Was ich erklären kann, nimmt Angst.

Es ist leicht Menschen Angst zu machen. Umso wichtiger ist es in diesen Tagen, den Kopf und den Verstand mit einzubeziehen. Bei allen verständlichen und berechtigten Gefühlen, ist das Wissen um Fakten und Zusammenhänge sowie das Kennen von Lösungsstrategien entscheidend. Informationen schützen und können helfen, die Kontrolle zu behalten und einander bestmöglich beizustehen.

Thomas Stephan, Schul- und Notfallseelsorger

 

KrisenBlog

Heilsame Trauer Teil III

06. Juli 2020, KrisenBlog

Kinder und Jugendliche trauern anders als Erwachsene. Nicht besser, aber auch nicht schlechter. Das Problem ist oft, dass Erwachsene ihre Maßstäbe für „richtiges Trauern“ auf sie übertragen wollen. Besonders problematisch wird es, wenn Erwachsene mit vermeintlich wohlgemeinte Ratschlägen „von oben herab“ helfen wollen:

  • Sie spielen die Ernsthaftigkeit der Lage herunter und beschwichtigen: „Ist doch alles nicht so schlimm.”
  • Sie ziehen Vergleiche: „Mir ist das auch mal passiert und es ging wieder vorüber”. „Ich weiß, wie es dir geht.”
  • Sie wecken falsche Hoffnungen: „Es wird bestimmt alles wieder gut”.
  • Sie überschütten mit Mitleid: „Du Armer. Wie schrecklich doch die Welt ist”.
  • Sie appellieren an die Vernunft: „Jetzt reiß dich doch mal zusammen." „Bis jetzt hattest du doch eine sorgenfreie Zeit”.
  • Sie nehmen die Gefühle des anderen nicht ernst: „Da braucht man doch nicht gleich verzweifeln”, „Zeit heilt die Wunden” „Andere sind noch schlimmer dran”, „Das Leben geht weiter” „Wir sind auf der Welt, um zu leiden.”
  • Sie schweigen das Thema tot oder lenken vom Thema ab.
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Heilsame Trauer - Teil II

29. Juni 2020, KrisenBlog

Welcher „Trauertyp“ sind Sie?

Bei der folgenden Aufzählung geht es weder um einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch um eine Be- geschweige denn Abwertung eines bestimmten „Typs“. „Niemand hat sich selbst gemacht“, das steht fest, aber dennoch kann sich jeder und jede weiterentwickeln und dazulernen; mit Hilfe und wenn er oder sie will. 

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Heilsame Trauer - Teil I

22. Juni 2020, KrisenBlog

Trauer ist die spontane, natürliche und lebenswichtige Reaktion eines Menschen auf ein Verlusterlebnis. Dabei können die Verluste, um die getrauert wird, sehr unterschiedlicher Natur sein. So kann der Verlust des Arbeitsplatzes, der Tod eines Haustiers und ein unfreiwilliger Umzug ebenso Trauer auslösen, wie eine Scheidung, das alters- oder verletzungsbedingte Beenden eines Hobbys oder im Extremfall der plötzliche Tod eines geliebten Menschen.

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Richtig Fluchen

16. Juni 2020, KrisenBlog

Beim Autofahren, in der Schlange im Supermarkt und bei kleineren und größeren Missgeschicken gehören sie selbstverständlich dazu: Flüche! Ärger, Frust und Aggressionen kann man mit ihnen ablassen. Manchmal ist man froh, dass einem dabei keiner zuhört, denn das, was einem mitunter über die Lippen kommt, unter aller Kanone sein kann.

Auch und gerade in Krisenzeiten gibt es viel Angestautes, was raus muss. In diesen Zeiten kann und will man nicht alles auf die Goldwaage legen. Dennoch gibt es die Erfahrung, dass einem so manches gesagte Wort im Nachhinein Leid tut. Nicht mit jeder Äußerung würde man später gerne zitiert werden, umso wichtiger ist es, das „richtige“ Fluchen zu lernen.

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Trauma bewältigen

08. Juni 2020, KrisenBlog

Das griechische Wort „Trauma“ bedeutet so viel wie „Verletzung“ und „Wunde“. Durch Unfälle, Gewalteinwirkung und psychische Erschütterungen können Leib und Seele in der Folge traumatisiert werden. Besonders das „Flugtagunglück von Ramstein“, das am 28. August 1988 siebzig Todesopfer und etwa 1000 Verletzte forderte, war in Deutschland der Beginn einer gesellschaftlichen Sensibilisierung  für die Notwendigkeit einer psychologischen Hilfe bei Psychotraumata. Im Kontext dieser Katastrophe zeigte sich die Wichtigkeit der Nachbetreuung der Opfer und Rettungskräfte, die durch das Erlebte auf vielfache Weise traumatisiert waren. Dieses tragische Ereignis gab den entscheidenden Impuls für die Entwicklung von Kriseninterventions- und Notfallseelsorgeteams. Von herausragender Bedeutung waren hierbei Hartmut Jatzko, Sybille Jatzko und Heiner Seidlitz, die auch das Standardwerk für den Bereich der psychosozialen Nachsorge verfasst haben, nämlich „Das durchstoßene Herz“.

