Donnerstag, 05. April 2018
Theologentage zum Thema Freikirchen
Angehende Priester trafen sich zu Studienwoche im Priesterseminar
Speyer. Freikirchen – unter dieser Überschrift trafen sich vom 23. März bis zum Ostersonntag neun Priesterkandidaten und ein studierender Neupriester des Bistums Speyer mit Regens Markus Magin und ihrem geistlichen Begleiter (Spiritual) Martin Seither zu ihrer alljährlichen Studienwoche, den „Theologentagen“, im Priesterseminar in Speyer.
Als Freikirchen werden christliche Gemeinschaften verstanden, die zwar dem Erbe der Reformation verbunden, aber von den evangelischen Landeskirchen unabhängig sind und sich zudem durch eine konsequente Distanz zum Staat auszeichnen. Das Phänomen der Freikirchen ist vor allem durch evangelikale Bewegungen in den USA bekannt geworden und stellt wegen seiner offenbar großen Anziehungskraft für viele Menschen auch eine Anfrage an die katholische Kirche. Vielleicht, so die Überlegung bei der Entscheidung für dieses Thema, könne ja von den Freikirchen etwas zu lernen sein.
Besuch der mennonitischen Gemeinde in Limburgerhof-Kohlhof
Freikirchen gibt es aber nicht nur in der Form evangelikaler Mega-Kirchen amerikanischen Typs, sondern gehen – wie bei den „Theologentagen“ zu lernen war – weit darüber hinaus. Nach einer theologisch-geschichtlichen Einführung im Seminar galt der erste Besuch der mennonitischen Gemeinde in Limburgerhof-Kohlhof. Die Mennoniten sind eine Gemeinschaft, die im 16. Jahrhundert als Täuferbewegung entstand und sich durch Erwachsenentaufe, völlige Selbstverwaltung der Gemeinden, eine gleichheitliche Mitbestimmung durch die Gemeindemitglieder, Pazifismus und teilweise auch durch Laienpredigt auszeichnet. Die Speyerer Gruppe wurde sehr freundlich aufgenommen und erfuhr im Gespräch mit der Pastorin und dem Gemeindevorstand sowie bei einem historischen Rundgang durch den Kohlhof viel über die Geschichte und Gegenwart dieser freikirchlichen Gemeinschaft.
Begegnung mit der Gemeinde „Wort des Glaubens“ in Speyer
Mehr den zeitgenössischen Assoziationen zu Freikirchen entsprach die Gemeinde „Wort des Glaubens“ in Speyer, die die Seminaristen und ihre Ausbilder gleichfalls freundlich empfing. Die Gemeinde um Pastor Jakob Friesen pflegt vor allem ein enges Gemeinschaftsleben, in dem neben dem sonntäglichen Gottesdienst auch Hauskreise mit Bibelmeditation und gemeinsamem Gebet und Katechesen eine wichtige Rolle spielen. Ungewohnt für die katholischen Gäste war insbesondere die andere Form von Gottesdienst, in dem gottesdienstliche Rituale zugunsten von Predigt, freiem Gebet und Lobpreis weitgehend in den Hintergrund treten.
In einem anschließenden internen Gespräch wurden die Eindrücke gesammelt und dabei überlegt, ob solche Elemente auch für katholische Gemeinden fruchtbar sein könnten. Hilfreich zur Seite standen bei dieser Reflexionsrunde die Pastoralreferentinnen Sandra Petrollo und Dominique Haas, die schon seit einiger Zeit gute ökumenische Kontakte zu freikirchlichen Gemeinschaften pflegen. Wie bei einer so schwierigen Frage zu erwarten, gingen die Meinungen hier unter den katholischen Theologen und Theologiestudenten teilweise auseinander. Große Einigkeit bestand freilich darin, dass die größere Lebendigkeit des Gemeinschaftslebens innerhalb der freikirchlichen Gemeinden gerade in den gegenwärtigen Umbruchprozessen in der Seelsorgestruktur des Bistums auch für katholische Pfarreien vorbildhaft sein könnte. Dementsprechend nahmen die Priesterkandidaten wichtige Anregungen mit in ihre weitere Ausbildung.
Ausflug in die Nordpfalz
Das Rahmenprogramm bestand im traditionellen Ausflug des Priesterseminars in Begleitung von Bischof Dr. Wiesemann am Samstag vor der Karwoche, der dieses Jahr in die Nordpfalz führte. Erster Programmpunkt war der Besuch des Trappistinnenklosters Gethsemani in Dannenfels. Seit der von Bischof Anton Schlembach angeregten Gründung des Klosters im Jahr 1984 lebt und betet dort eine Gemeinschaft von aktuell sechs Schwestern. Bekannt ist das Kloster durch seine Paramentenwerkstatt, in der liebevoll Gewänder für den Gottesdienst gewebt und gestickt werden.
Ein barockes Kleinod ist die kleine Kirche St. Ägidius in Schweisweiler, in der zur Mittagszeit die Heilige Messe gefeiert wurde, und deren Geschichte Pfr. Markus Horbach, der den Seminaristen als ehemaliger Spiritual des Speyerer Priesterseminars noch gut bekannt ist, erläuterte. Am Nachmittag schloss sich ein Besuch der evangelischen Abteikirche in Offenbach-Hundheim an, die Pfr. Johannes Hülser in einer lebendigen und liebenswürdigen Führung für die künftigen katholischen Kollegen erschloss. Ausklang des Ausflugstages war die feierliche Vesper in der Pfarrkirche von Lauterecken und ein anschließendes fröhliches Abendessen im dortigen Pfarrheim, zu dem Pfr. Thomas Becker und seine Pfarrei eingeladen hatten.
Ein wichtiger geistlicher Höhepunkt der Theologentage war der Priestertag am Montag der Karwoche im Seminar, zu dem auch in diesem Jahr viele Geistliche des Bistums gekommen waren und bei dem Bischof Dr. Wiesemann in diesem Jahr über die verschiedenen und teils überraschenden Seiten des Petrus referierte, die in der pastoralen Arbeit wirksam werden können. Beim gemeinsamen Abendessen nach der Chrisammesse kamen die Pfarrer wie erwartet lebhaft miteinander und mit den Seminaristen ins Gespräch.
Fester Ankerpunkt der Theologentage war wie in den vergangenen Jahren auch das Ministrieren in den Domliturgien in der Karwoche und zu Ostern. Für die Priesteramtskandidaten, die während des Jahres an verschiedenen Orten studieren und lernen, ein gute Gelegenheit zur lebendigen Erfahrung der geistlichen Verbundenheit untereinander und mit dem Bischof.
Text: Stefan Häußler/ Foto: Johannes Hülser