Freitag, 28. April 2017
"Gute Mischung zwischen Information und authentischen Glaubensvertretern"

Bischof Karl-Heinz-Wiesemann stellte sich den kritischen Fragen der Schüler zur Kirche und gab Einblicke in sein persönliches Leben.
Schülertage im Bistum Speyer feiern fünfjähriges Jubiläum
Speyer. Die Schülertage unter dem Titel "Meine Diözese" feiern gerade ihr erstes Jubiläum. Zum fünften Mal sind Schülerinnen und Schüler nach Speyer eingeladen, mehr über das Bistum, den Dom, die Caritas, über das Engagement und Berufe in der Kirche zu erfahren, mit diözesanen Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen und mit der Bistumsleitung zu diskutieren. Die Jugendlichen pendeln zwischen dem Klostergelände St. Magdalena, dem Haus der Kirchenmusik, Dom und Bistumsarchiv. Das Interesse ist groß: Auch in diesem Jahr übersteigt die Nachfrage das Platzangebot. Bis einschließlich Dienstag (2. Mai) lernen rund 470 Schüler ihr Bistum aus der Nähe kennen – die meisten kamen in dieser Woche. Am nächsten Dienstag beschließt die Bischöfliche Maria-Ward-Schule Landau die diesjährigen Schülertage.
"Es fehlte ein Angebot für Schüler", blickt Schulrätin i.K. und Leiterin der Schülertage Irina Kreusch einige Jahre zurück. Es gab zwar ein Informationsangebot für Religionslehrer an Gymnasien, aber "wir wollten mehr bieten". Zumal wie sie sagt, Kirche als Institution auf dem Lehrplan der Oberstufen steht – indes "Schulbücher bieten nichts zur eigenen Diözese", weiß die Schulrätin. Sie fragte bei Schulen nach, ob Interesse an Schülertagen besteht und stellte schnell fest: Der Bedarf war da. Gleich beim ersten Mal meldeten sich viele Schulen an, so dass ein einwöchiges Programm aus der Taufe gehoben wurde. Jetzt, im fünften Jahr, freut sich Irina Kreusch über den ungebrochenen Zuspruch von Schulen – und von diözesanen Mitarbeitern, von denen immer wieder weitere mit neuen Angeboten dazustoßen.
"Glauben zum Erleben – Mit Gott auf du und du" war der Titel des Workshops, der neu ins Programm kam. Christian Knoll, Referent für religiöse Bildung beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Speyer, suchte mit Jugendlichen das Gespräch über persönliche Glaubensfragen – so persönlich, dass Lehrer gebeten wurden, nicht dabei zu sein. Ebenfalls ohne Lehrer lief "Dein Leben, dein Weg", bei dem Schüler wie Workshop-Leiter intensive Erfahrungen machten. "Gott hat für jeden einen Plan", formulierte Pfarrer Ralf Feix die These. "Dafür wollen wir sensibilisieren." Feix, Pastoralreferentin Sandra Petrollo-Shahtout und Schwester Carla haben in den Gesprächen die Qual der Wahl gespürt, die Jugendliche umtreibt. Nach dem Abitur stehen viele Wege offen, aber welcher ist der richtige? Sehr offen sprachen die Schüler über ihre Situation und den Druck, den sie sich selbst machen. Entscheidungsfreiheit macht nicht glücklich, stellten die Workshop-Leiter fest.
Ein besonders beliebter Workshop war auch in diesem Jahr der mit Gefängnisseelsorgern. Neben Pastoralreferent Johannes Finck, der in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Schifferstadt tätig ist, war Pastoralreferent Manfred Heitz neu dabei. Er stellte seine Arbeit und seinen Einsatzort, die JVA Frankenthal, vor. Er machte klar, dass auch Bagatelldelikte wie Schwarzfahren oder Diebstahl Straftaten sind und zog eine Schlussfolgerung: "Die Vorstellung, wir sind die Guten und die die Bösen, funktioniert nicht." Gefangene sind für Heitz nicht Menschen zweiter Klasse. "Ich begegne ihnen auf Augenhöhe." Er schilderte den Tagesablauf im Gefängnis, zeigte Bilder vom Haftraum und verdeutlichte mit ausgelegten Folien, wie groß ein Haftraum und wie er möbliert ist. Die Schüler hörten aufmerksam zu und stellten viele Fragen: Gibt es Hierarchien unter Gefangenen? Wie hoch ist die Selbstmordgefahr unter Gefangenen? Wie viel Geld bekommen Inhaftierte? Wie funktioniert Einkaufen im Gefängnis? Sie fragten Heitz wie auch seinen Kollegen Fink, wie die Seelsorger Mördern begegnen und waren beeindruckt, wie menschenfreundlich beide auch Tätern, die getötet haben, begegnen.
