Dienstag, 26. September 2017
Zusammen sind wir Heimat
Jahresversammlung des Forums Caritas-Ehrenamt
Pirmasens. „Zusammen sind wir Heimat“ - das Motto der Caritas-Kampagne 2017 prägte auch die Jahresversammlung des Forums Caritas-Ehrenamt am 23. September in Pirmasens. Wo und wie durch ehrenamtliches Engagement ein Heimatgefühl geschaffen wird für Menschen, denen geholfen wird, aber auch für die Ehrenamtler selbst, wurde an diesem Tag deutlich. Es war die zweite Jahreshauptversammlung, seit es die neuen Pfarreistrukturen gibt.
Dass das sich Einfinden in diese Strukturen und ihr Gestalten ein laufender, manchmal noch schmerzhafter Prozess für die Mitglieder im Forum Caritas-Ehrenamt ist, wurde gleichfalls deutlich.
„Sie alle sind Heimatgestalter“, stellte Christiane Arendt-Stein, die Referentin für Gemeindecaritas beim Caritasverband für die Diözese Speyer mit Blick auf die Ehrenamtlichen aus 20 Pfarreien fest, die zur Versammlung gekommen waren. Durch ihr ehrenamtliches Engagement in vielfältiger Form werde ein Stück Heimat geschaffen. Eine herausragende Beteiligung, konstatierten Arendt-Stein und ihre Vorgängerin Marita Seegers mit Blick in den voll besetzten Tagungsraum.
Ausblick auf neue Pfarreienstrukturen
In 60 von 70 Pfarreien in der Diözese sei nach den neuen Strukturvorgaben zwischenzeitlich ein hauptamtlicher Caritas-Beauftragter ernannt. In 30 Pfarreien gebe es bereits einen Caritas-Ausschuss und von diesen 30 Pfarreien seien 20 an diesem Tag vertreten. Das sei eine tolle Quote, freute sich Christiane Arendt-Stein, die in Vertretung für den erkrankten Referenten Marius Wingerter über Neues aus der Gemeindecaritas und der Diözese berichtete.
Der Ort sei für die Tagung angesichts des Themas gut gewählt, stellte Schwester Roswitha Schmidt vom Orden der Mallersdorfer Schwestern fest. „Im Nardinihaus werden Jugendliche betreut, leben Jugendliche, die oft keine Heimat kennen und wenig positive Gefühle, die sich mit dem Begriff Heimat verbinden, kennengelernt haben“, sagte Schwester Roswitha. Das Gefühl von Heimat zu vermitteln, spiele an diesem Ort eine wichtige Rolle.
Heimat erleben für Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund
Das passiert zum Beispiel beim Angebot „Wir üben Deutsch“ für ausländische Frauen und Kinder, das Laura Peifer vom Caritas-Zentrum Pirmasens als eines von vier Heimatgestalter-Projekten genauer erläuterte. Ehrenamtliche, in der Regel pensionierte Lehrerinnen, bringen den Kursteilnehmern wöchentlich Deutsch bei. Das reiche bis hin zur Einzelbetreuung, weil darauf geachtet werde, wer welche Vorkenntnisse mitbringe. Oft gibt es praktische Herausforderungen, wie die, dass die Kursteilnehmer Analphabeten sind. Über Mund-zu-Mund-Propaganda fänden sich ehrenamtliche Helferinnen, die in unterschiedlichem Zeitumfang zur Verfügung stünden, erläuterte Peifer.
