Freitag, 28. Juni 2024

Compassion-Projekt am Nikolaus-von-Weis-Gymnasium

„Mit Leidenschaft für Menschen“: Das Motto des Compassion-Projekts am Nikolaus-von-Weis-Gymnasium © Katharina Ritter-Schardt 

Schülerinnen und Schüler machen Praktikum in sozialer Einrichtung

Speyer. Wie ist die Arbeit in einem sozialen Beruf, und wie fühlt es sich an, Menschen in ihrem alltäglichen Leben zu unterstützen? Darum geht es beim sogenannten Compassion-Projekt am Nikolaus-von-Weis-Gymnasium, das unter dem Motto „Mit Leidenschaft für Menschen“ steht. Dieses richtet sich an die Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse, die aufmerksam für die Bedürfnisse anderer werden und sich für diese einsetzen sollen. Deshalb wählen sie eine soziale oder pflegerische Einrichtung, in der sie für zwei Wochen ein Praktikum absolvieren. Dabei erfahren sie, wie sehr sich Menschen unterschiedlichen Alters über ihre Anwesenheit freuen und wie wertvoll es für diese ist, dass sie einfach da sind. Im Compassion-Projekt geht es nicht primär darum, ein berufliches Handlungsfeld kennenzulernen, sondern – vielleicht beim gemeinsamen Erzählen, Vorlesen, Spielen oder Helfen bei alltäglichen Dingen – um den empathischen Kontakt mit einzelnen Menschen.

Im Juni fand das diesjährige Compassion-Projekt stand. Ihre Erlebnisse haben die Jugendlichen währenddessen in einem Journal täglich reflektiert. Nach ihrer Rückkehr ans Nikolaus-von-Weis-Gymnasium haben sie abschließend ihre Highlights aufgeschrieben und miteinander geteilt. „Es gab viele Momente, für die ich dankbar bin, zum Beispiel als Kinder meine Nähe gesucht haben, wenn sie traurig waren oder ein Problem hatten oder sich gefreut haben. Es war so schön zu merken, wie sich durch Geduld dieses Vertrauen entwickelt hat“, ist zum Beispiel in einem Journal zu lesen. Oder: „Für mich war das ganze Projekt ein Highlight. Ich habe sehr viele neue Erfahrungen machen dürfen, viele neue Leute kennenlernen dürfen und konnte mir auch neue Eigenschaften aneignen, die mir später bestimmt helfen werden.“ Einer der Schüler fasst seine Erfahrung wie folgt zusammen: „Mein Highlight war, zu sehen, wie die Menschen, denen ich geholfen habe, durch meine Hilfe glücklicher wurden.“

Die Schülerinnen und Schüler absolvierten ihre Praktika unter anderem in Altenpflegeeinrichtungen, Kindertagesstätten oder Krankenhäusern. Begleitet wurden sie dabei von der Organisatorin des Projekts, Schulseelsorgerin Katharina Ritter-Schardt: „Für mich war sehr ergreifend, wie viele Jugendliche erlebt haben, dass sie für andere Menschen einen Unterschied machen konnten, indem sie ihnen einfach Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt haben. Die Schülerinnen und Schüler haben so zum einen erfahren, dass sie etwas verändern können. Zum anderen haben sie gelernt, wie wichtig es ist, wirklich Zeit miteinander zu verbringen. Ich bin stolz auf die Jugendlichen, die wirklich darauf geachtet haben, was andere Menschen brauchen und sie beitragen können.“

 

Im direkten Gespräch erinnern sich vier Jugendliche an ihre Zeit im Compassion-Projekt zurück:

„Die wichtigste Erfahrung in meinem Compassion-Projekt war, wie vielen Leuten man helfen konnte. Egal ob große Verdienste oder die kleinen Dinge. Ich war zum Beispiel in der Kinderkrippe und im Kindergarten. In diesem Bereich sind es wirklich Dinge, wie einem Kind das Essen zu schneiden oder die Erzieherinnen einfach etwas ausspannen zu lassen, die das meiste bedeuten. Das Compassion-Projekt kann nicht nur eine sehr gute Möglichkeit sein, Jobs auszuprobieren, die auch in der Zukunft sehr wichtig sein werden, sondern auch eine große Hilfe für die Einrichtungen, da dort oft jede helfende Hand gebraucht wird.“

