Mittwoch, 12. Februar 2025
Ein Pilger der Hoffnung in einer grauen Welt

Bischof Wiesemann: "Wörter, die Christen normalerweise leicht von den Lippen gehen, haben hier drin einen anderen Klang: Schuld, Vergebung, Hoffnung, Erlösung.“ © BolteDesign
Bischof Wiesemann begegnet Inhaftierten der JVA Frankenthal und feiert Gottesdienst
Frankenthal. Zehn Türen bis zum Ziel – zehn Türen, durch die einige gerne in die andere Richtung gehen möchten. Am frühen Sonntagmorgen machte sich Bischof Wiesemann auf den Weg, um mit Inhaftierten der JVA Frankenthal die Gottesdienste zu feiern und den Gefangenen zu begegnen. „Mir ist es wichtig, gerade zum Heiligen Jahr auch zu den Menschen im Gefängnis zu gehen und die Hoffnungsbotschaft zu verkünden. Zugleich spüre ich die Herausforderung, an so einem Ort die richtige Sprache zu sprechen“, erläutert Bischof Wiesemann auf dem Weg in die Gefängniskapelle seine Motivation zu diesem Besuch. „Wörter, die Christen normalerweise leicht von den Lippen gehen, haben hier drin einen anderen Klang: Schuld, Vergebung, Hoffnung, Erlösung.“
Zwei Gottesdienste feiert Bischof Wiesemann mit den Gefangenen, weil in Frankenthal bestimmte Gruppen generell getrennt werden und nicht zusammenkommen sollen. In seiner Predigt schlägt Bischof Wiesemann den Bogen vom Heiligen Jahr zum Leben der Gefangenen. Papst Franziskus habe in einem römischen Gefängnis das Tor zu einer Heiligen Pforte erklärt und geöffnet. Somit werde sichtbar, dass es einen Ausweg aus allen äußeren und inneren Gefängnissen gebe. Kein Mensch müsse gleichsam eingemauert für sich alleine leben. „Gott lädt dich ein, dich auf die Suche nach deiner Lebendigkeit zu machen. Pilgern heißt, sich auf den Weg zu machen, denn es gibt Hoffnung für alle Menschen, egal wie verfahren ihre aktuelle Situation auch ist. Veränderung ist – mit Gottes Hilfe – möglich.“
Zwischen den Gottesdienst bestand für den Kirchenchor – bestehend aus Gefangenen der JVA – die Möglichkeit zur Begegnung mit dem Bischof bei Kaffee und Kuchen. Dabei kamen einige persönliche Gespräche zustande. Diese Nahbarkeit kam gut an bei den Inhaftierten. „Er hat so gesprochen, dass wir wirklich gut verstehen konnten, was für eine Hoffnungsbotschaft er uns bringen möchte. Sein Besuch ist ein Hoffnungszeichen für uns“, meinte hinterher ein Teilnehmer. Ein anderer ergänzt: „Er hat mir gesagt, dass wir den Menschen sehen sollen und nicht, was er getan habe. Das gilt nicht nur für den Blick von draußen auf uns, sondern auch für die Weise, wie wir hier drin miteinander umgehen sollen.“
Beim Verlassen der Anstalt ist Bischof Wiesemann sichtlich bewegt von den Begegnungen an diesem Tag: „Ich spüre, wie gut es den Menschen im Gefängnis tut, wenn sie sich gesehen und gehört fühlen.“
Text: Manfred Heitz
Foto: © BolteDesign