Montag, 22. April 2024

Ein Familientreffen der Tierfreunde als Teil der Schöpfung

© Roman Sturm 

Tag der Religionslehrer im Priesterseminar mit 120 Teilnehmern zum Thema Tierethik

Speyer. „Es ist gut, was sie hier tun.“ Mit diesem Fazit des Tages der Religionslehrer verband Bischof Karl-Heinz Wiesemann nicht nur den Dank an die 120 Teilnehmer für ihr geleistete Arbeit an den Schulen – der Dank galt auch der aktiven Auseinandersetzung mit einem zentralen Thema des Religionsunterrichts, sich den Fragen der Tierethik in Vorträgen und Workshops zu stellen und in nachhaltigen Diskussion Meinungen und Standpunkte auszutauschen. Birgitta Greif hatte mit ihrem Team ihr „Familientreffen“ mit Workshops, Impulsvortrag, natürlich vegetarischer Verpflegung und dem Abschlussgottesdienst mit Bischof Wiesemann organisiert und den Tag musikalisch mit „QuintUno“ ausklingen lassen. Selbst das Wetter spielte mit, damit sich auch die wichtigen Gespräche um Gott und die Welt rund ums Priesterseminar verlagern konnten.

„Der Tag der Religionslehrer war für mich wie ein großes Familientreffen. Es stimmte einfach ALLES, angefangen vom Sonnenschein, über das gemeinsame Essen bis hin zu den Workshops und dem gemeinsamen Gottesdienst mit unserem Bischof. Das Abschlusskonzert bildete einen wunderbaren Tagesausklang.“ Im Gespräch war Birgitta Greif die Bedeutung des Tages und die emotionale Verbundenheit mit „ihren“ Religionslehrenden deutlich anzumerken. „Mir ist an dem Religionslehrertag immer wichtig, dass es auch Zeiten für den Austausch gibt. Ich sehe diesen Tag der Begegnung auch und vor allem als Tag der Bestärkung der Berufsgruppe.“  Es ist ihr ein Herzensanliegen, einen Raum zu bieten, an dem alle Teilnehmenden sowohl ihr Fachwissen erweitern können, als auch zusammen Gottesdienst feiern und gemeinsam beten können.“ Im Vorfeld hatte sich Birgitta Greif um die Projektförderung durch ELAN gekümmert und sich in der Planung intensiv um eine möglichst vielfältige Sichtweise des weiten Themenfeldes Tierethik gekümmert. „Mit dem Thema Tierethik haben wir ein aktuelles Thema aufgegriffen. Es ist eine Art theologischer Dummheit anzunehmen, dass Gott die ganze Welt nur für die Menschen gemacht habe und sich nur für eine der Millionen Spezies interessiere, die Gottes gute Erde bewohnen …“ verwies Greif in ihrer Begrüßung auf den südafrikanischen Bischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu. Christliche Tierethik sei mehr als eine theologische Behübschung, keiner der Teilnehmer müsse davon überzeugt werden.

„Denkt Gott auch an Tiere?“, fragte Stefan Schwarzmüller als Referent seine Workshopteilnehmer im Bereich der Primärstufe und bereitete im Dialog mit Texten und Arbeitsfragen auf diese für Kinder im Grundschulalter eminent wichtige Frage vor und versuchte altersgerechte Antworten zugeben. Viele Geschichten finden sich auch auf der Homepage, aber die eindringlich sonore Stimme und die einfühlsame Art, Text lebendig werden zu lassen, hat bei den Teilnehmern nachhaltig Wirkung hinterlassen. Bei Angela Purkhart ging es spielerisch zu in ihrem Angebot für die Orientierungsstufe „Tierisch fair - Spielerische Einstiege in die Welt der Tierethik“. Da wurde geklebt und gepuzzelt, was das Zeug hält. „Wir hatten viel Spaß und den einen oder andern Lacher …“ sagte Purkhart, was wohl nicht nur dem gesamten Tierethik-Referententeam – das hatte sie kurzerhand digital in niedliche Tierfiguren verwandelt und im großen Saal an die Leinwand projiziert – zu verdanken ist. Den globalen Rahmen des Themas hatten die Referenten Petra Gaidetzka von Misereor und Dr. Monika Bossung-Winkler mit ihrem Thema „Von Schweinen, Wildbienen und Rindern – der weltweite Umgang mit Tieren sagt etwas über uns selbst und unsere Zukunft“ gespannt. Das Wildbienenprojekt zeigt gerade, wie sehr der vertraute Umgang und die verantwortungsvolle Partnerschaft zwischen Mensch und Tier in dem Wissen der indigenen Völker verloren gegangen ist und man sich dieses Wissen versucht wiederanzueignen.

