Donnerstag, 27. Juli 2023
Viele Kinder in Deutschland gelten als armutsgefährdet
Der Fachbereich Arbeitswelt berichtet über die Lage
Speyer. Kein Geld für ein paar Urlaubstage, ein Eis oder ein Museumsbesuch? Wer sich das nicht leisten kann, kann als arm bezeichnet werden. Armutsgefährdet waren in Deutschland im vergangenen Jahr rund 2,2 Millionen oder knapp 15 Prozent aller Kinder unter 18 Jahren, wie das Statistische Bundesamt mitteilt.
Familien, ein Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren, werden als armutsgefährdet eingestuft, wenn das monatliche Einkommen unter 2625 Euro netto liegt. Gespart werden muss dann überall – auch an den Kindern. Das heißt, die Jungen und Mädchen besitzen keine Markenklamotten, kein Smartphone, können keine aufwendigen Kindergeburtstage feiern. Ein eigenes Zimmer zum Lernen, ein eigener Laptop oder PC, Nachhilfe? In der Regel nicht drin.
Die Hauptursachen für Armut – sie gelten für Erwachsene gleichermaßen – sind vielfältig. Trotz guter Beschäftigungslage sind derzeit 2,55 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos. Das entspricht einer Quote von 5,5 Prozent. Sie erhalten seit diesem Jahr ein Bürgergeld, das immerhin den Lebensunterhalt sichert. 29,8 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Teilzeit, oft, weil Betreuungsmöglichkeiten fehlen. Auch Familien mit drei oder mehr Kindern sind besonders von Armut betroffen, weil ein Elternteil meist keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen kann. Nicht zuletzt spielt der Bildungsstand eine Rolle. Denn Menschen mit niedrigem Bildungsstand haben meist schlechter bezahlte Jobs und sind folglich kaum in der Lage, gut von ihrem Lohn leben zu können.
Ist das Familienbudget schmal, müssen Kinder auf vieles verzichten, häufig sogar auf ein warmes Mittagessen. Und Kindern aus armen Familien gelingt nur selten der gesellschaftliche Aufstieg. „Armut ist nicht nur ein materielles, sondern auch ein gesellschaftliches Problem“, kommentiert der Malteser Hilfsdienst. Der Sozialverband Deutschland warnt gar vor dem Auseinanderdriften der Gesellschaft, wenn sich die Situation für Betroffene nicht ändert.
Wie kann Abhilfe geschaffen werden? Das Team vom Fachbereich Arbeitswelt schließt sich dem Malteser Hilfsdienst (MHD) an, der bessere und längere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder fordert. Kostenlose Zugänge zu Theatern, Zoos, Schwimmbäder ermöglichten Jungen und Mädchen aus Familien mit niedrigen Einkommen eine gleichberechtigte Teilhabe. Hilfreich wäre außerdem, wenn Zusatzleistungen unkomplizierter und unbürokratischer beantragt werden könnten, unterstreicht der MHD. Die geplante Kindergrundsicherung sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Schließlich müsse sich die Politik für gerechtere und faire Löhne einsetzen, die ein gutes Leben für die ganze Familie gewährleisten. „Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert“, heißt es in der Bibel. Und diese Aussage gilt heute immer noch.
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