Montag, 30. Mai 2016

Ein Raum für die Trauer

Mitglieder des Trauertreffs: Kerstin Fleischer, Eva-Maria Denig, Doris Pfeifer und Christine Merkle (v.l.n.r.) 

Trauertreff findet ab sofort jeden ersten Mittwoch im Monat statt

Germersheim. Gemeinsam trauern, Menschen treffen, die ähnlich in ihrer Trauer gefangen sind und über einen Verstorbenen auch dann noch reden dürfen, wenn es sonst keiner mehr hören möchte. Aber auch lachen und nach vorne schauen. Dazu besteht künftig Gelegenheit beim Trauertreff Germersheim, der  jeden ersten Mittwoch im Monat von 15 bis 17 Uhr in den Räumen des Caritas-Zentrums Germersheim stattfindet. Das erste Treffen ist am Mittwoch, 1. Juni.

Für Menschen, die einen lieben Angehörigen oder einen Freund verloren haben, gerät der Alltag oft aus den Fugen. Angst, Wut, Verzweiflung überwältigen sie und dennoch bleiben die meisten allein mit ihrem Leid. Der Tod ist in Deutschland kein Thema für die Öffentlichkeit. „Umso wichtiger ist es, einen Raum zu bieten, die Trauer zuzulassen und sie mit anderen Menschen zu teilen, Begleitung zu erfahren“, sagte Joachim Mergen, Leiter des Caritas-Zentrums Germersheim bei der Einweihung des Trauertreffs am vergangenen Mittwoch.

Christine Merkle ist Hospizfachkraft. Zusammen mit sechs Ehrenamtlichen von der Hospizgruppe Germersheim, darunter auch einem Mann, kümmert sie sich in Zukunft um den Trauertreff. Sie ist seit acht Jahren als Sterbebegleiterin für den ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienst tätig und weiß um die Nöte der Angehörigen. Die monatlichen Treffen stehen jeweils unter einem bestimmten Motto, das nach etwa sechs bis acht Monaten wechselt. Zunächst geht es um das Thema „Weg“. „Der Trauerprozess ist ein Weg, den jeder alleine gehen muss“, sagt Merkle.

Die Treffen sind zweigeteilt. Anfangs sitzen die Teilnehmer in der Runde zusammen und dürfen erzählen. In der Mitte liegen Tücher und Gegenstände zum Thema, Kerzen brennen. „Wenn man weint oder sehr traurig ist, fällt es oft einfacher, diese Mitte zu betrachten und nicht andere Menschen anzusehen“, sagt Merkle. „Wer reden möchte, darf reden, doch es ist keine Muss“, erklärt Eva-Maria Denig, Mitglied der Hospizgruppe. Dann wird eine Geschichte vorgelesen und noch einmal miteinander gesprochen. Anschließend sind die Teilnehmer eingeladen, noch ein bisschen zu bleiben, eine Tasse Tee oder Kaffee miteinander zu treffen. „Wir lassen niemanden nach Hause gehen, der weint oder dem es nicht gut geht“, verspricht Merkle.

Erfahrungsgemäß kommen Trauernde rund ein Jahr zu solchen Veranstaltungen, doch wer länger bleiben möchte, kann das gerne tun, jeder Mensch trauert schließlich anders. „Wir möchten, dass die Menschen wieder auf die Füße kommen“, sagt Eva-Maria Denig. Im Idealfall finden sie neue Bekannte, mit denen sie gemeinsame Unternehmungen machen.

Den Anstoß zum Trauertreff in Germersheim haben die Seniorenbeauftragten der Stadt Germersheim, Maria und Kurt Weber, vor rund drei Jahren gegeben. „Trauer ist individuell, sie betrifft nicht nur alte Leute“, erklärte Weber bei der Einweihung. „Dass wir nun soweit sind, diesen Raum bieten zu können, ist einmal mehr das Ergebnis einer guten Kooperation und Vernetzung in Germersheim“, sagte Mergen. Unterstützung gab es von Bürgermeister Marcus Schaile, der auch Mitglied des Lions-Club ist. Der Lions-Club hat die einjährige Ausbildung von Christine Merkle zur Trauerbegleitung finanziert. Die ehrenamtlichen Helfer wurden von Kerstin Fleischer, Referentin für Hospiz und Trauerseelsorge im Bischöflichen Ordinariat Speyer geschult. „Wir wollten den Treff auf breite Füße stellen und haben uns mit den verschiedenen Trauertypen und dem Phänomen Trauer, aber auch mit unserer eigenen Trauer befasst“, erklärt sie. Die Ehrenamtlichen werden auch in Zukunft bei Bedarf von ihr betreut und pflegen auch den Austausch untereinander.

Der Trauertreff ist für alle Trauernden offen, überkonfessionell und kostenlos. Eine vorherige Anmeldung ist sinnvoll, aber nicht zwingend nötig. Angesprochen sind vor allem Menschen in der Stadt Germersheim und den Verbandsgemeinden Bellheim und Lingenfeld.

Information und Anmeldung bei Christine Merkle unter Telefon: 07274-703467

Ort der Veranstaltung: Caritas-Zentrum Germersheim, 17er Straße 1, 76726 Germersheim

Text / Foto: Caritasverband / Christine Kraus