In ihrem Impulsvortrag ging Petra Gaidetzka auf die komplizierte und zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Tier angesichts der Machtlosigkeit der Tiere gegenüber dem Menschen ein. Das Tierwohl werde eingefordert, die Tierquälerei geächtet einerseits, andererseits werde Massentierhaltung, Tierproduktion und Tierversuch als Nutztier geduldet. Das Haustier werde immer weiter vermenschlicht, die Wunschvorstellungen reichten bis hin zum christlichen Bestattungsritual des Vierbeiners, über die Würde des Tieres bis zur offen Frage: „Hat ein Tier eine Seele?“. Der biblische Befund aus der Schöpfungsgeschichte ermahne die Menschen, über die Tiere zu walten und nicht sie zu beherrschen, auszubeuten und untertan zu machen. Die Gymnasiallehrer der Oberstufe stellten sich mit Bernhard Kaas dem philosophischen und gesellschaftskritischen Diskurs der Tierethik. Der Workshop "Menschenrechte - und Tierrechte?" führte die Teilnehmenden in eine Diskussion ein, die in der Schule v. a. in der Oberstufe ihren Platz hat. Überraschend war für viele, dass das deutsche Recht zwar Tierschutz und Tierwohl kennt, nicht aber Tierrechte. Die verschiedenen Stimmen der tierethischen Debatte kamen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Manche forderten Tierrechte auf Kosten der allgemeinen Geltung der Menschenrechte. Das nüchterne Fazit nach intensiver Diskussion von Kaas: „Die Teilnehmer freuten sich über die Gelegenheit, zu dieser Thematik fundierte Informationen und Anregungen für den Unterricht zu bekommen …“

Roman Sturm stellte für den Bereich der Berufsbildenden Schule in seinem Workshop „Die Superkühe …“ die unterschiedlichen Leben von drei Kühen vor, die in unserer Nutztierhaltung allgegenwärtig sind. „Ich kenn ein Tier …“ - diese Filmreihe von Planet Schule eignet sich als Einstieg für die vielen Aspekte  der Tierethik und schafft einen humorvollen Zugang, der die Tiere mit typisch menschlichen Eigenschafften bestückt. Texte zur Tierethik, Tierhaltung und Tierversuche waren die Basis für einen intensiven Dialog, der sich nach dem über die 45 Minuten Zeitraster im Flur und beim Kaffee weiter entwickelte.

„Es singen jetzt die Vögel all,
Halleluja, Halleluja,
jetzt singt und klingt die Nachtigall.
Halleluja, Halleluja.“

Den Text des Kirchenliedes von Friedrich Graf von Spee nahm Bischof Karl-Heinz Wiesemann in seiner Predigt im Schlussgottesdienst auf. Er berichtet von einem verstorbenen Guten, einem Professor für Biologie, der sich in einem Vortrag über das Singen der Vögel Gedanken gemacht habe. „ Warum singen sie so viel – und das denn ganzen Tag?“ Die Lösung hätte er darin gefunden, dass Vögel wohl eine unglaubliche Freude am Singen haben – den ganzen Tag – und es sei ihm nicht anders erklärbar. Wenn man sich Gedanken über die Schöpfung mache, würden bei ihm der Ausdruck von Lebensfreude, der Anbetung über die Natur, der Sieg über den Tod als Vision des Glaubens mitschwingen. Das Miteinander, eine lebendige Beziehung zum Ganzen, die Vorstellung und Verheißung auf einen neuen Himmel und neue Erde in der Apokalyptik – diese Überlegungen tauchen immer wieder in der Beschäftigung mit der Schöpfung auf. „Die Fülle des Lebens – das Heil für alle“, das verbindet der Bischof mit der Nachhaltigkeit biblischer Bilder als Auftrag für die Erde. Ein Bild für das Leben verbindet er mit dem Durchdringen der Gräser am Friedhof, als er beobachtet hat, wie das Grün sich durch die Grabplatten zwängt. „Das Leben siegt, das Grün kommt durch …“ so beschrieb er das Geheimnis des Lebens durch die Lebenden.

Ein harmonischen Abschluss des Tages bildete das Konzert der Gruppe Quint Uno, die die Teilnehmer auf eine musikalische Reise von Jazzklassikern bis zu Harry Potters Soundtrack nahm.

 

Text: Roman Sturm