Eine Frage der richtigen Brille
20. April 2020 - KrisenBlog
Martin Seligman hat die Sicht auf die Welt verändert. Der US-amerikanische Psychologe darf neben Abraham Maslow als der bekannteste Vertreter der sog. „Positiven Psychologie“ angesehen werden. Während die traditionelle Psychologie eher defizitorientiert ist, sich also mit den Mängeln, Schwächen und Verletzungen der Psyche auseinandersetzt, geht es Seligman und seinen Kollegen um die Stärkung der positiven Aspekte des Menschseins. Schlagworte sind hierbei Glück, Optimismus, Geborgenheit, Vertrauen und Vergebung.
Für die positive Bewältigung des Lebens wurden hierbei Charakterstärken bzw. Tugenden als besonders hilfreich identifiziert. Schaut man in diesem Zusammenhang im Internet nach, stößt man (nach Martin Seligman und Christopher Peterson) auf sechs Tugenden, denen wiederum 24 Charakterstärken zu geordnet sind:
- Weisheit und Wissen (kognitive Stärken): Kreativität, Neugier, Aufgeschlossenheit, Lernfreude, Perspektive
- Courage (emotionale Stärken): Tapferkeit, Beharrlichkeit, Integrität, Vitalität
- Menschlichkeit (interpersonale Stärken): Liebe, Freundlichkeit, soziale Intelligenz
- Gerechtigkeit (zivile Stärken): soziale Verantwortung, Fairness, Führungsstärke
- Mäßigung (Stärken, die gegen Exzesse schützen): Vergeben und Mitleid, Demut und Bescheidenheit, Besonnenheit, Selbstregulatio
- Transzendenz (spirituelle Stärken, die mit Bedeutsamkeit zu tun haben): Wertschätzung von Schönheit und Exzellenz, Dankbarkeit, Hoffnung, Humor, Spiritualität.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Positive_Psychologie (Zugriff: 20.04.2020)
Die genannten Stärken können dazu beitragen, das Leben positiver zu gestalten und Krisen besser zu bewältigen. Im deutschsprachigen Raum sind diese Ansätze durch den Arzt und Kabarettisten Eckart von Hirschhausen einer breiten Öffentlichkeit unterhaltsam vermittelt worden. Sein Programm „Glücksbringer“ aus dem Jahre 2007 beinhaltete medizinisch-psychologische Erkenntnisse, die auf humorvolle Weise, die Menschen zum Nachdenken über sich und ihr Leben anregen sollten. Er lädt darin ein, das Leben quasi durch eine „neue Brille“ zu betrachten.
Zu den praktischen Anregungen der positiven Psychologie, die jeder und jede im konkreten Alltag umsetzen kann, zählt z. B. das Führen eines sog. „Glückstagebuches“. Die Idee dahinter ist, die Wertschätzung der positiven Anteile des Lebens zu fördern.
Eine gute Übung für den Alltag beschreibt eine bekannte Geschichte mit dem Titel „Glücksbohnen“:
Es war einmal ein Bauer, der steckte sich jeden Morgen eine Handvoll Bohnen in seine linke Hosentasche. Immer, wenn er während des Tages etwas Schönes erlebte, wenn ihm etwas Freude bereitet oder er einen Glücksmoment empfunden hatte, nahm er eine Bohne aus der linken Hosentasche und gab sie in die rechte.Am Anfang kam das nicht so oft vor. Aber von Tag zu Tag wurden es mehr Bohnen, die von der linken in die rechte Hosentasche wanderten. Der Duft der frischen Morgenluft, der Gesang der Vögel in den Bäumen , das Lachen seiner Kinder, das nette Gespräch mit einem Nachbarn – immer wanderte eine Bohne von der linken in die rechte Tasche.Bevor er am Abend zu Bett ging, zählte er die Bohnen in seiner rechten Hosentasche. Und bei jeder Bohne konnte er sich an das positive Erlebnis erinnern. Zufrieden und glücklich schlief er ein – auch wenn er nur eine Bohne in seiner rechten Hosentasche hatte.
Schreiben sie mir, wer oder was Ihre Sicht auf die Welt positiv verändert hat.
Thomas Stephan, Schul- und Notfallseelsorger
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