Donnerstag, 13. November 2025

Radeln, staunen, erinnern – Reisen mit dem Bike-Labyrinth

Die Radlerin auf dem Bild ist Bewohnerin Renate Trippen, die Dame in Schwarz ist Stefanie Wolff, Leiterin der Sozialen Betreuung © Christine Kraus für den Caritasverband 

Im Caritas-Altenzentrum St. Martha treten Seniorinnen und Senioren virtuell in die Pedale und entdecken neue Orte

Speyer. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Caritas-Altenzentrums St. Martha in Speyer unternehmen gerne virtuelle Radtouren durch die ganze Welt. Möglich macht es das „Bike-Labyrinth“, das dank einer großzügigen Spende des Wilkens-Stiftung angeschafft werden konnte.

Renate Trippen tritt in die Pedale und fährt ausnahmsweise mal durch eine Stadt. Dieses Mal erkundet sie Helsinki mit dem Fahrrad, aber eigentlich ist sie lieber in der Natur unterwegs, sagt die 85-jährige. Zwar nur virtuell, aber es macht trotzdem Spaß, erzählt sie. Seit es das neue Bike Labyrinth im Caritas-Altenzentrum St. Martha gibt, trainiert sie jeden Tag eine halbe Stunde.

Das Gerät besteht aus zwei Teilen: eine Art Fahrrad-Ergometer, vor dem die Radler auf einem Stuhl oder in ihrem Rollstuhl Platz nehmen können, und einem großen Bildschirm davor. Dann werden die Füße auf die Pedale gestellt. Wer allein treten kann, macht das, ansonsten gibt es je nach Bedarf Unterstützung durch das Ergometer. Im Alltag ist Renate Trippen auf einen Rollstuhl angewiesen, aber die Pedale des Sitz-Ergometers kann sie mit Unterstützung noch treten. Wäre das nicht mehr möglich, würde das Ergometer komplett übernehmen und ihre Beine bewegen.

Wenn der Radler bequem sitzt und die Füße auf den Pedalen stehen wird ausgewählt, wohin die Reise mit dem Rad gehen soll. Im Angebot sind Städte auf der ganzen Welt im In- und Ausland. Egal ob durch New York, Paris, München oder Heilbronn, es gibt jede Menge virtuelle Radtouren. Ab nächstem Jahr ist auch eine Tour durch Speyer verfügbar. Für Renate Trippen ist es dieses Mal Helsinki. Eine Uhr zählt die Sekunden bis zum Start herunter, eine Fahrradklingel ertönt, dann geht die Tour los. Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne scheint, Leute flanieren vor Geschäften und über Plätze. Renate Trippen guckt sich alles genau an und muss lachen bei dem Versuch, finnische Aufschriften auf Schildern oder Geschäften zu lesen. Wenn sie an eine Kreuzung kommt, wird sie gefragt, wohin sie abbiegen möchte. In diesem Fall sind der botanische Garten und ein großer Platz im Angebot. „Botanischer Garten“, sagt Trippen entschieden und drückt den gelben Knopf auf der linken Seite des Lenkers. Der blaue Knopf auf der rechten Seite hätte sie zum Platz abbiegen lassen.

Nett ist es ja schon in Helsinki, aber Renate Trippen würde doch gerne noch ein bisschen durch die Natur fahren. Im Angebot sind unterschiedliche Landschaften: grüne Wälder, blühende Wiesen, Wüsten und sogar eine bunte Unterwasserwelt. Renate Trippen verschlägt es auf ihrer nächsten Tour ganz an die Nordspitze Finnlands zu einer Tour mit Schlittenhunden durch die tief verschneite Landschaft.

Während sie so vor sich hin radelt, kommen immer wieder andere Bewohner vorbei, bleiben stehen und oft entwickelt sich ein Gespräch über das, was gerade am Bildschirm zu sehen ist oder über Radtouren, die man selbst früher gemacht hat. Darüber freut sich Stefanie Wolff, Leiterin der sozialen Betreuung des Altenzentrums. Denn das Bike-Labyrinth wird nicht nur für das Einzel-Training rege von den Bewohnerinnen und Bewohnern genutzt, es lässt sich damit auch prima Gedächtnistraining in einer Gruppe machen. Einer radelt und oft kommen dann Erinnerungen an früher, an Länder, die man bereist hat, an Städtetripps oder an Landschaften, die an früher erinnern. Noch steht das Gerät im zweiten Stock, sobald alle Mitarbeiterinnen der Sozialen Betreuung eingearbeitet sind, wird es auch in anderen Wohnbereichen genutzt werden, erklärt Stefanie Wolff.

Viel Spaß macht es den Bewohnerinnen und Bewohnern auch, eines der Spiele zusammen zu spielen. Während des Radelns wird zum Beispiel eine Sehenswürdigkeit eingeblendet und die Spieler müssen sich entscheiden, in welcher der beiden vorgeschlagenen Städte oder Länder das ist.

Lustig finden sie auch das Ballonstechen. Während sie in die Pedale treten, erscheinen Ballons am Himmel. Sind sie blau, wird die blaue Taste gedrückt, sind sie gelb, wird entsprechend die gelbe Taste betätigt. Bei allen anderen Farben darf nicht reagiert werden. Das ist gar nicht so einfach, denn in der Landschaft, durch die man radelt, passiert ja noch einiges anderes. Renate Trippen ist inzwischen bei den Pyramiden in Ägypten und muss lachen, als sie von einem Kamelreiter überholt wird. Die auftauchenden Ballons hat sie trotzdem im Blick.

Nach einem kleinen Ausflug durch Heidelberg ist die Radtour für Renate Trippen zu Ende. „Es tut mir gut und ich habe keinen Muskelkater“, sagt die Seniorin. Am nächsten Tag will sie wieder strampeln.

Übrigens, nicht nur die Seniorinnen und Senioren freuen sich über das Bike-Labyrinth, auch die Mitarbeitenden nutzen die Gelegenheit, in ihrer Pause ein bisschen zu radeln und die Welt anzusehen.

Text: Christine Kraus für den Caritasverband