Freitag, 17. März 2023
Die Passion Christi und das Leiden der Menschen
Bundesministerin a.D. Annette Schavan predigte im Speyerer Dom
Speyer. Fastenpredigten sollen dazu beitragen, in der vorösterlichen Bußzeit Impulse zu Glaubensfragen zu setzen. Dazu werden traditionsgemäß auch prominente Laien als Predigerinnen und Prediger eingeladen. Am 16. März folgte die ehemalige Bundesministerin und Botschafterin beim Heiligen Stuhl Dr. h.c. mult. Annette Schavan der Einladung von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und des Speyerer Domkapitels und sprach im Rahmen einer abendlichen Andacht in der romanischen Kathedrale. Musikalisch gestaltete Domorganist Markus Eichenlaub den Gottesdienst, der von Domdekan und Domkustos Dr. Christoph Kohl geleitet wurde.
Im ersten Teil ihrer Predigt zeigte Annette Schavan, wie der Blick auf die Passion Jesu auch immer den Blick auf das Leiden der Menschen heute lenkt. Sie sprach dabei zunächst über die „Bilder von Passionen von Menschen in unseren Tagen“: Bilder des Grauens nach dem Erdbeben in der Türkei und Syrien, wo politisches Versagen das Ausmaß des Schadens noch vergrößert habe, Bilder aus Afghanistan, wo Frauen aus der Öffentlichkeit verschwänden, und Bilder von geflüchteten Menschen und tot angeschwemmten Körpern, „welche die Küsten Europas zu Friedhöfen werden lassen“. Im Anschluss lenkte sie den Blick auf Jesus am Kreuz. Die Passion Jesu, sein Leben und sein Leiden hätten eine Zeitenwende bewirkt, sagte Schavan. Seine Botschaft von Liebe und Barmherzigkeit habe etwas neues in die Welt gebracht und zu einer anderen Sicht auf den Menschen geführt. Die Passionen der Menschen und Jesu finden sich im Psalm 22 beschrieben, den Schavan in der Übertragung von Arno Stadler als Schriftlesung ausgesucht hatte und aus dem sie zum Abschluss des ersten Teils ihrer Predigt zitierte: „Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt, ich kann all meine Knochen zählen, ihr Blick herrscht über mich“.
Im zweiten Abschnitt ihres Predigttextes ging Annette Schavan vor allem auf das Pontifikat von Franziskus ein, wobei sie den amtierenden Papst einen „Glücksfall für die Christenheit“ nannte. Er wolle „eine Kirche, die Mitten im Leiden Präsenz zeigt“. Bei der Reise des Papstes in den Kongo sei das Wirken der Weltkirche „mitten im Leiden“, sichtbar geworden. Dort zeige sich das Wirken der katholischen Kirche zum Wohle der Menschen in Stätten der Ausbildung und der Pflege. Franziskus habe von Beginn an, bereits mit seiner ersten Reise als Papst nach Lampedusa, auf die Menschen, aufmerksam gemacht, die als Geflüchtete im Mittelmeer ertrinken. Immer wieder habe er, beispielsweise in Bosnien-Herzegowina und Kasachstan, für den Frieden der Religionen geworben, ohne den auf der Welt Frieden nicht möglich sei. Er habe den Blick auf die Ränder der Gesellschaft und die Passionen der Menschen gelenkt. Dort müsse sich unser Glaube bewähren, sagte Schavan. Durch den Blick auf die Passion Jesu, wie auf das Leiden der Menschen „kann Erneuerung gelingen, welche die Zeitenwende von damals in die Herzen trägt“. So könnten Christen eine „neue Identität und neue Intensität in der Nachfolge auf dem Weg zum großen Fest der Auferstehung“ erfahren.
Nach der ersten Fastenpredigt von Prof. Dr. Norbert Lammert am 9. März bildete der Vortrag von Annette Schavan den Mittelteil der dreiteiligen Predigtreihe „Im Puls“ in der Fastenzeit im Speyerer Dom. Am 23. März wird Bischof Wiesemann selbst zum Abschluss der Reihe predigen. Alle Fastenpredigten wurden live übertragen und sind auch im Nachhinein auf den Social Media Kanälen von Dom und Bistum abrufbar.
Foto: © Domkapitel Speyer, Foto: Klaus Landry
Die Fastenpredigt von Dr. h.c. mult. Annette Schavan kann man über den Youtube-Kanal des Bistums noch einmal verfolgen:
https://www.youtube.com/watch?v=cac7aCFDuMg