
 Impuls: Kintsugi
Im 15. Jahrhundert zerbrach ein japanischer Shogun
 der Legende nach seine liebste Teeschale. Er wollte
 sie reparieren lassen und ließ sie zu erstrangigen
 Keramikern nach China schicken. Als die Schale
 zurückkam, war er entsetzt, denn die Scherben
 waren lieblos mit Klammern zusammengeheftet.
Da beauftragte er die besten Porzellankünstler
 seines eigenen Landes mit der Reparatur. Es
 dauerte eine Weile. Aber dann präsentierten sie
 ihm das Ergebnis:
  
Sie bestand zwar aus den Scherben der alten Teeschale,
 war aber ganz und gar wie neu. Die Bruchlinien hatten sie
 mit einer Paste zusammengeklebt, der reiner Goldpuder
 beigemischt war. Dieses Verfahren nannten sie Kintsugi.

Wooow, was für ein Bild!
Die goldenen Linien in der Keramikschale verwandeln sie
 in ein edles und wertvolles Gefäß. Eigentlich gehörten
 diese Linien nicht ursprünglich zur Schale dazu. Erst
 als sie zerbrochen war, hat man sie mithilfe einer japanischen
 Methode in dieser neuen Schönheit gestaltet. Die einzelnen
 Scherben der zerbrochenen Schale werden mit Urushi, einem
 besonderen Lack, wieder zusammen gefügt und die entstandenen
 Fugen werden mit Goldstaub überzogen.
 Es entsteht kein neues Gefäß, aber ein Gefäß, das neu ist –
 und kostbar zugleich!
Wenn unsere Lebenspläne oder unsere Beziehungen in die
 Brüche gehen, dann heißt es auch für uns, diese Scherben
 aufzusammeln und sie achtsam zu einer neuen Form zusammen
 zu setzen. Das ist die Auseinandersetzung mit der Trauer!
So können auch wir an unseren Verletzungen wachsen und sie
 als wertvolle Lebenslinien annehmen, die uns bereichern und stark
 machen.
Es bleibt kein Scherbenhaufen zurück. Die Bruchstellen werden mit
 Gold nachgezeichnet und so hervorgehoben und nicht verdeckt.
Kintsugi kann uns lehren, wie sehr unsere unsichtbaren und sichtbaren
 Narben der Beweis dafür sind, dass wir Krisen überwunden haben,
 im Sinne von:
Noch schöner, noch stärker, noch wertvoller!
Doch das Wichtigste ist, dass Sie sich mit Ihren Scherben
 auseinandersetzen, Sie diese liebevoll aufsammeln und allem,
 was zerbrochen ist, ja, letztlich Sie sich selbst eine zweite
 Chance geben!
Welche Scherben liegen vor Ihnen? Was ist in Ihnen zerbrochen?
Schauen Sie sich die einzelnen Scherben einmal an. Verletzen sie?
Welche Brüche und Risse haben schon eine Verwandlung und
Veredlung erfahren?
Welche zweite Chance haben Sie schon genutzt?
Schreiben Sie darüber in Ihr Lebenszeichenbuch, wenn Sie mögen
oder malen Sie Ihre eigene Kintsugi-Schale.