Mit Projekt „LiLi – Leben in Landau inklusiv“ Heimat gestalten
Über Mund-zu-Mund-Propaganda, aber auch über Presseinformationen, ist das Projekt „LiLi – Leben in Landau inklusiv“ erfolgreich gestartet. Das erste von drei Projektjahren ist absolviert. „Wir sind super-zufrieden“, sagte Bianca Hasselwander, die dieses Projekt des Caritas-Förderzentrums St. Laurentius und Paulus in Landau vorstellte, bei dem gleichfalls Heimat gestaltet wird. Bei diesem Projekt kommen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen, verbringen Zeit miteinander. Es wird geschaut, welche Wünsche die behinderten Menschen haben und welche Möglichkeiten die sie betreuenden Menschen mitbringen. Das Argument „Ich kann nichts Besonderes“, mit dem Menschen eine ehrenamtliche Tätigkeit ablehnen würden, ziehe nicht, konstatierte Christiane Arendt-Stein. Oft reiche es, wenn man einfach Zeit habe für andere Menschen. Das funktioniert auch bei „LiLi“. 70 Ehrenamtler bringen sich mittlerweile ein. Zum Beispiel beim gemeinsamen Putzen von Bussen. Ein Wunsch zweier Menschen mit Behinderung, den Ehrenamtler erfüllen, berichtete Hasselwander schmunzelnd, welche Ideen innerhalb des Projektes umgesetzt werden.
Heimat schaffen für ausländische Pflegekräfte
Ein Stück Heimat schaffen, das gelingt auch dem Projekt der Pfarrei „Heilige Elisabeth“ in Grünstadt, die regelmäßig Pflegekräfte aus dem Ausland, die in Deutschland tätig sind, zu Waffeln und Kaffee einlädt. Auch beim gemeinsamen Grillen ermöglichen die Ehrenamtlichen den Pflegerinnen einen Austausch untereinander und die Gelegenheit, in der Heimatsprache miteinander zu kommunizieren. Dr. Magdalena Grönig erläuterte das Projekt, das 2016 den Nardini-Preis gewann und zwischenzeitlich in der Diözese, wie sich beim Forum zeigte, erfolgreich Nachahmer-Projekte gefunden hat. Das Preisgeld, das mit dem Nardini-Preis verbunden war, hat das Grünstadter Projekt unter anderem genutzt, um sich ein professionelles Plakat gestalten zu lassen, mit dem für die Treffen geworben wird.
Projekt „Alt-arm-allein“ lindert Altersarmut
Richtig gut funktioniert seit 20 Jahren das Projekt „Alt-arm-allein“ in Kaiserslautern, bei dem es gelungen ist in diesem Zeitraum gut 2,5 Millionen Euro Spendengelder zu akquirieren, erläuterte Hans-Joachim Schulz vom Trägerverein des Projektes. Hier hat sich über die Jahre ein ehrenamtlicher Helferkreis von etwa 80 Personen zusammengefunden, die auch – ganz wichtig, wie bei allen ehrenamtlichen Projekten deutlich wurde – einmal im Monat bei einem Helfertreffen ihre Erfahrungen austauschen. „Not ist leise“, sagte Schulz mit Blick auf das Projekt, das von Anfang an aufgezeigt habe, dass es Armut, dass es Einsamkeit in Deutschland gibt. Als Beispiele um zu helfen, wo pragmatische Not in der Nachbarschaft besteht, schilderte er den Fall einer Frau, die einen Kühlschrank benötigte. Sie hätte diesen auch bekommen, aber gar nicht das Geld gehabt, um den Strom zu bezahlen. „Wir können Altersarmut nicht verhindern, aber wir können sie lindern“, sagte Schulz und verwies darauf, dass der Verein pro Jahr etwa 4000 Spenden erhalte. „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort das Problem gesehen und geholfen“, konstatierte Christiane Arendt-Stein.
Mit offenen Augen durch die Pfarrei gehen
Eine Möglichkeit, die allen in den Pfarreien engagierten Caritas-Ehrenamtlern auch hilft neue Bedarfe zu entdecken, ist das Mitarbeiten an der vorgesehenen Sozialraumanalyse. Manche bewerten diese durchaus kritisch, in der neuen Struktur ist sie aber eine wichtige Basis für das pastorale Konzept der Pfarrei. Mit offenen Augen durch die Pfarrei gehen, Strukturen erkennen, erkennen wo Menschen Probleme haben und wie man ihnen vielleicht dabei helfen kann diese zu lösen, laute die Aufgabe.
