Freitag, 16. Mai 2025
„Kirche sollte Pilot für das Thema sexualisierte Gewalt sein“
Vernetzungstreffen aller Gremien, die sich seitens des Bistum Speyer mit den Themen Aufarbeitung, Intervention und Prävention beschäftigen im Kloster Neustadt – Austausch zu den Studienergebnissen der Aufarbeitungsstudie von Sylvia Schraut – Bistumsleitung will konsequent aufarbeiten und Rückschlüsse für die Zukunft ziehen
Neustadt. Beim dritten Vernetzungstreffen aller Gremien, die sich im Bistum Speyer mit Aufarbeitung, Prävention und Intervention sexualisierter Gewalt beschäftigen, gab es Raum zur intensiven Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Aufarbeitungsstudie von Prof. Dr. Sylvia Schraut. Die Professorin gab gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Benita Baum detaillierte Einblicke in das Studiendesign und die Ergebnisse.
Im Mittelpunkt der Studie stehen die Gründe, wie es in der Vergangenheit zu Missbrauch im Kontext Kirche kommen konnte. Damit soll ermöglicht werden, Missbrauch zukünftig besser zu verhindern. Die Wissenschaftlerinnen gaben Einblicke in die Aktenlage, machten deutlich, welche konkreten Zusammenhänge sie zwischen Tatkontexten und Beschuldigten sehen und wie sie die Gespräche mit Betroffenen für die Studie ausgewertet haben.
Im Rahmen der Vorstellung wurden die Themen Machtmissbrauch und Machtstrukturen, rigide Sexualmoral sowie der Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Vergangenheit angesprochen und reflektiert. Sexualisierte Gewalt, so die Wissenschaftlerinnen, ist bis heute in der Gesellschaft ein tabuisiertes Faktum. „Die Kirche sollte Pilot für das Thema sexualisierte Gewalt sein“, so Professorin Schraut in ihren Ausführungen. Die Aufarbeitungsstudie könne dabei helfen, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, heutige Verwaltungsstrukturen weiter zu reformieren und immer wieder den Blick auf Präventionsmaßnahmen zu lenken und daran weiter zu arbeiten.
An dem Treffen nahmen neben den Vertretern des Betroffenenbeirats, Mitglieder der Unabhängigen Aufarbeitungskommission, die unabhängigen Ansprechpersonen sowie das Netzwerk Prävention teil. Ebenso waren zwei Hauptabteilungsleiterinnen des Bischöflichen Ordinariats, der Offizial und Ordensreferent sowie Mitarbeitende des Rechtsamts und des Archivs bei dem intensiven Austausch im Kloster Neustadt dabei. Außerdem waren Vertreter des Beratungsteams „Irritierte Systeme“ anwesend, die derzeit die Pfarreien und Einrichtungen mit Gesprächsangeboten unterstützen.
Das Treffen ermöglichte rege Diskussionen über einzelne Themen der Studie und Thesen der Wissenschaftlerinnen. Persönliche Erfahrungsberichte von Mitgliedern des Betroffenenbeirats gaben den Anwesenden einen eindrücklichen Blick auf die Relevanz der Erkenntnisse der Studie. Im gemeinsamen Dialog wurden im Anschluss an die Vorstellung der Studie Vereinbarungen für die kommende Zusammenarbeit getroffen. Die einzelnen Gremien werden in einem ersten Schritt erarbeiten, wie die Erkenntnisse im Bistum Speyer konkret umgesetzt werden können. Es sollen Formate entstehen, durch welche man sich der Studie annähern kann, beispielsweise Gesprächsrunden und Lesehilfen. Der Betroffenenbeirat brachte erneut das Angebot ein, durch die persönliche Begegnung dem Thema ein Gesicht zu geben.
Die Studie dient als Grundlage für die weitere Betrachtung, wie die Themen Aufarbeitung, Prävention und Intervention in ihrer praktischen Umsetzung optmiert werden können. Ziel ist es, die derzeitigen Strukturen zu hinterfragen und gemeinsam mit den Gremien, darunter die Unabhängige Aufarbeitungskommission und der Betroffenenbeirat, die Bekämpfung sexualisierter Gewalt im Bistum Speyer fortzuführen.
Die Präsentation von Prof. Dr. Sylvia Schraut und ihrem Team kann hier heruntergeladen werden.