Dienstag, 04. Juli 2017

Der Un­ter­schied­lich­keit von Le­bens­for­men Rech­nung tra­gen

 

Kolping: Stel­lung­nah­me des Landesvor­stan­des zur „Ehe für al­le“ – Grundgesetzergänzung vorgeschlagen

Ludwigshafen. Der Landesvor­stand des Kol­ping­wer­kes Rheinland-Pfalz hat sich in Ludwigshafen nach aus­führ­li­cher Dis­kus­si­on hinter die Stellungnahme des Bundesvorstandes des Kolpingwerkes Deutschland zur Entscheidung des Bundestages, die „Ehe für alle“ zu ermöglichen, gestellt. Landesvorsitzender Andreas W. Stellmann (Heßheim) begründete die Haltung des katholischen Sozialverbandes:

Mit der Ent­schei­dung des Bun­des­ta­ges wur­de das Ver­ständ­nis von Ehe – nicht nur aus christ­li­cher Über­zeu­gung – als Le­bens- und Lie­bes­ge­mein­schaft von Frau und Mann als prin­zi­pi­ell le­bens­lan­ge Ver­bin­dung mit der grund­sätz­li­chen Of­fen­heit für die Wei­ter­ga­be von Le­ben – auf­ge­ge­ben. Der ka­tho­li­sche Ver­band be­dau­ert die­se Ent­schei­dung. Da­durch wird ein von den Mit­glie­dern des Par­la­men­ta­ri­schen Ra­tes im Grund­ge­setz fest­ge­schrie­be­ner Ehe­be­griff, der auf der christ­li­chen Auf­fas­sung von Ehe ba­siert, auf­ge­löst.

Ho­mo­se­xu­el­le Paa­re kön­nen seit dem 1. Au­gust 2001 vor dem Stan­des­amt ei­ne ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft ein­ge­hen. Sie be­kom­men da­mit der Ehe ähn­li­che Rech­te und Pflich­ten – bei­spiels­wei­se in Er­b­an­ge­le­gen­hei­ten und bei Un­ter­halts­zah­lun­gen. „Sie tra­gen für­ein­an­der Ver­ant­wor­tung“, steht im Ge­set­zes­text. Schritt­wei­se wur­den die Rech­te für ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaf­ten seit­dem er­wei­tert, auf­grund von Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts.

Schon vor Jah­ren hat das Kol­ping­werk deut­lich ge­macht, dass auch in gleich­ge­schlecht­li­chen Part­ner­schaf­ten Wer­te wie Treue, Ver­läss­lich­keit und Für­sor­ge ge­lebt und wei­ter­ge­ge­ben wer­den.  

Das Kol­ping­werk sieht er­heb­li­che ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken und kri­ti­siert, dass die­se wich­ti­ge ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Grund­ent­schei­dung in ei­nem ver­kürz­ten par­la­men­ta­ri­schen Ver­fah­ren ge­trof­fen wur­de. Es spricht durch­aus ei­ni­ges da­für, dass durch die vor­ge­nom­me­ne Ge­set­zes­än­de­rung das Ehe­grund­recht ver­letzt wird. So hat der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te un­längst klar­ge­stellt, dass in der Eu­ro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on un­ter dem Be­griff „Ehe“ aus­schließ­lich die Ver­bin­dung zwi­schen ei­nem Mann und ei­ner Frau ge­meint ist.  

Auf die­ser Über­le­gung fu­ßend hät­te sich das Kol­ping­werk ei­nen Weg vor­stel­len kön­nen, der der ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft den Rang ei­nes Rechts­in­sti­tuts im Rah­men der Ver­fas­sung ein­räumt. Dies könn­te bei­spiels­wei­se da­durch ge­sche­hen, im gel­ten­den Ar­ti­kel 6 des Grund­ge­set­zes nach dem Ab­satz 1 „Ehe und Fa­mi­lie ste­hen un­ter dem be­son­de­ren Schutz der staat­li­chen Ord­nung“ ei­nen Ab­satz 1a) ein­zu­fü­gen, der lau­tet: „Der Schutz der staat­li­chen Ord­nung gilt auch für ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaf­ten im Sin­ne des Ar­ti­kels 17b) Ein­füh­rungs­ge­setz zum Bür­ger­li­chen Ge­setz­buch (EGBGB)“. Da­mit hät­te der Staat nach wie vor die Ver­pflich­tung so­wohl die Ehe als auch die ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaft zu schüt­zen und zu för­dern.

Ei­ne Un­ter­schei­dung zwi­schen Ehe und ei­nem Rechts­in­sti­tut für ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaf­ten be­deu­tet kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung. Ganz im Ge­gen­teil wird da­mit der Un­ter­schied­lich­keit von gleich­wer­ti­gen Le­bens­for­men ad­äquat Rech­nung ge­tra­gen.

In den ver­band­li­chen Gre­mi­en des Kol­ping­wer­kes Deutsch­land wird die­se be­deut­sa­me ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Fra­ge­stel­lung auch wei­ter­hin in­ten­siv un­ter Be­rück­sich­ti­gung un­ter­schied­li­cher Auf­fas­sun­gen im ge­gen­sei­ti­gen Re­spekt dis­ku­tiert.

Text: Kolpingwerk / Foto: Fotolia