Heimat kann vieles bedeuten
Dabei spielt auch die eigene Vorstellung von Heimat eine wichtige Rolle. Was die Menschen, die sich in den Gemeinden ehrenamtlich engagieren, mit dem Begriff Heimat verbinden, wurde in Gruppenarbeit reflektiert, anhand von Bildern und Assoziationen. „Dieses Bild erinnert mich an meine Jugend, an meine Zeit bei meinen Großeltern“, wurde da Heimat als mit Erinnerungen verbunden beschrieben. Erinnerungen, die auch durch Essen oder Gerüche ausgelöst werden können. „Heimat hat mit Menschen zu tun, mit dem Gefühl angenommen zu sein“, wurde festgestellt. „Heimat ist, wo ich willkommen bin“. Das Gefühl zusammenzugehören, Vertrautheit spielt beim Begriff Heimat eine wesentliche Rolle.
Wie Task-Force „Flüchtlingshilfe“ hilft
Auf das Motto der Caritas-Jahreskampagne, auf das Thema Heimat, die Arbeit der Heimatgestalter hatte Christian Arendt-Stein, in Vertretung des gleichfalls erkrankten Vorsitzenden des Caritasverbandes für die Diözese Speyer, Karl-Ludwig Hundemer, eingestimmt. Sie war dabei auch auf die Arbeit der Task-Force „Flüchtlingshilfe“ eingegangen, die sich um die Flüchtlingsarbeit kümmert. Dabei ist die Bandbreite der Arbeit groß. Sie reicht von den Problemen, mit denen koptische Christen in Ägypten konfrontiert sind über Themen wie Rechtsbeistand für Flüchtlinge, Familienzusammenführung und vieles mehr. Eine Aufgabe, die mittlerweile angesichts der hohen Fallzahlen viel Geld koste. Es würden mehr Spenden denn je benötigt, um in irgendeiner Form Hilfe leisten zu können, unterstrich Arendt-Stein.
Auch die Frage nach den Fluchtursachen spielte eine Rolle. Ton-Vinh Trinh-Do verwies auf das Projekt „Vietnamesische Gewissensgefangene“. In Vietnam werden Christen, die für Freiheit kämpfen, inhaftiert und gefoltert. Ihre Solidarität mit diesen Christen bekundeten die Teilnehmer nach der Andacht am Grab von Josef-Paul Nardini bei einem gemeinsamen Foto.
Alltägliche Herausforderungen für Ehrenamtliche
Zuvor hatten die Teilnehmer der Jahresversammlung praktische, alltägliche Probleme ihres Engagements besprochen. So wurde beispielsweise die Notwendigkeit des mittlerweile für viele Projekte erforderlichen polizeilichen Führungszeugnisses kontrovers diskutiert. Ein wenig unter Generalverdacht gestellt fühlt sich da so mancher. Da oft mit Schutzbefohlenen gearbeitet werde, sei das notwendig, sagte Christiane Arendt-Stein. Auch fordere das Land das mittlerweile, unter anderem vor dem Hintergrund von Missbrauchsfällen in Sportvereinen und kirchlichen Einrichtungen. Ohne polizeiliches Führungszeugnis keine Zuschüsse, verdeutlichte Arend-Stein.
Ausblick auf 2018 mit der Wahl des Leitungsteams
Der Vorsitzende des Leitungsteams des Forums Caritas-Ehrenamt, Manfred Traub, sprach aktuelle Probleme und Diskussionen an, ausgelöst vor allem durch die Strukturreform. In vier Jahren sei man sicher ein Stück weiter, verdeutlichte Christiane Arendt-Stein, dass es ein langer Prozess sei, der, darin waren sich die Caritas-Mitarbeiterin und Manfred Traub einig, viele Chancen beinhalte. Die Arbeit der Caritas in der Gemeinde werde doch deutlich anders und besser wahrgenommen. Traub blickte schon mal auf das kommende Jahr voraus, wenn das Leitungsteam neu gewählt wird. Wichtige Aufgaben für die nächste Zeit seien der weitere Aufbau des Ehrenamtsnetzwerks in der Diözese. „Es ist wichtig, genau hinzuhören, was Engagierte brauchen“, forderte Traub. Dann gelinge es auch Menschen mit Herz für das caritative Ehrenamt zu gewinnen und diese zu unterstützen, indem ihnen gute Rahmenbedingungen geboten werden.
Text / Foto: Caritasverband für die Diözese Speyer / Andrea Daum
