Das leidige Thema Homeschooling
16. März 2021 - KrisenBlog
"Das Leben ist nicht mehr schön", so lautet eine Äußerung, die es im letzten Jahr immer wieder zu hören gab und die aus kindlichem Mund gesprochen besonders weh tut. Für Kinder und Jugendliche steht die Welt seit Corona Kopf und nicht wenige leiden massiv unter den Folgen der Pandemie - und mit ihnen ihre Eltern.
Das noch nie in dieser Form dagewesene Homeschooling hatte im letzten Jahr (vielleicht) noch den Reiz des Neuen und technisch Innovativen - zumindest bei denen, wo die Technik und die heimische Ausstattung dies zugelassen hat - aber wohl spätestens im 2. Lockdown hat sich an vielen Orten eine "Innovationsmüdigkeit" eingestellt. Der "Frontal-Online-Unterricht" ist bei allen Bemühungen von Lehrerseite enorm anstrengend und ermüdend. Diese Unterrichtsform stößt naturgemäß an ihre Grenzen und sie wird wohl immer nur die zweitbeste Möglichkeit des Unterrichtens bleiben. Nichts kann den persönlichen und direkten Kontakt dauerhaft ersetzen!
Wer als Lehrer*in, Schulsozialarbeiter*in und (Schul-)Seelsorger*in in manchen Gegenden mit Eltern, Kindern und Jugendlichen wirklich in Verbindung bleiben will, muss heutzutage in die Supermärkte und zu den einschlägigen (Jugend-)Treffpunkten gehen. Besonders die, die eine persönliche Ansprache am Nötigsten hätten, sind allzu oft und allzu sehr abgetaucht und aus dem Blick geraten. Wer vor der Pandemie schon das Gefühl hatte, auf der Verliererstraße zu sein, ist jetzt oftmals tatsächlich abgehängt worden. Festzustellen ist, dass das Homeschooling leider viele der besonders gefährdeten Kinder und Jugendliche nicht bzw. nur wenig erreicht hat.
Und das Wahnwitzige ist, dass es unseren Kindern und Jugendlichen im weltweiten Vergleich noch gut gehen soll. Laut Zahlen von Amnesty International (Quelle: Amnesty Journal 02.2021 für März/April) schlossen im Jahr 2020 in mehr als 180 Ländern vorübergehend die Schulen. Knapp 1,7 Milliarden Kinder und Jugendliche erhielten deswegen keinen Unterricht. Kinder in Ländern mit niedrigem Einkommen verloren fast vier Monate Schulzeit, während Kinder in Ländern mit hohem Einkommen dagegen nur sechs Wochen. Zusätzlich sei an dieser Stelle einmal gesagt, dass 24 Millionen Lernende ihre Ausbildung möglicherweise nicht fortsetzen können. Die Hälfte von ihnen lebt in Süd- und Westasien und in Subsahara-Afrika.
Auch wenn wir weltweit gesehen zu den Privilegierten zu zählen sind, haben auch wir und unsere Kinder und Jugendliche zu leiden. Die Osterferien sind in diesem Jahr deshalb wichtiger denn je. Und auch wenn die Planung hierfür immer noch ungewiss ist, ist es wichtig, sich im Rahmen der Möglichkeiten Gutes zu tun.
Schreiben Sie mir, wie Ihr Homeschool-Alltag aussieht und wie Sie Ihren Kindern und Jugendlichen versuchen zu helfen, diese schwierige Zeit zu meistern?
Thomas Stephan, Schul- und Notfallseelsorger
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