Montag, 15. August 2022

Kundschafterreise zu „frischen Ausdrucksformen von Kirche“

Die Reisegruppe auf dem Kirchenboot St. Columba 

Gruppe des Priester- und Pastoralseminars war im Juli in England unterwegs

Speyer. So ein bisschen wie bei dem Brettspiel „Jagd nach Mister X“ fühlte es sich an, als die Zwölfer-Gruppe aus dem Bistum Speyer kurz vor den Sommerferien mit U-Bahn, Bus und zu Fuß quer durch London unterwegs war, um neuartige kirchliche Initiativen, so genannte „Fresh Expressions of Church“ – oder kurz: „Fresh X“ – in Englands Hauptstadt kennenzulernen und mit deren Initiatoren ins Gespräch zu kommen.

Die Gruppe besuchte das „Home Café“ in Earlsfield, ein Kirchengebäude aus dem 19. Jahrhundert, das gleichermaßen als Bistro, Begegnungsstätte und liturgischer Ort genutzt wird; ein Worship-Abend in King’s Cross, bei dem auf besondere Art und Weise individueller Raum geschaffen wird, um Gott zu begegnen – und zwar innerhalb einer größeren Gemeinschaft; und das Kirchenboot St. Columba, ein wirkliches kleines Schiff auf dem Kanal im Londoner Olympiaviertel, das für die Menschen dort Kirche darstellt und für unterschiedlichste Glaubensrichtungen, sogar für Atheisten ein Ort der persönlichen Heilung in ganzheitlichem Sinne und auch des inneren Wachstums geworden ist.

Begegnung mit Kath und Pete Atkins
Diese Eindrücke in der Hauptstadt bildeten den Auftakt einer einwöchigen Kundschafterreise nach England, an der aus dem Bistum Speyer acht junge Kapläne und Pastoralassistent:innen im Rahmen ihrer Zweiten Dienstprüfung gemeinsam mit zwei Ehrenamtlichen aus der Lerngemeinschaft für Kirchenentwickler:innen teilgenommen haben. Felix Goldinger, Referent für Missionarische Pastoral, und Dr. Andreas Braun, Dozent für Pastoraltheologie, begleiteten die Gruppe bei ihren Lernerfahrungen und führten sie auch nach Bardney zu Kath und Pete Atkins, die bereits vor vier Jahren Gastgeber für eine Kundschaftergruppe aus Speyer waren.

Das Ehepaar Atkins lebt eine „neue Art klösterlicher Gemeinschaft“ („new monasticism“) mit anderen Christen im Dorf und sucht immer wieder nach Wegen, um den Menschen in dieser ländlichen Gegend zu dienen und sie die Liebe Gottes erfahren zu lassen: z.B. im Café „The Open Door“, bei der „Cheese and Wine Church“ oder dem „Hot Chocolate Club“.

Ein niederschwelliges wöchentliches Angebot
Entscheidend bei den „Fresh X“ ist das wirkliche Eintauchen in die Lebenswelt der Menschen vor Ort – verknüpft mit einem doppelten Hinhören: einerseits auf das, was die Leute bewegt und was sie brauchen; andererseits auf das, was Gott uns sagt und wozu er uns ruft. So hat auch das Team um die anglikanische Vikarin Michelle Webb im nahe gelegenen Lincoln die Initiative „Free Tea Friday“ entwickelt, ein niederschwelliges wöchentliches Angebot, bei dem Kinder und ihre Familien – ähnlich wie bei der „Messy Church“ (bei uns bekannt als „Kirche kunterbunt“) – elementare Glaubenserfahrungen machen, und zwar auf spielerische Art und Weise, verbunden mit Gemeinschaft, Gebet, Getränken und geselligem Essen.

Horizonterweiterung und Vertiefung des eigenen Glaubens
Die in der Berufseinführungsphase für Speyerer Seelsorger:innen verankerte Kundschafterreise dient dem Kennenlernen von Kirche in anderen Lebens- und Glaubenszusammenhängen. Sie soll den Horizont auf andere Formen des „Kirche-Seins“ hin weiten und so den Blick für neue Möglichkeiten öffnen, bei uns missionarisch und partizipativ Kirche zu sein. Die Reise dient so der Vertiefung des eigenen Glaubens und der Motivation für den Dienst in den je eigenen pastoralen Einsatzfeldern. Sie soll Lust auf Neues machen, um neben den tradierten, klassischen Feldern auch andere Ausdrucksformen kirchlichen Lebens zu entwickeln und zu etablieren. Haupt- und Ehrenamtliche, die in dieser Richtung Kirche neu Gestalt geben möchten, sind in ökumenischen Regionalgruppen für Kirchenentdecker:innen vernetzt, den so genannten „Pioneer.Hubs“.
Weitere Infos dazu unter www.schon jetzt.de.

Text/Foto: Andreas Braun