Mittwoch, 22. Oktober 2025
Ein Angebot, das in Rheinland-Pfalz einzigartig ist

Philipp Befurt ist 91 Jahre alt und wird in seinem Alltag unterstützt von Edgar Brechtel von der Ökumenischen Nachbarschaftshilfe in Schifferstadt.
Der Caritasverband für die Diözese Speyer zeichnet die „Ökumenische Nachbarschaftshilfe Schifferstadt“ mit den Nardini-Preis 2025 aus.
Schifferstadt. Seit 34 Jahren steht die „Ökumenische Nachbarschaftshilfe Schifferstadt“ für menschliche Wärme und ein starkes Miteinander. Nun wurde das Engagement mit dem Nardini-Preis 2025 des Caritasverbandes für die Diözese Speyer ausgezeichnet. Der Preis würdigt das jahrzehntelange Engagement der Gruppe und ist mit 1.000 Euro dotiert.
„Für mich bedeutet Nachbarschaftshilfe, christlich aktiv zu sein und den Glauben im Handeln zu leben“, sagt Edgar Brechtel, der sich seit 18 Jahren in der Leitung einbringt. Unterstützt wird er von einem sehr engagierten Leitungsteam. Unter anderem von Doris Sellinger, die für die Terminabsprachen zwischen Hilfesuchenden und NachbarschaftshelferInnen verantwortlich ist. Er ist einer von derzeit 54 ehrenamtlich Tätigen, die zwischen 18 und 89 Jahre alt sind. Gemeinsam investieren sie jährlich für etwa 40 Menschen rund 5.000 Stunden in die Hilfe für andere. Alleine das Fahrerteam sind 15 Engagierte, die es übernehmen, die Menschen zu ihren Terminen zu bringen.
Die ökumenische Initiative wurde 1991 gegründet – damals begann sie mit fünf Freiwilligen. Heute ist sie ein fester Bestandteil in Schifferstadt und wird von der Pfarrei Hl Edith Stein, der evangelischen Kirchengemeinde und der Stadtverwaltung unterstützt. Mit Flyern, persönlichen Kontakten und vielen positiven Erfahrungen gelingt es immer wieder, neue Helferinnen und Helfer zu gewinnen.
Das Angebot der Nachbarschaftshilfe ist vielfältig: Helferinnen und Helfer begleiten ältere Menschen zu Arztbesuchen, Einkäufen, Behörden oder Friedhofsbesuchen, leisten Fahrdienste und verbringen gemeinsame Stunden bei Spaziergängen, Brettspielen oder beim Kaffeetrinken. „Oft entstehen daraus Freundschaften – nicht nur untereinander, sondern auch mit den Menschen, die unsere Hilfe brauchen“, erzählt Brechtel.
In vielen Jahren hat er selbst unzählige Begegnungen erlebt, die ihm nahegegangen sind. Besonders erinnert er sich an die Begleitung eines blinden Mannes, mit dem sich über Jahre eine enge Freundschaft entwickelte. Auch die Betreuung einer Frau mit psychischer Erkrankung, die er über Jahre lang begleitete, hat ihn geprägt.
„Wir entlasten mit unserem Engagement auch pflegende Angehörige“, erzählt Brechtel. „Und wenn jemand in einer finanziellen Notlage steckt, schauen wir, ob wir auch das unterstützen können.“ Innerhalb der Stadt Schifferstadt ist die Gruppe eng vernetzt mit dem Pflegestützpunkt, der Sozialstation, dem Seniorenbeirat, den Altersheimen sowie mit dem Netzwerk „Gegen Einsamkeit im Alter“.
Die Nachbarschaftshilfe Schifferstadt nimmt in Rheinland-Pfalz eine besondere Stellung ein: Sie ist die einzige ökumenische Initiative, die vollständig ehrenamtlich und kostenlos arbeitet. Anders als bei Sozialstationen ist für die Inanspruchnahme der Unterstützung kein Pflegegrad erforderlich. Dadurch können auch Menschen Hilfe erhalten, die keine Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen können.
Neben den praktischen Hilfen legt die Nachbarschaftshilfe großen Wert auf Gemeinschaft und gegenseitige Stärkung. Alle zwei Monate treffen sich die Ehrenamtlichen zum Austausch, zu Fortbildungen und zur Pflege des Miteinanders. Dazu gehören auch ein jährliches Dankesessen und gemeinsame Feiern. Dass die Gruppe ökumenisch aufgestellt ist, macht sie besonders: „Katholische und evangelische Christinnen und Christen arbeiten hier Hand in Hand. Wir leben, was uns verbindet“, sagt Brechtel. Für den 76-Jährigen ist ehrenamtliches Engagement auch eine persönliche Lebensaufgabe. „Ich habe gesehen, wie mein Vater über viele Jahre anderen geholfen hat. Das hat mich motiviert“, erzählt er. „Man sollte nicht bis zur Rente warten, um sich einzubringen. Wer anderen hilft, bekommt viel Liebe und Freude zurück.“
Der Nardini-Preis ist für das gesamte Team der Nachbarschaftshilfe eine große Anerkennung. Er zeigt, dass ihre Arbeit gesehen wird – und dass gelebte Menschlichkeit im Alltag einen bleibenden Unterschied macht.
Informationen zum Nardini-Preis
Der Caritasverband für die Diözese Speyer hat 2010 den Nardini-Preis zum ersten Mal vergeben. Der Preis würdigt das Engagement ehrenamtlich tätiger Gruppen, die in ihrer Pfarrgemeinde oder in Zusammenarbeit mit kirchlich-caritativen Einrichtungen neue Wege gehen, um Menschen in Not zu helfen. „Das Lebenswerk und Glaubenszeugnis des Seligen Paul Josef Nardini sind auch für Christen von heute Vorbild und Ansporn“, erklärt die Caritasdirektorin Barbara Aßmann. Ehrenamtlich tätige Gruppen sollen ermutigt werden, sich in der Caritasarbeit der Diözese Speyer zu engagieren, und dafür neue Impulse erhalten. Die Verleihung erfolgt beim jährlich stattfindenden Caritas-Tag der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Fest der Heiligen Elisabeth. Vorgeschlagen werden können ehrenamtlich tätige Gruppen. Der Preisträger wird immer zum 22. Oktober verkündet, dem Tag der Seligsprechung von Paul Josef Nardini.
Die Jury
Der Preisträger wird von einer Jury ausgewählt. Diese besteht aus Sr. Roswitha Schmid (Oberin der Mallersdorfer Schwestern im Nardinihaus Pirmasens), Barbara Aßmann (Caritasdirektorin für die Diözese Speyer, DiCV), Hubert Mathes (Chefredakteur der Kirchenzeitung „Der Pilger“), Melanie Müller von Klingspor (Pressesprecherin des DiCV Speyer), Christine Stolle (Mitglied im Vorstand des Caritas Forum-Ehrenamt) und Stefanie Horn-Wolniewicz (Referentin für Gemeindecaritas und Engagementförderung im DiCV Speyer).
Text: Samira Münch für den Caritasverband für die Diözese Speyer, Fotos: privat