Weiterer Höhepunkt im Tagesprogramm: das Gespräch mit der Bistumsleitung. Neben Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann stellten sich die Domkapitulare Franz Vogelgesang und Josef Damian Szuba den kritischen Fragen. Ein Thema sprachen die Schüler jedem Tag an: Warum können Frauen in der Kirche nicht die gleichen Ämter wie Männer übernehmen? Bischof Wiesemann erläuterte den Ursprung des Priestertums, dass Jesus es an seine Jünger übertragen hat. Daneben habe es in der Kirche stets sehr aktive Frauen gegeben, die großen Einfluss nahmen. Bei der Diskussion um Diakoninnen "tut sich die Kirche schwer", räumte der Bischof ein und betonte: "Was die Würde betrifft, gibt es in der Kirche keinen Unterschied zwischen Frau und Mann." Bei der Frage nach dem Zölibat erläuterte er ebenfalls die Hintergründe, wie das Gebot der Ehelosigkeit entstand und blickte nach vorn: "Es kann sein, dass sich am Pflichtzölibat etwas tut." Er erklärte die Haltung der Kirche gegenüber Homosexualität und diskutierte mit den Schülern über das Thema Missbrauch in der Kirche. Er erklärte wie Vorsorge getroffen wird, um künftig solchen Taten vorzubeugen, und wie Aufklärung betrieben wird. Er versicherte: "Wir nehmen jeden Fall ernst". Der Bischof gewährte den Schülern Einblicke in sein privates Leben, etwa als er die Frage nach seiner Berufung beantwortete. Lehrerin Doris Eichert vom Siebenpfeiffer-Gymnasium aus Kusel zollte dem Bischof Respekt: "Er hat sich bei theologischen Themen sehr kritisch und zeitgemäß gezeigt und ist offen auf die Fragen der Schüler eingegangen."
Schüler des Landauer Eduard-Spranger-Gymnasiums bedauerten, an einem Tag nach Speyer gekommen zu sein, an dem der Bischof nicht zur Verfügung stand, sagten Jana (17) und Benedikt (18). Er hätte gerne mehr über den Dom erfahren, etwa den Kaisersaal. Beim Dombesuch konnten die Jugendlichen wählen, ob sie mehr über die Krypta, Orgel, Katharinenkapelle, Domarchitektur, gregorianischen Gesang oder die Sakristei mit dem Codex Aureus erfahren wollen. Anschließend wurden Informationen über das Bistum und Schwerpunkte des Caritasverbandes für die Diözese Speyer präsentiert.
Hoch im Kurs standen bei Benedikt und seinen Schulkameraden die Workshops. "Gut, weil praxisbezogen", meinte David (18), der das Bistumsarchiv und die "pilger"-Redaktion besuchte. Olivia (17) informierte sich bei "Young Caritas" über ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) sowie bei der Gefängnisseelsorge. Sie und David fanden schade, dass nicht mehr Zeit für Workshops blieb – beide hätten gerne statt zwei noch einen dritten besucht.
Für manche Schulen sind die Reisekosten eine Hürde, erläutert Schulrätin Irina Kreusch. Umso mehr freute sie sich über die Schüler des Siebenpfeiffer-Gymnasiums aus Kusel, die dieses Jahr den weitesten Weg nach Speyer zurücklegten. Wegen des großen Aufwandes reiste die Schule nicht nur mit der zwölften Jahrgangsstufe an, sondern auch mit der elften und zehnten. Ein Aufwand, der sich lohnte. Lehrerin Doris Eichert war begeistert: "Eine sehr gute Mischung zwischen Information über das eigene Bistum und authentischen Glaubensvertretern."
Text und Foto: Yvette Wagner