Montag, 24. Oktober 2016
„Den Menschen zuhören – mit ganzem Herzen“
Studientag zum Thema „Von den Philippinen lernen“
Neustadt. „Es gab viele Spotlights und beeindruckende Zeugnisse von den Philippinen.“ So fasste Christoph Fuhrbach, Referat Weltkirche im Bistum Speyer, den Studientag mit dem Titel „Von den Philippinen lernen!?“ zusammen. 20 Interessentinnen und Interessenten hatten sich am Samstag im Pfarrheim St. Pius in Neustadt eingefunden, um von Kardinal Orlando Quevedo, Erzbischof auf der philippinischen Insel Mindanao, Pater Daniel Pilario, Dekan der St. Vincent School of Theology, und Joseph Guevarra, Mitarbeiter des Pastoralinstituts Bukal ng Tipan, zu erfahren, wie sich Kirche in ihrer Heimat darstellt, was es mit den Kleinen Christlichen Gemeinschaften auf sich hat.
Die Philippinen sind weder in gesellschaftlicher, wirtschaftlicher noch pastoraler Hinsicht mit Deutschland vergleichbar. Dennoch lassen sich einige Erkenntnisse und Neuerungen der dortigen Kirche übertragen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass nicht nur im Bistum Speyer ein neues Pastoralkonzept auf den Weg gebracht werden soll. Zunächst, sagte Kardinal Quevedo, seien in seiner Heimat die Organisationen und Strukturen geändert, moderne Pastoralprogramme aufgelegt und neue regionale christliche Gemeinschaften gegründet worden. Wichtig ist in seinen Augen auch gewesen, von der Priesterzentriertheit loszukommen. Die Laien gelte es, aus der Passivität herauszuholen und sie zu stärkerer Aktivität zu motivieren. In kleinsten Gemeinschaften, in der Familie, in der Nachbarschaft sollte gemeinsam gebetet, sollte über den Glauben gesprochen und er gelebt werden.
Der Kardinal räumte ein, dass der Wandel ein langwieriger und schwieriger Prozess ist. In einem ersten Schritt, sagte er aus seiner Erfahrung, müssten die Priester für die Veränderungen sensibilisiert werden. Er selbst trägt den Seelsorgern immer wieder auf, „den Menschen zuzuhören und zwar mit ganzem Herzen“. Nur auf dieser Basis lasse sich die Metanoia, die Umkehr und Neuerung des Denkens und Handelns, bewerkstelligen.
„Sehen, verstehen, handeln“, schrieb Pater Pilario der deutschen Kirche als Lösungsvorschlag für die anstehende Erneuerung ins Stammbuch. An dieser Regel hätten sich auch die philippinischen christlichen Gemeinschaften ausgerichtet. Mit Hilfe einer Sozialanalyse sei zu schauen, was die Menschen vor Ort brauchten, die Armen, die Einsamen, die Flüchtlinge, kurz alle, die am Rande stehen. Nach Worten Pilarios befinde sich selbst mancher Priester an der Peripherie, spende die Sakramente, halte Gottesdienste, habe aber keinerlei Bezug zu den Mitgliedern seiner Gemeinde. Auch diese Seelsorger müssten sich ändern. Den Gläubigen riet er, Visionen zu entwickeln, diese miteinander zu teilen und einen neuen Aufbruch zu wagen, den Traum vom Leben in Fülle hier und jetzt umzusetzen. Eigentlich, meinte der Pater, sei das für die Deutschen nicht neu, schließlich hätten sie einst die Erkenntnisse der Bibelwissenschaften verbreitet. „Wir haben nur kopiert“, fügte er lächelnd an. Und es hat auf den Philippinen funktioniert, wie der Kardinal und der Pater, die auf Einladung von Missio München in Deutschland weilten, bestätigten.
Er habe einige neue Einsichten gewonnen, auch wenn die Situation natürlich nicht direkt übertragbar sei, bilanzierte Christoph Fuhrbach. Aber ausgeschlossen – ja, auch von der kirchlichen Gesellschaft – seien hier ebenfalls viele. Und um diese sollten sich die Pfarrgemeinden insbesondere kümmern. Die Verbindung von Glauben und Leben müsste in seinen Augen intensiviert werden.
Thomas Jäger, Pastoralreferent in Kandel, hat besonders der Gedanke gefallen, dass sich „die Hauptamtlichen selber einmal in Frage stellen sollten“. Nicht die Perspektive des Besserwissenden einnehmen, sondern auf die Menschen zugehen und ihre Meinung anhören. Ganz konkret werde er bei der nächsten Gemeindeausschusssitzung Martiniriegel ausgeben, also teilen, und zuhören. Nachdenken will er auch darüber, wie sinnvoll unsere „Versorgungseinrichtungen“ sind. Statt den Menschen Almosen zu geben, sollte ihnen Teilhabe gewährt werden; eine ganz neue Denkrichtung, die er mitnehme und diskutieren möchte.
Text: Regina Wilhelm / Foto: Fritz Stark, missio München