Dienstag, 08. November 2016
Frohbotschaft des Lebens
Ökumenische Annäherung im Zeichen der Nachhaltigkeit – „nachhaltig predigen“ im 12. Jahr
Kaiserslautern/Mainz. Am 31. Oktober 2017 jährt es sich zum 500. Mal, dass Martin Luther seine 95 Thesen, in denen er gegen Missbräuche beim Ablass und besonders gegen den geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen auftrat, an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg, dem „schwarzen Brett“ der Universität, angeschlagen hat, um über wichtige Fragen des Glaubensverständnisses mit Fachleuten zu „disputieren“ - damals durchaus üblich, um öffentliche Debatten anzustoßen. Aber nicht eine Debatte wurde damit ausgelöst, sondern ein Sturm, der Europa und die Welt veränderte: die Reformation. Die globale Sichtweise, das Glaubens- und Religionsverständnis im Europa des 16. Jahrhunderts änderten sich in der Folge drastisch und dramatisch: „Es brauchte Zeit, bis der Schatz der Freiheit, der tief im christlichen Menschenbild wurzelt, in der Folge der Reformation gehoben werden konnte. Der Gedanke der Freiheit eines Christenmenschen steht zugleich für die Freiheit Andersdenkender und Andersglaubender und ebenso für die Freiheit der Religionsausübung“ (Erklärung des Kolpingwerkes Deutschland zum Reformationsjubiläum). Dies sagen heute Katholiken. Christen beider Konfessionen stehen im globalen Geschehen unserer Tage an gemeinsamer Front, verbunden durch die eine Charta des Christentums: die Heilige Schrift.
Die Predigtanregungen zur Nachhaltigkeit des Internetportals „nachhaltig predigen“ erscheinen in diesem besonderen Kirchenjahr bereits zum zwölften Mal. Sie sind Ausdruck eines Zeitgeistes, aus dem heraus auch die Enzyklika „Laudato si“ entstanden ist und „disputiert“ wird. Das päpstliche Lehrschreiben findet global und interkonfessionell große Beachtung und vereinigt verschiedenste Gruppen im Widerstand gegen die kapitalistische Wirtschaftsordnung, die Papst Franziskus als „eine Wirtschaft, die tötet,“ gekennzeichnet hat. Bei „nachhaltig predigen“ geht es um die Erinnerung an christliche Wurzeln, dass „Nachhaltigkeit“ keine Neuerfindung, sondern im Glauben angelegt ist und gelebt werden müsste: evangelium vitae, d.i. Frohbotschaft des Lebens, der Lebensmehrung und –bewahrung, nicht der Lebensminderung oder gar –zerstörung. Mit dem Evangelium des Wanderpredigers aus Nazareth hat das Leben auf diesem Planeten eine Zukunft.
Ökumene ist dabei ein wichtiger Ansatz, passend zum großen Reformationsjubiläum: Ohne das Zusammenspiel der Religionen und Konfessionen wird eine nachhaltige (Um-)Gestaltung und die Bewahrung der Schöpfung in Frieden und Gerechtigkeit nicht gelingen. Das Schwerpunktthema des Internetportals im Kirchenjahr 2016/17 lautet „Strukturen der Schuld“. Dem „Gelingen“ von nachhaltiger Entwicklung stellen sich Strukturen entgegen, sog. Strukturen der Schuld, gegen die Einzelne machtlos, in die Menschen verstrickt sind, die schuldig werden lassen: Sünde – im System verankert. Korruption ist nur eines von vielen Stichworten, die christliches Denken und Handel provozieren, um Strukturen der Schuld zu entlarven und Sichtweisen zu verändern, damit soziale Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung eine Chance und neuen Entfaltungsraum erhalten.
Neben 24 Bistümern und Landeskirchen aus Deutschland und der Schweiz beteiligen sich auch die „Diocese in Europe“ der Anglikanischen Kirche (seit 2016) und mehrere Umweltstiftungen und Landesbehörden für Natur- und Umweltschutz am ökumenischen Kooperationsprojekt www.nachhaltig-predigen.de. Die Zürcher Partner feiern unter Bezug auf den Reformator Zwingli erst im Jahr 2019 den Beginn der Reformation. „Nachhaltig predigen“ wird von „Brot für die Welt“ und dem „Katholischen Fonds“ gefördert.
Aus dem Bistum Speyer haben allein neun Autoren für das neue Kirchenjahr Predigtanregungen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit verfasst. Es sind dies Dr. Monika Bossung-Winkler, Prof. Hans Kirsch, Dr. Frank Hennecke, Dr. Thomas Stubenrauch, Ökumenereferent der Diözese Speyer, Pastoralreferent Steffen Glombitza, Umweltbeauftragter der Diözese Speyer, Pastoralreferent Martin Wolf, Leiter der Katholischen Hochschulgemeinden Kaiserslautern und Homburg, Pastoralreferent Thomas Stephan sowie Religionslehrer Michael Strake und Dipl.-Theol. Thomas Bettinger, Diözesansekretär des Kolpingwerkes. Bettinger ist koordinierender Projektbeauftragter und Mitherausgeber des Internetportals für die Diözese Speyer, die das Projekt seit 2005 unterstützt. Die neuen Predigtanregungen werden am 20. November 2016 freigeschaltet.
Text / Foto: mr_tb