- Karolina (Kindertagesstätte)

 

„Ich habe etwas Derartiges noch nie erlebt. Man kommt in eine fremde Umgebung und lernt unglaublich viele Menschen kennen. Wichtig ist: freundlich und liebevoll auf die Menschen, denen man begegnet, zuzugehen. Ich habe noch nie nach so kurzer Zeit so unglaublich viel Liebe geschenkt bekommen. Warum? Weil ich ebenfalls versucht habe, alles zu geben und auch meine Liebe zu schenken. Manchmal braucht man dafür keine Worte, sondern nur ein Lächeln, um eine Patientin im Krankenzimmer zu beruhigen und ihr aus dem schlimmen Moment eine wunderschöne Erinnerung zu schaffen. Ich mag es, in die Schule zu gehen, doch nach dem Compassion-Projekt wollte ich in der Arztpraxis bleiben, um noch mehr zu lernen und um meine kleine ‚Familie‘ nicht zu verlassen. Es war eine unvergessliche Zeit, während der man über sich selbst hinauswachsen und unglaublich viel dazu lernen konnte. Man lernt vor allem mit den unterschiedlichsten Menschen umzugehen und auch auf sie zuzugehen. Eine unglaubliche Zeit!“

- Anne (Arztpraxis)

 

„In unserer heutigen Gesellschaft wird leider immer weniger Sozialarbeit von den Jugendlichen verrichtet. Deswegen sollten wir uns in unserem Compassion-Projekt eine soziale Einrichtung aussuchen. Ich persönlich habe mich für den Job einer Erzieherin in der Kita interessiert. Natürlich hatte ich erst einige Sorgen: Was wenn die Kinder mich nicht mögen? Wenn ich Fehler mache? Was dann? Was werden andere über mich denken? Und, und, und ...

Doch als ich das Projekt angefangen habe, kamen direkt positive Rückmeldungen. Wow! Meine Ängste und Sorgen verschwanden immer mehr und die Kinder wuchsen mir sehr ans Herz. Ich habe während des Praktikums einiges gelernt, aber vor allem: soziale Berufe sind so wichtig und haben meinerseits den größten Respekt. Man kümmert sich um Menschen, hilft ihnen und unterstützt sie. Soziale Berufe müssen mit weniger Angst angesehen werden. Diese Berufe werden so dringend gebraucht und doch werden sie so sehr vernachlässigt. Meine Meinung ist, dass soziale Berufe mehr mit Freude und Respekt angesehen werden müssen! Und das alles habe ich, leider, erst beim Praktikum eingesehen und dafür bin ich diesem Projekt sehr dankbar. Menschen sind wertvoll und Menschen muss geholfen werden, wenn sie Hilfe brauchen. Punkt. Dafür sind soziale Berufe da!“

- Lia (Kindertagesstätte)

 

„Es war eine unglaublich schöne Zeit. Wir konnten Menschen mit Kleinigkeiten helfen, die für die Patienten eine wahnsinnige ‚Überraschung‘ waren. Ich konnte einer Frau helfen, die alleine nicht trinken konnte. Mit dieser Frau konnte ich viel Neues erleben. Als ich mich zu ihr setzte und mit ihr erzählte und ihr half, hat man einen Funken in den Augen gesehen, man spürte Dankbarkeit und Herzlichkeit. Außerdem war es wahnsinnig besonders, gesehen zu haben, wie viel Arbeit die Pfleger:innen haben. Mein Ziel war es, diesen Menschen besonders viel Anerkennung, Wertschätzung und Dankbarkeit zu geben und in diese Welt hinein zu blicken, die man zuvor immer sehr einseitig gesehen hat. Das war unglaublich. Das  frühe Aufstehen hat sich gelohnt – Menschen zu helfen und ihnen ein kleines Lächeln in ihrer schwierigen Zeit aufs Gesicht zu zaubern.“

- Guilia (Krankenhaus)