Dienstag, 04. Juli 2017

"Wer eine Tora-Rolle anschafft, der will bleiben"

 

Generalvikar Dr. Jung und Ökumenereferent Dr. Stubenrauch nehmen an der Einbringung einer neuen Tora-Rolle in der Synagoge Speyer teil

Speyer. Sechs Jahre nach der Einweihung der Synagoge "Beith-Schalom" (Haus des Friedens) in Speyer ging ein langgehegter Wunsch der jüdischen Gemeinde in Erfüllung, Unter Beteiligung von Vertretern jüdischer Organisationen sowie aus Politik und Kirche wurde eine neue Tora-Rolle in Dienst genommen. Die Anschaffung der 25.000 Euro teuren, handgeschriebenen Rolle mit den ersten fünf Büchern der hebräischen Bibel wurde vom Bistum Speyer mit 2.500 Euro finanziell unterstützt.

"Die Einbringung einer neuen Tora-Rolle enthält Elemente einer jüdischen Trauung", erklärte Rabbiner Yitzhak Hoenig, der die Feier leitete, zu Beginn. "Denn die Beziehung zwischen der Weisung Gottes und der Synagoge bzw. dem Volk der Juden gleicht einer Ehe." Deshalb wurde die neue Tora-Rolla unter einem Baldachin und unter fröhlichem Singen und Klatschen feierlich in die Synagoge hereingetragen. Dort fand ein festlicher Gottesdienst statt, in dem zum ersten Mal ein Abschnitt aus der neuen Tora-Rolla vorgetragen wurde.

"Wer eine Tora-Rolle anschafft, der will bleiben." Mit diesen Worten beglückwünschte Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Speyerer Gemeinde. In seinem Grußwort gedachte er auch des kürzlich verstorbenen Bundeskanzlers a.D. Dr. Helmut Kohl, der großen Anteil daran gehabt habe, dass heute etwa 110.000 Juden in Deutschland leben, die überwiegend aus den ehemaligen GUS-Staaten stammen. Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, überbrachte die Grüße der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer und erinnerte an die bedeutende Tradition jüdischen Lebens in der SchUM-Stadt Speyer. Für den Speyerer Oberbürgermeister Hansjörg Eger ist die Indienstnahme der neuen Tora-Rolla eine Verpflichtung, sich auch heute entschieden gegen jede Form von Antisemitismus einzusetzen. Dazu werde man in der kommenden Zeit Stolpersteine in Speyer verlegen: "Damit wollen wir an die Vernichtung von Millionen Bürgern erinnern und zugleich ein Zeichen der Verbundenheit von jüdischer Gemeinde und Stadt Speyer setzen." Der Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz Israel Epstein dankte allen, die zu dieser Feier gekommen waren und es durch ihre Spenden ermöglicht haben, dass die Speyerer Synagoge eine neue Tora-Rolle ihr eigen nennen kann.

In Vertretung von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann nahm Generalvikar Dr. Franz Jung an der Feier teil, ebenso Ökumenereferent Dr. Thomas Stubenrauch, der die Arbeitsgruppe Christentum-Judentum des Bistums Speyer leitet. Beide erinnerten daran, dass sich das Bistum - ebenso wie die Evangelische der Kirche der Pfalz - mit 2.500 Euro an der Finanzierung der neuen Tora-Rolle beteiligt hat: "Damit zeigen wir, dass wir uns mit den Juden als unseren älteren Geschwistern im Glauben bleibend verbunden wissen. Der christlich-jüdische Dialog, den wir seit 50 Jahren führen, hilft uns", so Jung und Stubenrauch, "unseren christlichen Glauben aus seinen Wurzeln heraus tiefer zu verstehen."

Text / Foto: is