Frühgeborenen und ihrer Eltern (Familie), um eine gute Ausgangsposition für ein gesundes Leben zu ermöglichen. Deshalb wurden auch die Qualitätskriterien vom GBA (Gemeinsamen Bundesausschuss) entsprechend festgelegt“, ergänzt Rita Schwahn Leiterin des Pflegemanagements, die selbst auch lange auf einer großen Früh- und Neugeborenenintensivstation gearbeitet hat. „Wir bieten diese geforderte qualitativ hochwertige Versorgung an“, so Schwahn. 40 Prozent der Mitarbeiter besitzen die zweijährige Weiterbildung zur Fachpflege für Pädiatrische Intensivpflege. Interdisziplinäre Zusammenarbeit, strukturierte Besprechungen, qualifiziertes Fachpersonal und strukturierte Nachbetreuungen sind Eckpunkte der GBA-Kriterien für Level 1-Kliniken, wie das St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus. Im interdisziplinären Team arbeiten die Fachärzte, die Pflegekräfte, Psychologen, Sozialarbeiter, Krankenhausseelsorge zusammen daran, für jeden Patienten und seine Familie die richtige Unterstützung zu finden. Die Pflegekräfte haben sich für die primäre Pflege als Organisationsform innerhalb der Station entschieden. Hier erhalten die Eltern einen festen Ansprechpartner. Die primäre Pflegekraft versorgt, beurteilt und beobachtet das Kind und gibt wichtige Information an alle Beteiligten weiter. Sie begleitet und unterstützt die Eltern in persönlichen Gesprächen, leitet Eltern bei der eigenständigen Versorgung ihres Kindes an und bindet frühzeitig die Casemanagerin zu Entlassplanung und Nachsorge mit ein.
Text: Katja Hein
