Freitag, 10. Juni 2016
„Tanzstunde“ für Seelsorger: Der Tango der Barmherzigkeit

Sie gestalteten die Pastoraltage mit (v. r. n.l): Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, Dr.Stefan Walser OFMCap, Prof. Dr. Ludger Schulte OFMCap, Domkapitular Josef Szuba.
Pastoraltage für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diözese
Germersheim/Maria-Rosenberg. Rund 320 pastorale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Diözese staunten nicht schlecht, als sie bei den Pastoraltagen 2016 zum Tango gebeten wurden, um besser zu verstehen was gemeint ist, wenn wir von der Barmherzigkeit Gottes sprechen. Zugegeben: Sie mussten nicht selbst tanzen – doch auch die Video-Präsentation eines Tangos war überraschend und provozierend.
In der Tat wollten die beiden Referenten der Pastoraltage, die Kapuziner-Patres Prof. Dr. Ludger Ägidius Schulte (Münster) und Dr. Stefan Walser (München) provozieren. Und dies aus gutem Grund. Sie waren eingeladen, mit den Priestern, Diakonen, Gemeinde- und Pastoralreferentinnen und –referenten im Jahr der Barmherzigkeit dieses Themenfeld nochmals neu zu bedenken. Weil nun die Barmherzigkeit Gottes uns Menschen gegenüber selbst eine Provokation ist, genauer eine „Provokation zum Leben“, durften die Referenten ihrerseits mit gutem Grund provozieren.
Teilnehmer, die mit der Haltung, dass es langweilig und bieder zugehen würde, zu einem der beiden Pastoraltage in die Stadthalle Germersheim (am 8. Juni) oder in das Geistliche Zentrum Maria Rosenberg nach Waldfischbach-Burgalben (am 9. Juni) gefahren waren, wurden gründlich überrascht. Schnell gelang es den Referenten, die Aufmerksamkeit, ja interessierte Neugier der pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Sie lenkten die Blicke aus ungewohnten Perspektiven auf ein Thema, das so vertraut schien, dass viele gar nicht mehr genau hinschauen. In guter franziskanischer Tradition ergänzten sich die Kapuziner-Patres und boten einen höchst abwechslungsreichen Geistlichen Tag, in dem bibeltheologische und dogmatische Ausführungen durchwebt und bestätigt wurden mit Einsichten aus gelebter und überzeugender Spiritualität ihrer Ordenstradition.
Auch die Lebenserfahrung der Referenten gepaart mit einem guten Schuss Humor und Gelassenheit führte die Teilnehmer der Tage ganz neu an die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes, die allen Menschen gilt – auch ihnen als Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Je mehr diese selbst erfahren, dass und wie sie durch die Barmherzigkeit Gottes immer wieder neu den Ruf und die Zusage Gottes hören: „Bleib am Leben“ (Ez 16,6c), desto glaubwürdiger können sie Zeugen der Barmherzigkeit werden und diese durch ihr Leben verkünden.
Die heitere und herzliche Stimmung, die in den Vorträgen geweckt wurde, erfüllte auch die Pausen, in denen lebhafte Gespräche zeigten, wie gut die Referenten den Alltag der pastoralen Mitarbeiter getroffen hatten und wie hilfreich und inspirierend ihre Impulse waren.
Die pastoralen Mitarbeiter der Diözese wussten auch zu schätzen, dass sich Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und Personalchef Domkapitular Josef D. Szuba an beiden Tagen viel Zeit für sie genommen hatten. So konnte der Alltag mit all seinen Herausforderungen und Belastungen wohltuend unterbrochen werden. Die gemeinsame Zeit, zusammen beten und singen, der Austausch untereinander und die gegenseitigen Bereicherungen in Gesprächsgruppen waren ein unverhofftes und unverdientes Geschenk – wie eben auch die Barmherzigkeit Gottes: Eine Provokation zum Leben.
Übrigens: Der Tango hat – so die Wahrnehmungen der Teilnehmer – mehr mit der Barmherzigkeit zu tun, als man auf den ersten Blick vermuten möchte: Da geht es um Leidenschaft, den anderen auffangen, selbst führen und sich führen lassen, einander folgen, aber auch einander lassen, Gleichklang (manchmal auch gegenläufig) und vieles mehr. Der Tango kennt den Menschen aus Fleisch und Blut. Das sagt unser Glaube auch über Gott – und Jesus gibt sich uns in seinem Fleisch und Blut. Wir ahnen es: eine solche Tanzstunde öffnet die Augen und Ohren.
Text/Foto: Alois Moos