Mittwoch, 22. Januar 2020

Ein schmerzhafter Schritt

Profanierung der Kirche St. Raphael in Kaiserslautern-Einsiedlerhof 

Kirche St. Raphael in Kaiserslautern-Einsiedlerhof wird aufgegeben

Kaiserslautern-Einsiedlerhof. Am 18. Januar ging für die Kirche St. Raphael auf dem Einsiedlerhof Kaiserslautern eine Ära zu Ende. Im Rahmen eines feierlichen Pontifikalamtes mit Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann wurde das 1954 erbaute Gotteshaus profaniert. Ein Abschied, der so vielen aus der Gemeinde ans Herz ging.

„Es ist ein außergewöhnlicher Vorgang. Wir bauen nicht auf, sondern schließen“, sagte der Leitende Pfarrer der Pfarrei Heilig Geist, Martin Olf. „Aber das Leben ist dem Vergehen unterworfen, und so haben wir uns nach reiflicher Überlegung entschlossen, die Kirche St. Raphael aufzugeben.“

Hintergrund ist laut Olf der umfangreiche Sanierungsbedarf. Zu hoch seien die nötigen Investitionen, um es zu halten, zu sehr zurückgegangen sei das einst rege Leben in St. Raphael. Nun soll die profanierte Kirche wie auch das benachbarte Jugendheim einer neuen Nutzung zugeführt werden. Ein Verkauf sei noch nicht beschlossen. „Der Einsiedlerhof trennt sich zwar von seiner Kirche, aber die Kirche trennt sich nicht vom Einsiedlerhof“, betonte der Pfarrer.

Robert Adams, Vorsitzender des Gemeindeausschusses von St. Konrad, ließ das Gemeindeleben der vergangenen Jahrzehnte in der Filialkirche St. Raphael Revue passieren. Er erinnerte an die Nachmittagskaffees der Kfd, an Tanzveranstaltungen im Jugendheim, das Hochhalten der Sternsinger-Aktion, an Krippenspiele, Kommunionfeiern und Herbstfeste mit Zwiebelkuchen und neuem Wein. Für jedes Ereignis wurde ein Gegenstand symbolisch zum Altar getragen und einige von ihnen nach der „Entweihung“ in einem Rucksack mitgenommen. „Das sind Zeichen dichter Erinnerungen und gelebter Gemeinschaft, die mich sehr berühren“, gestand Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann. „Sie erinnern mich an meine Heimatkirche der Kindheit in der Diaspora.“ Es sei schmerzhaft, einen solchen Ort zu verlieren. „Die Kirche war Heimat für viele Menschen. Sie ist mit einem Stück Lebensgeschichte verbunden.“ Deshalb sei dieser Tag auch ein Augenblick der Dankbarkeit für all das Erlebte und Geschenkte. Trotzdem falle es ihm schwer, die Profanierung vorzunehmen. „Aber es gibt Situationen, die sich nicht vermeiden lassen“, sagte Bischof und dankte allen für ihr Engagement, das Mittragen des schweren Schrittes und die ökumenische Verbundenheit, „die dafür sorgt, dass es Perspektiven gibt“.

Denn die 361 Katholiken finden Asyl bei der evangelischen Gemeinde in Einsiedlerhof. „Es ist uns ein Bedürfnis, den katholischen Geschwistern eine neue Heimat zu bieten“, sagte Pfarrerin Silke Schwarzstein, die ebenfalls zum Gottesdienst in St. Raphael gekommen war. Nach einem letzten Lied verlas der Bischof das Profanierungsdekret, mit dem die Weihe zurückgenommen wurde. Die Stille war greifbar, als der Bischof die zwei mit Hostien gefüllten Kelche mit Weihrauch beräuchert, die in die Kirche St. Konrad überbracht werden. Dann wurde das ewige Licht gelöscht. So mancher verweilte noch einige Minuten, um ganz persönlich Abschied von St. Raphael zu nehmen.

Was die Kirche und das Jugendheim in Zukunft erwartet, ist noch ungewiss. Ideen und Wünsche gibt es allerdings. „Wir würden es gern sehen, dass die Gebäude weiterhin Menschen dienen, etwa als sozialer Wohnungsbau oder betreutes Wohnen, und stehen mit der Ortsvorsteherin im Gespräch“, erklärt Pfarrer Olf. Wie das pastorale Leben auf dem Einsiedlerhof künftig gestaltet werden kann, werde in einer eigens gegründeten Zukunftswerkstatt erörtert. Um Gemeinschaft zu erleben und zu pflegen, soll es regelmäßige Treffen und gottesdienstliche Feiern geben. „Da werden wir unterschiedliche Formen ausprobieren, erst mal in der evangelischen Kirche. Wir fallen also nicht ins Bodenlose.“ (friju)

Infos: Die vormalige Kirche St. Raphael wurde 1954 in Kaiserslautern-Einsiedlerhof errichtet und geweiht. Der einfache Saalbau erhielt eine Späth-Orgel aus dem Jahr 1890. Das bisherige Gotteshaus wurde bald nach der Gründung Filialkirche der 1957 geweihten Kirche St. Konrad.

Text/Foto: friju