Augen auf bei der Schulöffnung!
04. Mai 2020 - KrisenBlog
„Ich sehe was, was du nicht siehst“, ist ein bekanntes Kinderspiel, indem es um das Erraten von Gegenständen in der Umgebung geht. „Ich sehe was, was du nicht siehst“, kann auch eine Achtsamkeitsübung sein, die im Bereich der Psychotherapie eingesetzt wird. „Ich sehe was, was du nicht siehst“, ist aber auch ein Spiel für Jugendliche und Erwachsene, das im Auftrag der Präventionsbeauftragten der Bistümer Mainz, Speyer, Trier und dem Caritasverband Speyer e. V. entwickelt wurde. „Ziel des Spiels ist es, achtsames Verhalten zu trainieren, unangemessenes Verhalten rechtzeitig zu erkennen und gemeinsam Strategien zu entwickeln, die unerwünschtes Verhalten wirkungsvoll stoppen. Wer sich traut, etwas zu sehen, was andere nicht sehen, und darüber spricht, hilft Gefahren aufzudecken und Gewalt – auch sexualisierte Gewalt – zu unterbinden“, wie es in den „Infos zum Spiel“ heißt.
Die Corona-Zeit ist dadurch gekennzeichnet, dass nichts seinen gewohnten Gang geht. Kindergärten, Schulen, Gaststätten und Geschäfte waren (nahezu) alle geschlossen. Vor allem Kinder und Jugendliche waren nicht mehr dort zu sehen gewesen, wo sie normalerweise täglich waren. Was zuhause unter den familiär stressigen Bedingungen des „Eingesperrt-seins“ und „Homeschoolings“ passiert ist, kann man nur erahnen.
Häusliche Gewalt und Missbrauch sind schon unter „normalen Bedingungen“ schwer zu erkennen. Nahezu völlig im Dunkeln konnte allerdings in den letzten Wochen vieles passieren, was durch die Sozialkontrolle der Kindertagestätten und Schulen eventuell aufgeflogen wäre. Mit der jetzt beginnenden schrittweisen Öffnung der Schulen, tauchen wieder Kinder und Jugendliche auf, die über Wochen niemand außerhalb der Familie zu Gesicht bekommen hat. Umso wichtiger ist es von Seiten der Schulen (und hoffentlich bald von Seiten der Kindertagesstätten), auf sie einzugehen und genau hinzuschauen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die „Handreichung zur Förderung des Erkennens von Kindesmisshandlung und des adäquaten Umgangs mit Verdachtsfällen“ hinweisen (siehe: gewaltpraevention.bildung-rp.de/fileadmin/user_upload/oekonomische.bildung-rp.de/Gewaltpraevention/Handreichung-Kindesmisshandlung.pdf). Im Kapitel 4 der Handreichung werden „Symptome und Hinweise auf Kindesmisshandlung und –vernachlässigung“ aufgeführt. Misshandelte Kinder können u. a.:
- kontaktscheu sein und sich plötzlich aus ihrem sozialen Netz zurückziehen,
- plötzlich, für Außenstehende scheinbar grundlos, auffallend aggressiv gegen sich und andere sein,
- auf einmal einen starken Leistungsabfall oder unerklärliche Lernschwächen aufzeigen,
- ohne fassbaren Grund Sprachstörungen aufweisen,
- wieder beginnen, einzunässen,
- in der Kindertageseinrichtung oder in der Schule hohe, teilweise unentschuldigte Fehlzeiten aufweisen oder häufig nach dem Wochenende fehlen,
- am Körper verschiedenfarbige, das heißt unterschiedlich „alte“ bzw. „frische“ Verletzungsspuren aufweisen …
Dies können (neben vielen anderen) Verdachtsmomente sein. Weiterführende Hilfen für Lehrer*innen und Erzieher*innen bieten Kinder- und Jugendnotdienste, Kinderschutzzentren, Erziehungsberatungsstellen, Ehe-, Familien-, Lebensberatungsstellen, Schulpsychologische Beratungsstellen, Missbrauch-Beauftragte (https://beauftragter-missbrauch.de/praevention/was-ist-sexueller-missbrauch/missbrauch-symptome-koennen-signale-sein) …
Schreiben Sie mir, was Sie in diesem Zusammenhang für hilfreich erachten?
Thomas Stephan, Schul- und Notfallseelsorger
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