Mittwoch, 24. Dezember 2025

Weihbischof em. Otto Georgens ruft zu „erwachsenem Glauben“ auf

Weihbischof em. Otto Georgens in der Christmette, Foto: Klaus Landry 

Zahlreiche Gläubige feierten Christmette im Speyerer Dom

Speyer. In der Christmette 2025 im Speyerer Dom hat Weihbischof em. Otto Georgens die weihnachtliche Liturgie mit einem eindringlichen Blick auf die Gegenwart verbunden: „Alle Jahre wieder“ gebe es dieselben Texte und Rituale, zugleich aber auch „leere Plätze an den Weihnachtstischen“, „nicht ausgepackte Weihnachtsgeschenke“ und „ungezählte verlassene Tische“ in vom Krieg gezeichneten Regionen.

Das von Pfadfindern weitergetragene Friedenslicht aus Bethlehem erinnere den Weihbischof em. in diesem Jahr mehr als sonst an das Evangelium: „Das Licht leuchtet in der Finsternis“ (Joh 1,5). Zugleich fragte er selbstkritisch: „Glaube ich noch an den Sieg des Lichtes über die Finsternis?“ Er sehe, „dass die Finsternis stärker wird in unserer aus den Fugen geratenen Zeit, in unserer brutal gewordenen Welt“.

Mit Blick auf das Weihnachtsevangelium sagte Georgens, Jesus sei schon bei seiner Geburt „auf verschlossene Türen und verschlossene Herzen“ getroffen, „für die Pilger und Einwanderer aus Galiläa gab es in Judäa keinen Platz“. Dieser Satz sage viel „über den Zustand der Welt damals, aber auch heute“ aus. Auch heute habe es Christus schwer, offene Türen und gastfreundliche Herzen zu finden, weshalb die Frage Jesu bleibe: „Wird der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ (Lk 18,8)

Heute finde Christus, so der emeritierte Weihbischof, Weihnachtsmärkte, Konzerte, festlich beleuchtete Geschäfte, traditionelle Weihnachtsbräuche und sogar „religiöse Überzeugungen“ – „findet er aber Glauben?“ Georgens machte deutlich, dass religiöse Rituale und Überzeugungen nicht mit Glauben verwechselt werden dürften: Weihnachten sei „keine Zeit für Kindermärchen, sondern für den Glauben“. Er betonte: „Jesus tritt ein in unser Leben, er will allen alles werden. Zu den Kindern kommt er als Kind, aber zu uns Erwachsenen kommt er als Erwachsener und erwartet von uns einen erwachsenen Glauben.“ Das Christentum solle eine Schule des Lebens in der realen Welt sein. Zwar gelte es, wie Jesus sagt, „wie die Kinder“ zu werden, ihnen ähnlich zu werden in ihrer Spontanität und Aufrichtigkeit, in ihrer Neugier und Offenheit. Jedoch dürfe der Glaube „nicht in den Kinderschuhen stecken bleiben“. Benötigt werde der erwachsene, reife Glaube, der das Kreuz tragen kann – in einer Welt „voller Menschen wie Herodes und Pilatus, (…) die den Terror verherrlichen und auf Kosten anderer leben“.

Zum Abschluss unterstrich der Weihbischof em., die in Bethlehem begonnene Geschichte sei „immer noch offen“. Er wandte sich an die Gläubigen: „Wir können in das Geheimnis eintreten, wenn wir das Kind suchen – wie die Hirten, wie die Weisen aus dem Osten, die am Ende Jesus fanden, ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatten.“

Der Gottesdienst am 24. Dezember wurde vom Domchor gestaltet. Neben der „Missa in D“ von Johann Georg Albrechtsberger erklangen bekannte Weihnachtslieder und Musik der Gregorianik. Die Orgel wurde von Domorganist Markus Eichenlaub gespielt. Höhepunkt der Feier war das gemeinsame Singen des Liedes „Stille Nacht, heilige Nacht“ im dunklen Dom.

Text: is, Fotos: Klaus Landry