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Mit dem Krisenkompass aus der Ausweglosigkeit

02. Juni 2020, KrisenBlog

Suizid, Selbsttötung oder Selbstmord sind unterschiedliche Bezeichnungen für eine selbstzerstörerische Tat, die am Ende einer subjektiv erlebten Ausweglosigkeit steht. In einem Prozess einer sich immer mehr zuspitzenden Engführung von Handlungsmöglichkeiten, erscheint der Suizid an einem gewissen Punkt als einzig verbliebene Handlungsoption. Auch wenn statistisch gesehen davon ausgegangen werden kann, dass die überwiegende Anzahl an Suiziden vorher „angekündigt“ wurde, trifft das Umfeld die Nachricht in der Regel nichts ahnend und unvorbereitet. Dieses selbstherbeigeführte gewaltsame Ende bedeutet in der Folge für die Angehörigen nicht selten der Anfang eines lebenslangen Fragens nach dem „Warum“ und der damit verbundenen Schuldfrage.

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Wortkarten als Türöffner zu positiven Erinnerungen

25. Mai 2020, KrisenBlog

In Phasen großer Belastung, haben mir nur einen Bruchteil unserer Fähigkeiten, Kräfte und Ressourcen zur Verfügung. Wir vergessen, was im Normalzustand kein Problem wäre. Wir können nicht das abrufen, was uns vielleicht helfen könnte und auch unser Sichtfeld ist stark eingeschränkt. Vielerorts wird dann einseitig auf das geschaut, was unzureichend, lückenhaft und schlecht ist, mit der Folge, dass sich viele in einer Abwärtsspirale deprimierender Gedanken wiederfinden.

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Probleme lösen

18. Mai 2020, KrisenBlog

„Wenn das die Lösung ist, will ich mein Problem zurück“, heißt der Titel eines Romans von Nelly Arnold aus dem Jahre 2014. Der Titel hat zwar eigentlich nichts mit dem Inhalt des Buches zu tun, indem es um die Suche nach dem perfekten Partner geht, ist aber dennoch bedenkenswert für den Umgang mit angebotenen Lösungsansätzen.

Gerade die Corona-Zeit strotzt vor Problemen und dementsprechend gibt es Tipps und Hilfen in Hülle und Fülle. Die Qual der Wahl ist angesagt und es liegt vermeintlich nur am Engagement und Leidesdruck der Betroffenen, bis die „richtige“ Strategie aus der Misere gefunden werden kann.

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Achtsamkeit einüben

15. Mai 2020, KrisenBlog

„Der Teufel steckt im Detail“ ist eine Redensart, die darauf hinweisen will, dass eine Sache immer schwieriger und komplizierter wird, desto genauer man sich mit den Einzelheiten auseinandersetzt. Die Details werden als Stolpersteine angesehen, die einer Realisierung im Wege stehen. Ihnen wird quasi der „schwarze Peter“ zugeschoben, wenn am Ende eine vermeintlich „große Sache“ nicht umgesetzt werden kann.

Eine völlig andere Sichtweise auf die kleinen, unscheinbaren und alltäglichen Aspekte, hat die offene, neugierige und akzeptierende Haltung der Achtsamkeit. Hierbei geht es nicht um das Problematisieren des Gegebenen, sondern zunächst um das Wahrnehmen und schließlich um das Wertschätzen aktueller Realitäten. Gewissermaßen handelt es sich hierbei um eine Art von Aufmerksamkeitstraining, das helfen kann, den negativen Einfluss unkonzentrierter, grübelnder Gedanken zu begrenzen. Von zentraler Bedeutung ist der „Augenblick“, dessen Wahrnehmung es einzuüben gilt. Ziel ist es, ganz im Hier und Jetzt sein zu können, und sich nicht im Vergangenen und Zukünftigen zu verlieren.

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Nähe ist ein "Grundnahrungsmittel"

12. Mai 2020, KrisenBlog

Umarmungen und intensiver Körperkontakt sind nichts für Jungs. Der männliche Nachwuchs soll dadurch nicht verdorben oder verweichlicht werden. So dachte man zumindest noch bis vor etwas mehr als 60 Jahren. Einen entscheidenden Beitrag zur Abschaffung dieser Auffassung machte der Verhaltensforscher Harry Harlow in seinen Experimenten mit Rhesusaffen-Babys, die er ab 1957 durchführte. Forschungsschwerpunkt war hierbei das Aufzeigen der Bedeutsamkeit von sozialen Kontakten und der Mutter-Kind-Beziehung.

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