Freitag, 30. November 2018
Dem Fußball abgeguckt

Neun ehrenamtliche Gottesdienstleiter und -leiterinnen des Bistums ließen sich von der Stadion-Stimmung auf dem Betzenberg inspirieren.
Innovativer Workshop zeigt neue Wege für den Gottesdienst
Kaiserslautern. Im Fußballstadion kochen die Emotionen hoch. Jubelschreie, Luftsprünge, innige Umarmungen sobald ein Tor fällt. Tränen und hängende Köpfe beim Sieg des Gegners. Das Zeigen von Gefühlen gehört beim Kicken dazu wie das Einschwören der Mannschaft in der Kabine, das Einlaufen ins Stadion und die La-Ola-Welle der Fans. Spontane Reaktionen und Zeichen des Gemeinschaftssinns, an denen es in den Gottesdiensten mangelt. Wie also lassen sie sich in den Kirchenraum übertragen?
Diesem Experiment stellten sich neun ehrenamtliche Gottesdienstleiter und -leiterinnen des Bistums am letzten Novemberwochenende auf dem Betzenberg in Kaiserslautern. In der Arena des 1. FCK sollten sie unter Anleitung des Göttinger Regisseurs Bernward Konermann unterschiedliche Situationen eines Fußballspiels und die damit einhergehenden Gefühle als Gruppe darstellen. Eine Gottesdienst-Werkstatt der besonderen Art, die ein klares Ziel hatte. „Sich von der Stadion-Stimmung inspirieren zu lassen, um neue Ausdrucksformen für den Gottesdienst zu finden, die bei den Menschen Herz und Verstand ansprechen und sie begeistern. Gleichzeitig ging es darum, dass das Gottesdienstteam den gemeinschaftlichen Zusammenhalt wahrnimmt und sich entsprechend aufstellt“, erklärt Clemens Schirmer, Liturgiereferent des Bistums Speyer, Theaterpädagoge und Initiator des Workshops.
Festgehalten von dem Sportfotografen Markus Hoffmann, wurden die Szenen in einem weiteren Schritt in zwei unterschiedlichen Kaiserslauterer Kirchen dargestellt. Im neutralen Kirchenraum der Rochuskapelle Hohenecken und im kraftvollen Inneren von St. Theresia. Dabei sei deutlich geworden, dass sich die sportlichen Gefühlsausdrücke zwar nicht eins zu eins in den Kirchenraum übertragen lassen, aber das Erfahrene habe die Gottesdienstleiter und -leiterinnen angeregt, neue, stimmige Gottesdienstformen zu entwickeln, so Schirmer. Nicht zuletzt weil der Zusammenhang von Raum, Gefühl und Ausdruck spürbar geworden sei.
Am nächsten Tag der Fortbildung, hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, über das Erlebte ins Gespräch zu kommen und Schlüsse daraus zu ziehen. „Ich fand die Fortbildung sehr mutig. Auch ohne einen Bezug zum Fußball, war es erstaunlich, wie gut wir uns auf die Situationen und Gefühle einlassen konnten“, sagt eine Gottesdienstleiterin. Die Werkstatt habe verdeutlicht, dass die obligate Liturgie über wenig unterschiedliche Ausdrucksformen verfüge und „wir uns anders wahrnehmen und hinterfragen müssen. Es wurde klar, dass es nicht die einzig richtige Gottesdienstform gibt, sondern zahlreiche Spielarten. Damit entfällt ein Zwang, was ich als sehr wohltuend empfinde.“ Es sei längst überfällig, mit starren Strukturen zu brechen, die Kirchenräume neu zu schaffen und zu denken. Doch leider stemmten sich noch immer viele der Hauptamtlichen im Mittelbau zwischen Ordinariat und Ehrenamtlichen gegen Neuerungen, bedauerte die Teilnehmerin.
Text: Friederike Jung/ Fotos: Markus Hoffmann