Mittwoch, 05. Juli 2023
Gemeinsam eine gute Arbeitswelt gestalten

Die Ausstellung „Gute Arbeit“ in der Kirche St. Fronleichnam in Homburg ist noch bis zum 20. Juli zu sehen.
Eröffnung der Ausstellung „Gute Arbeit“ in der Kirche St. Fronleichnam in Homburg.
Homburg. „Die Arbeit der Zukunft wird anspruchsvoller, komplexer und dynamischer.“ Wie genau das sein wird und wie die Gewerkschaften damit umgehen werden, darüber sprach Simone Bubel, Regionsgeschäftsführerin der DGB Region Saar-Trier bei der Eröffnung der Ausstellung „Gute Arbeit“ in der Kirche St. Fronleichnam in Homburg. Diese wurde organisiert vom Fachbereich Arbeitswelt im Bischöflichen Ordinariat in Speyer. Weitere Referenten waren der Beigeordnete der Stadt Homburg, Manfred Rippel, sowie der Leiter der Abteilung Pfarrei und Lebensräume im Bistum Speyer, Dr. Thomas Kiefer, ein. Für den musikalischen Rahmen sorgte Ralph Buchstäber am E-Piano.
Die Arbeitswelt verändere sich tiefgreifend und in einer noch nie dagewesenen Schnelligkeit, betonte Simone Bubel. Sie sprach von Potenzialen und Chancen, aber auch von Risiken. So habe sich einerseits zwar die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dank Homeoffice verbessert. Doch zeigten sich andererseits problematische Entwicklungen: In den letzten 20 Jahren ist ein Niedriglohnsektor entstanden, der es den Menschen kaum erlaube, ohne Unterstützungsleistungen zu leben. Weiter monierte sie, dass immer mehr Unternehmen tarifungebunden sind. Wegen der sich verschärfenden Situation habe die Bundesregierung 2014 das Mindestlohngesetz verabschiedet: Doch es reiche nicht, dass Arbeit zu guter Arbeit werde. Nebenbei: Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12,41 Euro fange gerade mal zur Hälfte die Inflation von 6 Prozent auf.
Für die Gewerkschaften – wie für die Kirchen – steht immer noch der Mensch im Mittelpunkt, trotz aller andern nicht zu vernachlässigenden Aspekten, wie Bubel betonte. Damit die Menschen von guter Arbeit reden können, müssen sie von der Transformation profitieren, müssen Arbeitsbedingungen nachhaltig und in allen Bereich verbessert werden. Sie nannte außerdem Schutz der Arbeitnehmerrechte, Sicherung des sozialen Zusammenhalts oder Mitbestimmung. Nicht zuletzt spiele Arbeitssicherheit, die psychische und physische Gesundheit am Arbeitsplatz eine zentrale Rolle.
Die Förderung guter Arbeit sah die DGB-Geschäftsführerin nicht nur als „eine moralische Verpflichtung“; sie sei vielmehr auch im wirtschaftlichen Interesse. Bubel zitierte Studien, nach denen Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen niedrigere Fluktuationsraten und produktivere Mitarbeiter aufweisen. Ergo: Gute Arbeit trägt zur Stabilität der Gesellschaft bei und fördert sozialen Zusammenhalt und Wohlstand.
Am Ende appellierte Simone Bubel an die Politik, Gesetze zu erlassen, die Arbeitsrechte schützen; an die Unternehmen, angemessene Löhne zu zahlen und berufliche Entwicklung der Beschäftigten zu ermöglichen; an alle, die Stimme zu erheben, um Missstände aufzudecken und zu beheben.
Um die Ziele zu erreichen braucht es nach Worten der Gewerkschafterin starke Verbündete. Und diese sah sie in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung und in den Kirchen. „Gemeinsam können wir eine Arbeitswelt gestalten, die den Menschen dient und ihnen Wohlstand sowie soziale Sicherheit bietet.“
„Arbeit muss so gestaltet sein, dass sie dem Menschen und seiner Umwelt dient“, flocht Dr. Thomas Kiefer einen Gedanken Simone Bubels weiter. Er orientierte sich an der Sozialenzyklika Laborem Exercens von Papst Johannes Paul II. Darin heißt es, dass die Arbeit ein Gut für den Menschen ist, weil er durch die Arbeit die Natur umwandelt und sich selbst als Mensch verwirklicht.
Drei Kriterien aus der Ausstellung beleuchtete Kiefer näher: Gute Arbeit dient dem Leben. Ist die Arbeit in den Krankenhäusern so organisiert, dass sie als heilsam und aufbauend erfahren wird? Und wie sieht es mit der Vereinbarkeit von Familie und sozialem Leben mit dem Beruf aus? Finden Frauen nach der Elternzeit wieder Anschluss auf dem Arbeitsmarkt; welchen Herausforderungen haben sie sich zu stellen, wenn sie alte Eltern pflegen müssen. Wie sieht es für Menschen mit Behinderung aus? Wie können Unternehmen motiviert werden, diese zu integrieren statt sich durch Ausgleichszahlungen freizukaufen?
Die Ausstellung, betonte Kiefer, zeige viele Facetten der Arbeit auf und rege an, einen eigenen Standpunkt zu entwickeln. „Damit wollen wir als Kirche einen konkreten Beitrag zur Umsetzung der katholischen Soziallehre leisten.“
Die Stadt Homburg beschrieb Beigeordneter Manfred Rippel als wichtigen Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort. Die zweitgrößte Stadt im Saarland mit 44.000 Einwohnern zählt etwa 32.000 Arbeitsplätze, die mit 15.000 Einpendlern besetzt sind. Mit über 5000 Beschäftigten gehören laut Rippel die Universitätskliniken zu den größte Arbeitgebern, gefolgt von Bosch.
Selbst wenn sich die Situation derzeit nicht schlechte darstelle, herrsche eine gewisse Unsicherheit. Von den gravierenden Veränderungen sei die Automobil- und die Automobilzuliefererindustrie betroffen – Schwerpunktunternehmen in Homburg. „Wohin wird die Reise in Sachen Wasserstoff und E-Mobilität gehen?“, fragte Rippel.
Auch um die Standortfaktoren ist nach Worten des Beigeordneten nicht alles zum Besten bestellt: hohe Energiekosten und strenge Umweltauflagen, Fachkräftemangel oder demografischer Wandel würden von der guten Produktivität und Infrastruktur nicht ganz aufgefangen. „Aber es bewegt sich auch was“, betonte Rippel und verwies auf das Recycling-Unternehmen, das sich bald hier ansiedeln wird. Es produziert aus alten Reifen Energie.
Die Ausstellung „Gute Arbeit“ ist noch bis 20. Juli in der Kirche St. Fronleichnam, Ringstraße 50, Homburg, zu sehen. Die Besucher sind eingeladen ihre Ansicht zu guter Arbeit zu formulieren.
Text:Fachbereich Arbeitswelt/Foto: Jürgen Kruthoff, Stadt Homburg.