Freitag, 04. September 2020

„Das Panzerglas durchbrechen“

 

Im After-Work-Talk Macht.Worte standen Macht und Gewaltenteilung im Mittelpunkt

Ludwigshafen. Im Anschluss an die Regionalversammlung des Synodalen Wegs in Ludwigshafen kamen rund 40 interessierte Frauen und Männer zum digitalen After-Work-Talk Macht.Worte zusammen. In Form einer Videokonferenz antworteten Weihbischof Otto Georgens und ZdK-Mitglied Theo Wieder auf Fragen rund um die Themen Macht und Gewaltenteilung. Die von Diplomtheologin Sonja Haub moderierte Talkrunde wurde dabei um Fragen von Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 13 bereichert. Der Künstler Artem Zolotarov umrahmte mit wohldosierter Lyrik die Gesprächsrunde.

„Ich blickte hinter Panzerglas aus meinem Logenzimmer hinab zum Volk, zum kleinen Mann, der lang schon vor der Türe stand, der schwach seine Parolen schwang, voll Glauben an den Widerstand, den er in Märchenbücher fand, Demokratie von ihm genannt“, dichtete Artem Zolotarov. Damit verband sich bei vielen Teilnehmenden unmittelbar das Bild von klerikalen Machstrukturen und der gläsernen Decke, die insbesondere Frauen bisher nicht durchbrechen konnten.

„Die heutige Diskussion hat vielen Bischöfen deutlich gemacht, dass Handlungsbedarf besteht“, ist sich Theo Wieder, ZdK-Mitglied, sicher. Er bezog sich dabei auf die Gespräche der Regionalversammlung. Er plädierte für vorwärts gerichtete Denkmuster: „Oft wird bei der Kirche rein historisch argumentiert. Apostelbriefe, Kirchenbriefe, Päpste – Doch was sind heute die Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten? Die Gleichberechtigung von Frauen darf keine Notlösung sein.“

„Rom muss auch noch lernen. Es muss auf allen Ebenen Synodalität gelernt werden – sonst wäre die Instruktion aus Rom so nicht zu uns gekommen“, kommentierte Weihbischof Otto Georgens. „Für mich ist die Kirche systemrelevant“ und Teil des Systems Kirche seien die vielen engagierten Frauen, ohne die das Kirchenleben nicht funktionieren würde.

In Kleingruppen tauschten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre eigenen Meinungen zu Macht und Gewaltenteilung aus. „Frauen üben bereits seit Jahrhunderten in der Kirche Tätigkeiten in der Diakonie und der Verkündigung aus – es wird nur nicht so wahrgenommen. Dadurch stellt sich das Gefühl ein, ausgenutzt und auf eine rein dienende Rolle reduziert zu werden“, so eine Frau im langjährigen kirchlichen Dienst. „Machtfrage heißt auch über Dinge zu reden – Wenn Themen nicht diskutiert werden, sind sie nicht existent“, bemerkte ein Teilnehmer im Hinblick auf die Arbeit in kirchlichen Gremien.

Andere Teilnehmende würden hingegen auch die Reden gerne mit Taten erfüllt sehen. Und auch Mitspracherecht müsse mit Entscheidungsrecht verbunden sein, sonst habe es kaum Reiz. Dabei herrschte ein optimistischer Realismus. Es müsse „in der Vielfalt zusammen“ geblieben werden und sich „weltweit vernetzt“ werden. Wenn genügend deutliche Worte in Rom ankommen, seien Veränderungen denkbar. Dann sei es möglich „das Panzerglas zu durchbrechen“.

Nach der Gesprächsrunde und dem Austausch in Kleingruppen folgte das Ende des offiziellen Teiles. Doch ein gutes Dutzend Teilnehmerinnen und Teilnehmer blieb weiterhin eingeloggt und vertiefte in anregenden Gesprächen die Themen. Nach einer halben Stunde musste Katharina Goldinger, Diözesane Ansprechpartnerin Synodaler Weg, die Teilnehmenden fast schon zwanghaft vor die virtuelle Tür setzen. Sie bilanzierte einen „spannenden und schönen Abend“ und freut sich auf den nächsten Austausch. Der After-Work-Talk war ein Kooperationsprojekt von Bistum, Synodaler Weg, Segensorte, Katholikenrat, KEB, HPH, BDKJ und KFD.

Text: is / Foto: Katharina Ritter-Schardt