Montag, 01. Februar 2016

Jesus Christus ist die Mitte der Heiligen Schrift

Teilnehmer erspüren das Bibelprojekt "Ein Augenblick" 

Studientag für ökumenisch Interessierte und Engagierte zur Bedeutung der Hl. Schrift

Neustadt. „Die Bibel als gemeinsamer Schatz“ – unter diesem Motto stand der diesjährige Studientag des Bistums Speyer für ökumenisch Interessierte und Engagierte im Herz-Jesu-Kloster in Neustadt. Die ca. 60 Teilnehmenden aus unterschiedlichen Konfessionen beschäftigten sich mit der Bedeutung der Hl. Schrift im Leben der Kirchen. Die Vorstellung des ökumenischen Bibelprojekts „EinAugenBlick“ und ein gemeinsames Bibelteilen zeigten, wie die Bibel im Gemeindeleben fruchtbar gemacht werden kann.

Das Evangelium Jesu Christi als Mitte der Schrift

Der frühere Bildungsdezernent der Pfälzischen Landeskirche OKR i.R. Dr. Klaus Bümlein betonte in seinem Impulsreferat die zentrale Rolle der Hl. Schrift für die evangelische Kirche: „Die Bibel ist mehr als ein Schatz aus menschlichen Erfahrungen. Durch sie wird die immer neu bestürzende Stimme Gottes hörbar, die tröstet und inspiriert“. Für evangelische Christen sei die Schrift von ihrer Mitte her zu verstehen, „von Jesus Christus und seinem froh machenden Evangelium vom Übergewicht der Gnade“. Deshalb sei es für Luther ein zentrales Anliegen gewesen, dass die Bibel von allen verstanden und in den „Lebenshorizont der Menschen“ gestellt werde. Bümlein sprach als Resümee drei Einladungen aus: die Bibel zu lesen und in Verkündigung und Gottesdienst zu hören, ihre Kraft in Meditation und Tun zu erfahren, und sie als „unausschöpfliches Geschenk Gottes“ an die Gemeinschaft der Glaubenden und an jeden Einzelnen zu verstehen.

Eine weitgehende Übereinstimmung im ökumenischen Dialog

„Beim Thema Bibel muss sich die katholische Kirche eingestehen, dass sie lange Zeit bibelvergessen war“, so der Ökumenereferent des Bistums Dr. Thomas Stubenrauch in seinem Referat. Das II. Vatikanische Konzil habe das Verhältnis von Kirche, Tradition und Hl. Schrift als Instanzen, die zusammen das Wort Gottes bezeugen und interpretieren, vertieft und die Bedeutung der Bibel neu herausgestellt. Sie sei der bleibende „Ursprung und Norm der Kirche und ihrer Lehre“ und stehe der Kirche kritisch gegenüber. Gleichzeitig bedürfe sie der Gemeinschaft der Glaubenden und des Lehramts, um in rechter Weise ausgelegt zu werden. Auch wenn im ökumenischen Gespräch über die Hl. Schrift noch manche Fragen offen seien, so gibt es nach Überzeugung von Stubenrauch eine „so weitgehende Übereinstimmung, dass ihre unterschiedlichen Akzentsetzungen nicht aus sich heraus die Trennung der Kirchen rechtfertigen“. Bedauerlich sei aber, dass die Ergebnisse ökumenischer Dialoge in den Kirchen oft nicht hinreichend rezipiert und umgesetzt werden.

Die Bedeutung der Bibel für das eigene Leben entdecken

Dass die Bibel auch heute noch Menschen begeistern und mobilisieren kann, zeigte das ökumenische Bibelprojekt „EinAugenBlick“. Etwa 200 Kinder, Jugendliche und Erwachsene präsentierten im Herbst 2015 in Westheim zehn lebendige Bilder zur Bibel, von der Darstellung Jesu im Tempel über die Hochzeit zu Kana bis hin zu den Auferstehungsberichten. Noch heute, so die beiden Verantwortlichen Pastoralreferent Thomas Bauer aus der Pfarrei Germersheim und Pfarrer Martin Oesterling von der protestantischen Kirchengemeinde Westheim/Lingenfeld, seien die positiven Wirkungen spürbar: „Auch weniger Kirchengebundene entdeckten die Bibel neu … die Mitwirkenden fühlten sich selbst beschenkt … das ökumenische Miteinander hat einen neuen Schwung erfahren“. Marius Wingerter, Referent für Räte im Bischöflichen Ordinariat und einer der Organisatoren des Studientags, dankte den Gästen für die lebendige und begeisternde Vorstellung des Projekts und zeigte sich überzeugt, dass es viele Nachahmer finden werde.

Die Kirche bildende Kraft des Bibel-Teilens

Zum Abschluss feierten die Teilnehmer des Studientages in Kleingruppen ein Bibel-Teilen. Zwar, so Stubenrauch in seiner Hinführung, sei das Bibel-Teilen als Methode seit etwa 30 Jahren bekannt und verbreitet. Aber lange Zeit habe man seinen Charakter als „gottesdienstliche Feier der Gegenwart Gottes in seinem Wort“ und seine „Kirche bildende Kraft“ zu wenig beachtet. Die gefeierte Form des Bibel-Teilens war einer Arbeitshilfe der Evangelischen Kirche der Pfalz und des Bistums Speyer entnommen, die in einigen Wochen erscheinen wird. Unter der Überschrift „Pfingsten gemeinsam feiern“ enthält sie eine Fülle von Gottesdienstmodellen, Anregungen für die Verkündigung und liturgische Bausteine. Mit ihr sollen Pfarreien und Kirchengemeinden ermutigt werden, die ökumenische Dimension des Pfingstfestes und die positiven Erfahrungen des Ökumenischen Kirchentags an Pfingsten 2015 in Speyer zu vertiefen und gemeinsam zu feiern.

Text: Thomas Stubenrauch / Foto: Marius Wingerter