Donnerstag, 30. März 2017

„Auf Leben und Tod“ : Manchmal zu Tränen gerührt

Auch der Filmgottesdienst in der Jugendkirche LUMEN stand im Zeichen der ökumenischen Aktion „Auf Leben und Tod.“ 

Eine erste Zwischenbilanz des ökumenischen Projektes zur Fastenzeit in Ludwigshafen

Ludwigshafen. Die großen Tafeln vor dem Rathauscenter und im S-Bahnhof LU-Mitte haben sich zu echten Hinguckern entwickelt. Der Satzanfang „Bevor ich sterbe, möchte ich..“ animiert viele Ludwigshafenerinnen und Ludwigshafener, zur Kreide zu greifen und aufzuschreiben, was ihnen in ihrem Leben wichtig ist.

Joachim Lauer, Leiter der Passantenseelsorge „Licht.punkt“, hat ein Team von Ehrenamtlichen organisiert, die die Tafeln täglich abfotografieren und anschließend reinigen. Er kommt selbst regelmäßig daran vorbei und sagt: „Es fasziniert zu beobachten, was an den Tafeln passiert. Natürlich gehen Menschen kopfschüttelnd oder abfällig lachend vorbei. Die Mehrheit bleibt irritiert stehen, wenn sie „Bevor ich sterbe“ lesen. Viele kommen näher und lesen interessiert, was andere geschrieben haben. Manche laufen zielstrebig zum Kreidekästchen und schreiben ein oder mehrere Gedanken auf. Geradezu unglaublich ist aber, wie einfach wildfremde Menschen hier miteinander ins Gespräch kommen - über ein Thema, bei dem uns ansonsten oft nicht einmal der Satz „Ich habe keine Worte“ über die Lippen kommt!“

Etwas kleinere Tafeln stehen auch in Ludwigshafener Schulen, bisher am Geschwister-Scholl-Gymnasium, Carl-Bosch-Gymnasium, an der IGS Edigheim und IGS Limburgerhof, und zum Abschluss kommen sie noch an die BBS Technik 2. Andrea Tavernier, Jugendreferentin im protestantischen Dekanat, ist begeistert: „Das lief an allen Schulen hervorragend! Die Tafeln waren immer sofort umlagert und beschriftet, sobald sie aufgebaut waren. Sogar der Hausmeister sagte: Wer hätte gedacht, dass junge Menschen sich für so ein Thema interessieren!“ Neben einigen – witzig gemeinten – Aussagen waren auf den Tafeln auch Wünsche zu lesen wie: „Mama stolz machen“ oder „meinen Platz im Leben finden.“ Andrea Tavernier weiter: „Viele Lehrkräfte haben das Thema auch im Religionsunterricht aufgegriffen. Es war toll, wie zuverlässig die SchülerInnen den Tafeldienst erledigt haben. Ganz viele Gespräche wurden so initiiert von Leuten, die sich vor den Tafeln getroffen haben.“

In der Jugendkirche LUMEN stand der jüngste Filmgottesdienst ebenfalls im Zeichen der ökumenischen Aktion „Auf Leben und Tod.“-  „In stimmungsvoller Atmosphäre mit dem Chor „AmiCanta“ aus Jockgrim feierten wir einen knapp zweistündigen Gottesdienst mit zehn verschiedenen Filmszenen zum Thema“, blickt Joachim Lauer, der auch die Jugendkirche leitet, zurück.  Mit rund 100 Jugendlichen war die Jugendkirche gut gefüllt, und die Fürbitten – sie bestanden aus Kerzen anzünden für Verstorbene, die uns am Herzen liegen - rührten manche zu Tränen.“

Resonanz finden auch die Kurzaktionen „Have a break – have a picture“, die bisher dreimal montags unerwartet stattfanden: Im Café König, in der Stadtbücherei und in der Metzgerei Ott. Hier steht jeweils ein Bild der Reihe „Letzte Inszenierung“ des Fotografen Thomas Brenner. Besucher oder Passanten wurden gefragt, was sie auf den Bildern sehen, und welche Gefühle sie auslösen. Viele ließen sich auf diese Unterbrechung ihres Alltags ein.

Eine weitere Veranstaltung war „Sterben für Anfänger“ mit Ludwigshafener Klinikseelsorgerinnen. Im Hörsaal des Klinikums stimmte Klinikseelsorgerin Andrea Knecht die Teilnehmenden mit kurzen Impulsen und Statistiken ein. Dass die meisten Menschen das Thema Sterben und Tod verdrängen, führe häufig zu Hilflosigkeit, Ignoranz und vor allem zu Angst, warnte sei. Helfen könnten gegen diese Gefühle hinschauen statt wegschauen, fragen und versuchen zu verstehen.

In vier Gesprächsrunden bestand ausreichend Gelegenheit, sich diesem Verstehen anzunähern. Wie ist es, wenn Kinder und Jugendliche sterben? Was ist anders, wenn Menschen auf den Tod warten, weil sie „des Lebens müde“ sind oder „Mehr Freunde und Verwandte im Himmel haben als auf der Erde“? Andrea Knecht spürte mit Interessierten der Frage nach, welche Erfahrungen sie auf der Intensivstation mit Sterbenden im Koma macht, und Annette Schulze ging auf das plötzliche Sterben ein, mit dem sie in der BG Unfallklinik fast täglich konfrontiert wird.

Die letzten Termine: 

Die Aktion „Auf Leben und Tod“  dauert noch bis Gründonnerstag, 13.04.2017. Bis dahin werden noch zwei Kanzelreden gehalten: am Sonntag, 02.04.2017, um 10 Uhr in der Melanchthonkirche, und am Sonntag, 09.04.2017, um 10 Uhr in St. Ludwig. Auch die Musikmatineen in St. Ludwig finden noch zweimal statt: am 01.04.2017 und am 08.04.2017, jeweils um 11.30 Uhr.

Ein Höhepunkt wird sicher die musikalische Lesung mit Madeleine Sauveur am Samstag, 08.04.2017, um 19 Uhr in der Trauerhalle des Hauptfriedhofs. Beendet wird die Aktion an Gründonnerstag, 13.04.2017, ab 17.30 Uhr. Vom Licht.punkt (Passantenseelsorge im Bahnhof LU-Mitte) startet der „Leichenschmaus“, ein Menü in drei Gängen, die vor dem Licht.punkt, vor St. Ludwig und in der Melanchthonkirche eingenommen werden.

Karten zum Preis von 10 Euro sind für diese beiden Veranstaltungen im Vorverkauf im Licht.punkt (montags, mittwochs und freitags von 15 bis 18 Uhr), im Ristorante „La Torre da Angelo“ im Lutherturm sowie an der Abendkasse erhältlich.

Text/Foto: Brigitte Deiters